Die Ehrenamtlichen auf Händen tragen
Mit seiner Vision "Ich will in fünf Jahren die Frau Pfarrer begrüßen" erntete Pfarrgemeinderatobmann Max Kaltseis aus Haibach ob der Donau Zwischenapplaus. Weitere Visionen aus den Reihen der TeilnehmerInnen: "Den Begriff "Laie" gibt es nicht mehr, anstelle der Hierarchie gibt es eine kollegiale Leitung. Eucharistie wird gefeiert, nicht nur mit einem Priester als Vorsteher. Die Rollen sind geklärt, keine/r behindert den/die andere/n." Und schließlich: "Die Hauptamtlichen sollen die Ehrenamtlichen "auf Händen tragen". "Mia wissaten's scho", meinte Organisatorin Christa Ramsmaier vom Institut Pastorale Fortbildung. Dorothea Steinebach fundierte diese Visionen mit biblischer Theologie und den Konstitutionen der II Vatikanischen Konzils. Und sie verwies darauf, dass die Vision, dass Nichtgeweihte taufen, hier in der Diözese Linz schon umgesetzt ist.
Die TeilnehmerInnen bei "So viel Anfang war noch nie" entwarfen Visionen für ein weiterentwickeltes Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen. Die Annahme, Ehrenamtliche wünschten sich, von Hauptamtlichen "auf Händen getragen zu werden", bestätigte sich nur teilweise. "Ich muss nicht auf Händen getragen werden. "Ich wünsche mir eine Sendung, angefragt, berufen und wertgeschätzt zu werden.", meinte Franziska Grünbacher aus Ungenach.
Dorothea Steinebach (2. von rechts, zusammen mit Christa Ramsmaier vom Institut Pastorale Fortbildung, Monika Heilmann, Bereichsleiterin Pfarre/Gemeinde, Wilfried Scheidl von der Regionalcaritas und Gabriele Eder-Cakl, Pastoralamtsdirektorin und Leiterin des Zukunftsweges) unterschied zwischen Erlaubnispastoral und Ermöglichungspastoral. Nicht das Nachmachen und Übernehmen von Bisherigem, das zugeteilt wird, hat Zukunft, sondern Rahmenbedingungen für selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Christsein und Kirchesein zu schaffen wird in Zukunft die Aufgabe für hauptamtlich Verantwortliche sein: Menschen zu ermöglichen, zu tun, wofür sie berufen sind.
Hauptamtliche ermöglichen gemeinsames Lernen und haben eine dienende Funktion. "Aber nicht nur die Hauptamtlichen, sondern auch die leitenden Ehrenamtlichen stehen vor dieser Herausforderung, pastorales Wirken zu ermöglichen und nicht nur Arbeit anzuschaffen", ergänzte Christa Ramsmaier.
Liturgischer Mittelpunkt der Tagung war die Meditation der Tauferinnerung am Samstag, 7. September 2019 in der Früh, gestaltet von Monika Heilmann. An den Symbolen Wasser, Chrisamöl, Taufkleid, Licht eröffnete sie die Kraft des Taufsakramentes als Grundlage für das kirchliche Engagement.
Mit einer Absage an den Klerikalismus startete Dorothea Steinebach in den Samstagvormittag. Klerikalismus sie keine Angelegenheit einer einzelnen Gruppe, sondern ein Gehabe, das möglich wird, wenn mehrere Gruppen zusammenwirken. "Achten Sie auf Augenhöhe", riet sie der Seminargruppe.
Motivation und Qualifikation und deren Verhältnis zueinander zeigte Steinebach im Entwicklungsmodell, dass im Bogen über Telling (Informieren, Schulen), Selling (Verhandeln, ins Gespräch kommen), Participation (Mit Unterstützung wirken), Delegation (Aufgabe übertragen bekommen und nicht mehr kontrolliert werden)
Diese Bedürfnisliste für den Selbsttest und für die Arbeit mit Ehrenamtlichen stellte Steinebach zur Verfügung: Autonomie, Einfluss, Entwicklung, Harmonie, Lebendigkeit, Selbstwirksamkeit, Sicherheit, Sinn, Spaß, Spiritualität, Stabilität, Struktur, Teilhabe, Verantwortung, Verlässlichkeit, Vertrauen, Zugehörigkeit. Anschließend zeigte sie die Bedürfnisse der Gruppen der Sinusmilieustudie.
In Tischgruppen diskutierten die TeilnehmerInnen, welche Milieus in ihren Pfarrgemeinden dabei sind. Dabei kam heraus, dass es einerseits wichtig ist, Vielfalt zu sichern und andererseits Platz zu machen für Neues. Um die Vielfalt zu sichern, braucht es Menschen, die Tendenzen zur Vereinheitlichung entgegenwirken und mehr Möglichkeiten zulassen. So wird z.B. begrenztes Engagement akzeptiert und bedankt. Es muss nicht immer eine Konzeptgruppe sein, in der jemand wirksam wird. Auch kleinere Dienste und Mitmachen z.B. im Liturgiebereich werden gewürdigt.
