Pionierin der Pastoral Brigitte Gruber-Aichberger verabschiedet sich in die Pension
Sie hat nach 12 Jahren in der Pfarrseelsorge 23 Jahre lang die Abteilung Pastorale Berufe geleitet und damit die Pastoral in der Diözese Linz entscheidend mitgestaltet: die Theologin und Mediatorin Brigitte Gruber-Aichberger. Sie war eine von wenigen Frauen in diözesaner Leitungsfunktion und leistete mit großem Engagement Pionierarbeit: Als Vorgesetzte von derzeit 350 Seelsorger:innen in oö. Pfarren und an anderen pastoralen Orten förderte sie den Einsatz qualifizierter Laien in der Pastoral und speziell von Frauen in Leitungspositionen, trieb Gleichstellungsmaßnahmen in der Diözese voran und trug wesentlich dazu bei, die Rahmenbedingungen für eine qualitätsvolle Seelsorge zu schaffen. Für Bischof Manfred Scheuer war sie „Anwältin für die Seelsorgerinnen und Seelsorger, Visionärin und Kämpferin, Prophetin und Anpackerin“, die niemals das große Ganze aus dem Blick verlor und theologisch auf der Höhe der Zeit argumentierte. Für Generalvikar Severin Lederhilger war stets spürbar, dass es Gruber-Aichberger um „Begegnung und Förderung von Menschen“ ging – auf der Basis eines christlichen Menschenbildes, das sie glaubwürdig lebt. Als herausragende Eigenschaften Gruber-Aichbergers wurden von Vorgesetzten und Mitarbeiter:innen Wertschätzung, Ausdauer, Geduld, Engagement, Einfühlungsvermögen und ehrliches Interesse an den Menschen genannt.
Im Herbst verabschiedet sich Brigitte Gruber-Aichberger nach insgesamt 35 Jahren Dienst in der Diözese Linz in die Pension. Am 5. Juli 2022 wurde sie bei einer Feier im Linzer Priesterseminar von Mitgliedern der Diözesanleitung und langjährigen Wegbegleiter:innen für ihre Verdienste um die Seelsorge in der Diözese Linz gewürdigt. Zur Pensionierungsfeier gekommen waren u. a. Bischof Manfred Scheuer, Generalvikar Severin Lederhilger, die Bischofsvikare Wilhelm Vieböck und Johann Hintermaier, Mitglieder diözesaner Leitungsgremien, das Team der Pastoralen Berufe sowie Gruber-Aichbergers Ehemann Univ.-Prof. Franz Gruber. Ebenfalls unter den Mitfeiernden: Mag.a Irmgard Lehner, Pfarrassistentin von Wels-St. Franziskus, die im September 2022 Brigitte Gruber-Aichberger in der Leitung von Pastorale Berufe (künftig „Fachbereich Seelsorger:innen in Pfarren“) nachfolgt. Die beiden emeritierten Bischöfe Maximilian Aichern und Ludwig Schwarz, die beide verhindert waren, übermittelten Dankesworte und Segenswünsche für den neuen Lebensabschnitt. Als Abschiedsgeschenk für den Ruhestand erhielt Gruber-Aichberger eine „Sunnbänk“: eine Bank aus österreichischer Eiche für erholsame Stunden nach einem intensiven Arbeitsleben.
Ihr kirchliches Engagement wird sie aber auch in der Pension nicht ruhend stellen: Neben ihrem ehrenamtlichen Einsatz in mehreren Pfarren wird sie auch als Visitatorin bei den Dekanatsvisitationen weiterhin das tun, was ihr immer wichtig war: Menschen wertschätzend begegnen und ein offenes Ohr für sie haben.
