„Mit den Menschen unterwegs bleiben“
Die gebürtige Ebenseerin absolvierte nach der Matura am Wirtschaftskundlichen Realgymnasium der Franziskanerinnen in Wels die Ausbildung zur Volksschullehrerin und Religionslehrerin an Pflichtschulen. Neben ihrer Lehrtätigkeit studierte sie ab 1973 in Linz Theologie, wo sie von den Möglichkeiten der pfarrlichen Arbeit durch Nicht-Geweihte erfuhr und sich 1977 um Aufnahme in den Diözesanen Dienst bewarb. Nach ihrem Studienabschluss und der Absolvierung des Pastoralen Einführungsjahres wurde sie am 1. September 1979 von der Diözese Linz als Pastoralassistentin in der Pfarre Linz-St. Matthias (heute Linz-St. Martin am Römerberg) angestellt und betrat damit als erste akademisch ausgebildete Pastoralassistentin Neuland. Ihren Einstieg in die Pfarrpastoral beschrieb sie folgendermaßen:
„Ich spürte anfangs die Offenheit, den Mut und die Bereitschaft der Kirche, gerade auch die Laien in Zusammenarbeit mit den Priestern in den Dienst der Verkündigung, der Liturgie, der Diakonie und der Koinonia hereinzunehmen.“
Wie diese Zusammenarbeit im seelsorglichen Alltag aussehen könnte, musste sie als Pionierin im kirchlichen Dienst erst durch eigene Erfahrungen erarbeiten: Wo liegen die jeweiligen Zuständigkeiten? Wen gilt es über was zu informieren? Wie werden Konflikte im Team gelöst? Der Erfahrungsschatz von Pionier:innen wie ihr hat die Rahmenbedingungen der Arbeit in der Pfarrpastoral und die Personalarbeit in der Diözese entscheidend geprägt.
Sinn und Bestätigung in 31 Jahren Dienst in der Kirche
Hildegard Heissl war neben ihrer Tätigkeit in der Pfarre viele Jahre auch im Schuldienst tätig. Ab 1999 war sie verstärkt in Arbeiten im Seelsorgeraum Linz-Mitte involviert und betreute ab 2001 als Altenheimseelsorgerin das neu gebaute Seniorenwohnhaus St. Anna. Mit 1. Jänner 2011 trat sie nach 31 Jahren im kirchlichen Dienst ihre Pension an. Bis zuletzt war es ihr ein Anliegen, ihr Wissen zu teilen und an die nächste Generation weiterzugeben, indem sie z.B. Praktikant:innen in der Altenpastoral begleitete. Auch an einem guten Umgang mit den vielfältigen Menschen vor Ort war ihr – ganz entgegen dem Klischee der verkopften Akademiker:innen – sehr gelegen:
„Das seelsorgliche Handeln in der Begegnung mit den vielen Menschen sowie die herausfordernden Entwicklungen in der Diözese und in der Weltkirche gaben meinem Dienst in vieler Hinsicht Sinn und Bestätigung. Gerne bin ich als Seelsorgerin mit den Menschen unterwegs geblieben.“
Für eine Kirche „um der Menschen willen“
Die Gefahr des Stillstands war Hildegard Heissl durchaus bewusst, weshalb sie nicht müde wurde, die Notwendigkeit einer auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichteten Kirche zu betonen:
„Ich hoffe, dass sich diese Kirche immer mehr noch als eine Kirche ‚um der Menschen willen’ erweist und sich nicht zurückzieht auf fordernde und festgefügte Positionen, die es den Menschen von heute schwer macht, dem Wort Jesu als einer frohen Botschaft zu folgen und daraus das Leben in Gemeinschaft von Mitglaubenden zu gestalten.“
Sie brachte sich in der Berufsgemeinschaft der Pastoralassistent:innen ein, um durch bessere Arbeitsbedingungen eine auf Dauer lebendige Seelsorge zu ermöglichen. Kritisch betrachtete sie das Streben nach „effektiver Zeitnutzung“ und einem generellen „Mehr“ an pastoraler Leistung, durch die der Druck auf die einzelnen Personen stetig steige.
Segensreiches Wirken
Bereits am Ende ihres ersten Arbeitsjahres 1980 findet sich in einem Schreiben an die Diözese das Fazit ihres Dienstvorgesetzten P. Franz Fink:
„Der Dienst unserer Pastoralassistentin, ihre Bereitschaft, ihr Engagement und ihre vortreffliche Eignung haben in diesem Arbeitsjahr gezeigt, daß vieles in der Gemeinde ohne sie nicht mehr denkbar wäre.“
Viele sind seitdem in Hildegard Heissls Fußstapfen getreten und haben in ihren Pfarrgemeinden dieselben positiven Spuren hinterlassen. Fast die Hälfte der heutigen Seelsorger:innen in den Pfarren hat ein Theologiestudium absolviert. Die Pionierarbeit, die Hildegard Heissl vor über vierzig Jahren zu leisten begonnen hat, hat reiche Frucht gebracht. Die Worte des Weihbischofs Dr. Alois Wagner vom Bestellungsschreiben 1979 nehmen diesen Weg voraus:
„Mögen Sie selbst aus dem Geist des Glaubens sowohl in Ihrem persönlichen Leben wie in der Verkündigung an die Menschen im Geist der Nachfolge Jesu als Mitarbeiterin in der Kirche segensreich wirken.“
Der Auferstehungsgottesdienst wird am Donnerstag, 11. Mai 2023, um 13:30 Uhr in der Pfarrkirche Ebensee gefeiert. Ein österlicher Gedenkgottesdienst findet am Samstag, 13. Mai 2023, um 10:00 Uhr in der Kirche der Elisabethinen in Linz statt.
Schreiben "Mag.a Hildegard Heissl - Seelsorgerin in Kirche und Gemeinde von heute"