Partizipation: In dem Maß, in dem beteiligt wird, wird es auch unruhig, geistgewirkt, und das ist gut so. Steinbach präsentierte die Stufen von Beteiligung. Hier sind sie genannt, als möglicher Selbsttest für das eigene Engagement.
Vorstufen der Partizipation
- Informieren
- Meinung erfragen
- Lebensexpertise einholen
Echte Partizipation
- Mitbestimmung zulassen
- Entscheidungskompetenz abgeben
- Entscheidungsmacht übertragen
Subsidiarität bedeutet maximale Selbststeuerung und Partizipation, ohne die Gesamt-Verantwortung von Führung in Frage zu stellen. "Verantwortung kann ich nicht delegieren", sagte Steinebach, sie bleibt bei der Führung, auch und gerade wenn sie horizontal gesehen wird.
Für die anstehende Strukturreform in der Diözese Linz sah Steinebach u.a. diese ermöglichende Unterstützungsrollen
- Trainer/innen
- Geistliche Begleiter/innen
- Trauerbegleiter/innen
- Ehrenamts-Freiwilligenmanager/in
- Informationsagent/innen
- Gemeindegründer/innen
- Netzwerker/innen
- Leiter/innen pastorales Netzwerk
- ...
Gabriele Eder-Cakl, Leiterin des Zukunftsweges stand Rede und Antwort zum Stand des Strukturprozesses im Rahmen des Zukunftsweges. Sie betonte, dass Personalentwicklung die Zukunftsfrage für das Modell wird, wenn es beschlossen wird. Angesprochen auf die Widerstände aus der Gruppe der Priester und der progressiven TheologInnen, die ohne eine Weihe von verheirateten Frauen und Männern nicht weiter nachdenken wollen, sagte sie, dass wir, wenn wir 2019/20 ein Modell beschließen, dann nicht in fünf Jahren evaluieren und noch einmal neu nachdenken.
Es darf keinen Aderlass in den Pfarrgemeinden mehr geben. Das sei Führungsaufgabe, forderte Karl Stöttinger aus Pucking. Dezentralisierung bei den Finanzen sei wichtig. Gabriele Eder-Cakl bestätigte, dass die Aufgabe des Pfarrvorstandes jetzt neu in Bezug auf die Pfarr-Gemeinden definiert werden muss.
Edel-Cakl nahm Bezug auf die Amazonas-Synode. In den dortigen Diözesen gibt es viele Basisgemeinden, die von Frauen geleitet werden. Der Priester kommt einmal im Jahr, um alle Sakramente zu feiern und das Geld mitzubringen. Dort wird die Forderung laut, dass die immer anwesenden Frauen Eucharistie feiern können. Ein Anliegen, dass die europäischen KatholikInnen mit den südamerikanischen verbindet: Wir müssen die Gemeinden stärken und das auch in der Ämterstruktur umsetzen. Gabriele Eder-Cakl erzählte, dass sie zu Silvester 2019 mit einer Linzer Delegation nach Lima fliegt, um die geteilten Anliegen - auch in Bezug auf die Ämter in der Katholischen Kirche und die Gemeindestrukturen dort zu referieren, gemeinsam mit dem Bischof von Peru.
Vier ausgewählte Personen gaben Resonanz auf diese Veranstaltung:
Regina Nagler, Ehrenamtliche und Dekanatsassistentin
Ich möchte zunächst schauen, was wir brauchen, für uns, und dann den Außenblick machen, in Ternberg und im Dekanat Weyer. Wir sind zusammen Sakrament Kirche. Schaffen wir wieder einen Sonnenaufgang für die Kirche! Was macht uns wieder Freude? Was uns plagt, das streichen wir! Ermöglichungspastoral soll auch mit den Priestern durchgebesprochen werden.
Bruno Gschwentner, Traunkirchen
Der Veranstaltungstitel hat hohe Erwartungen geweckt. Ich möchte Veränderungen verstehen und in meinem Umfeld umsetzen. Die vielen Baustellen demotivierten mich zuerst, dann öffneten mir die Anstöße den Blick: Erlaubnis- und Ermöglichungspastoral.
Martina Sturmberger, Linz - St. Margarethen
Nietzsche: Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.
Personenzentrierung im Neuen Testament: Wir haben das Leben in Fülle. Wir arbeiten mit Freude und Erfüllung. Das Pferd, das wir reiten, lebt noch!
Bruno Fröhlich, Abteilung Pfarrgemeinde und Spiritualität
So viele Anfänge! Es gibt so viele Anfänge in der Bibel, Mose, Ruth, Ester. Auch das menschgewordene Wort Gottes zählt dazu. Dass wir als Laien Volk Gottes sind, Würde aus der Taufe haben, um mit Leidenschaft Kirche gestalten, im Sinne Hermann Hesses: "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" die Botschaft Jesu weitergeben.
Beate Schlager-Stemmer