Donnerstag 25. April 2024

"Umsonst - steht mir alles zu?"

Sozialpredigt

zum 11. Sonntag im Jahreskreis A (18. Juni 2023)


Autorin: Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer, Seelsorgerin in Wels – St. Franziskus

 

Mt 9,36-10,8

Liebe Geschwister in Gott!

 

Umsonst! Gratis! Förderung! Anspruch! Steht mir zu! Zuschuss! Anspruchsberechtigt!


Diese Worte und Slogans schreien uns immer wieder entgegen. Im Zuge der Covid-19-Krise und den wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Einschränkungen litten viele Branchen unter einem massiven Einbruch – weil Gasthäuser oder Kinos zusperren mussten, Menschen nicht zur Arbeit kommen sollten, Geschäfte geschlossen waren, ... Dennoch waren nach wie vor Mieten, Gehälter und weitere Betriebskosten zu zahlen, jedermann und jederfrau hatte selber Wohnungskosten, Gesundheitskosten, Ernährung zu bestreiten.


Ohne die Unterstützung des Staates wären sehr viele Menschen in große Armut gerutscht, hätten viele Betriebe sofort Konkurs anmelden müssen.

Mit den ungewohnt großen Preiserhöhungen des letzten Jahres war es ebenso: Energie, Lebensmittel, Mieten und viele Dienstleistungen sind markant teurer geworden, für nicht wenige Menschen an oder über der Grenze der Belastungsfähigkeit, für viele Betriebe nicht einkalkuliert und ebenso existenzgefährdend. Wieder springt die Allgemeinheit ein und subventioniert.

 

Belegt ist einerseits, dass einige Betriebe „überfördert“ wurden, also mehr Unterstützung bekommen haben, als sie in normalen Zeiten erwirtschaftet hätten, oder Kosten doppelt ersetzt wurden. Oder viele Menschen Geld erhalten haben, die es nicht dringend brauchten. Belegt ist andererseits, dass die erfolgten Unterstützungen viele Menschen vom Absturz in die Armut bewahrt haben. 

 

Diese Milliarden sind allerdings nicht durch Zauberei entstanden, sondern wurden mit Steuergeldern bezahlt und auch auf Kredit aufgenommen. Also werden die Kosten den Staat noch eine Zeit lang belasten.

Dennoch möchte ich dieses Thema nutzen, um zu fragen „Steht mir alles zu? Soll ich mir nehmen, was ich kriegen kann?“


Steuerberater:innen berichten, dass auch solche Unternehmen um Förderung angesucht haben, die kaum von wirtschaftlichen Einbrüchen betroffen waren. Aber „da kann ich mir endlich was zurückholen“. Der Klimabonus wurde - völlig unabhängig vom Einkommen – ausbezahlt. Wenn es wo etwas geschenkt gibt, greift man zu – egal, ob man diese Sache braucht oder nicht. 

Zum ersten widerspricht das meinem Verständnis von „Gerechtigkeit“ – ich meine, dass gerecht ist, wenn jede:r genug zum Leben hat und bekommt. Was man nicht braucht, muss man nicht haben. Das ist nicht Gerechtigkeit, sondern schon Luxus. Steige ich Ihnen jetzt auf die Zehen? Ein zweites Auto, ein zweites Haus oder einen Zweitwohnsitz in XY, noch einen Anzug, noch eine Flugreise, ein eigenes Pool im Garten, eine Kreuzfahrt…


Denn zweitens geht es nicht nur ums Haben, sondern auch ums Verbrauchen – in einer Welt, deren Ressourcen begrenzt sind, sollen diese auch gerecht aufgeteilt werden – und nicht nur an die gehen, die viel Geld haben. Wie bescheiden kann ich leben? Wie viel Rohstoffe kann ich den Generationen nach mir übrig lassen? Wie lange kann ich die Konsumgüter nutzen? Wie fair ist die Entlohnung und Bezahlung, auch weltweit?

Und drittens tun wir nur so, als gehörte uns das wirklich. Wir müssen zurücklassen, was wir jetzt gekauft haben, wenn wir sterben. Das letzte Hemd hat keine Taschen, und letztlich haben wir nur ein Genussrecht hier und kein Bleiberecht. Ein Zerstörungsrecht haben wir schon gar nicht. Vieles von unseren Gütern ist so gesehen „ausgeborgt“, wenn auch bezahlt und auf viele Jahre in unserer Verfügung.

 

Das wichtigste, das wir haben, bekamen wir umsonst und geschenkt: unser Leben und die Liebe, die wir kennengelernt haben. Das sollen wir auch weitergeben – mit vollen Händen, großzügig, ohne viel nachzudenken, ohne einen Preis dafür zu benennen.
Dann sind wir in der Spur Jesu, in der Spur der Jünger und Jüngerinnen, dann wird das Himmelreich im Ansatz sichtbar. 

 

Fürbitten:

Gott, du hast uns beschenkt – mit unserem Leben, mit der Natur, mit deinem Geist. Dennoch fehlt uns vieles: Auch wenn wir uns darum bemühen, schaffen wir es nicht, den gewünschten Zustand zu erlangen. Um deinen Beistand bitten wir:

 

Wir bitten um deinen Geist des Friedens – in den Köpfen und Herzen der Herrschenden, über den Tischen der Friedensverhandlungen, in unseren Nachbarschaften und Familien.

 

Wir bitten um Mitarbeitende an deinem Reich: Menschen, die von dir, Gott, reden; Menschen, die mit ihrer Liebe zeigen, wie du bist; Menschen, die anpacken und Hilfe bringen.

 

Wir bitten um Kraft und Anerkennung für Menschen, die sich um andere sorgen und kümmern: für die Pflegenden, für Eltern und Kinder, für Menschen in Spitälern, Arztpraxen und Bildungseinrichtungen.

 

Wir bitten um deinen Geist der Weitsicht: Dass wir wirkungsvolle Schritte im Klimaschutz setzen, dass wir die Natur mit ihren Geschöpfen als Geschwister behandeln, dass wir Freude haben an dem, was uns umgibt.

 

Wir bitten für die Menschen, die uns nahe sind: Für die Verstorbenen, für die Trauernden und Einsamen, für die Kranken, für die Schwangeren und die Kinder – sei bei ihnen mit deiner spürbaren Gegenwart.

 

Gott, umsonst haben wir von dir bekommen, was wir so nötig brauchen. Lass uns freigiebige und herzliche Menschen sein, nach dem Vorbild der Freunde und Freundinnen Jesu. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bruder. Amen.

 

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