Probesitzen auf der Ruhebank vor der Pension: Brigitte Gruber-Aichberger mit Ehemann Franz Gruber, Bischof Manfred Scheuer, Generalvikar Severin Lederhilger und ihrem Team der Abteilung Pastorale Berufe. © Diözese Linz / Kienberger
„Jeder und jede merkt, dass dir die Menschen wichtig sind“
Generalvikar Severin Lederhilger, als Leiter der Personalstelle Pastorale Dienste der langjährige Vorgesetzte, zeichnete Stationen der Berufsbiografie von Gruber-Aichberger nach. Brigitte Gruber-Aichberger, geboren 1960 in Altenberg bei Linz, besuchte das Gymnasium der Kreuzschwestern in Linz. Ihr Theologiestudium, das sie in Linz und Innsbruck absolvierte, schloss sie 1985 ab. Danach war sie im Schuldienst und in der Pfarrseelsorge tätig: zuerst als Pastoralassistentin, dann als Pfarrassistentin. Seit 1999 leitet Gruber-Aichberger die Abteilung Pastorale Berufe in der diözesanen Personalstelle. Lederhilger betonte, Gruber-Aichberger habe über die Jahrzehnte viel Erfahrung erworben „in unterschiedlichen Berufen, die eines gemeinsam haben: Es geht um Begegnung, Förderung und Entwicklung von Menschen“. Der Generalvikar würdigte Gruber-Aichbergers fachliche Kompetenz, ihren ebenso kollegialen wie klar kommunizierenden Führungsstil, ihr Bestreben zur theologisch reflektierten Weiterentwicklung von Ämtern in der Kirche und die individuelle Förderung von Mitarbeiter:innen. All das habe ihr große Anerkennung bei den Mitarbeiter:innen der Abteilung und bei den vielen Seelsorger:innen im pastoralen Dienst der Diözese eingetragen. Lederhilger: „Das liegt vor allem daran, dass jeder und jede merkt, dass dir die Menschen wichtig sind und du keine Berührungsängste in den Begegnungen hast. Man spürt in deiner klug argumentierenden, konsequent planenden, reformorientiert vorausblickenden Arbeitsweise deine christliche Grundhaltung. Dein Führungsstil prägt deinen Lebensstil, dein Lebensstil prägt deinen Führungsstil.“ Lederhilger bezeichnete Gruber-Aichberger als „eine Frau, die sich selbstbewusst und zielstrebig dafür eingesetzt hat, dass theologisch und pastoral geschulte Männer und Frauen im Dienst der Diözese zu wesentlichen Säulen in der Gestaltung von Seelsorge und kirchlichem Leben geworden sind. Sie prägen unser Land und unsere Ortskirche, begleiten, unterstützen und leiten viele Menschen in den Pfarrgemeinden und pastoralen Orten.“ Dabei sei es Gruber-Aichberger stets wichtig gewesen, gute Rahmenbedingungen zu schaffen und für eine betriebliche Gesundheitsförderung zu sorgen, die nicht nur auf dem Papier bestehe, so der Generalvikar.
„Anwältin für Seelsorger:innen, Visionärin und Kämpferin, Prophetin und Anpackerin“
Bischof Manfred Scheuer würdigte die scheidende Direktorin von Pastorale Berufe als Kennerin und Mitgestalterin der Seelsorge in Oberösterreich: „Du kennst die einzelnen Pfarrgemeinden und ihre spezifischen Gegebenheiten, du weißt um die pastoralen Orte und hast unzählige Ehrenamtliche kennengelernt. Du bist so etwas wie eine Kartografin der Glaubenslandschaft in Oberösterreich, eine, die die Wirklichkeiten und Glaubensrealitäten im Land wahrnimmt wie kaum jemand anderer. Du bist aber nicht nur vermessende Kartografin, die dokumentiert und theologisch schlussfolgert, du hast die Glaubenslandkarte Oberösterreichs wesentlich mitgestaltet.“ Selbstverständnis von Gruber-Aichbergers Arbeit sei es nach ihren eigenen Worten gewesen, die Fähigkeiten und Begabungen zum Guten, die jede Person habe, zu heben, zu entdecken und zu würdigen. Diese Grundeinstellung habe es ihr ermöglicht, Menschen in ihrem beruflichen Weg in der Kirche nicht nur zu leiten, sondern auch zu begleiten, und das Potential in den Pfarrgemeinden zu sehen. „Die Suche nach einer bestmöglichen seelsorglichen Lösung in allen Pfarrgemeinden haben dich immer ausgezeichnet“, so Scheuer.
Der Bischof würdigte Gruber-Aichberger als „Anwältin für die Seelsorgerinnen und Seelsorger, Visionärin und Kämpferin, Prophetin und Anpackerin“, die niemals das große Ganze aus dem Blick verloren habe und die „theologisch auf der Höhe der Zeit und auf Basis des Zweiten Vatikanischen Konzils“ argumentiert habe. Ein großes Anliegen sei Gruber-Aichberger stets die Qualität des pastoralen Handelns gewesen: Fragen der Erreichbarkeit, der Ästhetik und der Sprache, der Nähe zu den Menschen und der Verständlichkeit, aber auch der intellektuellen Redlichkeit, der theologischen Urteilskraft und der spirituellen Grundhaltung.
Gruber-Aichberger habe immer klar die strukturelle Benachteiligung von Frauen durch den Ausschluss vom Weiheamt angesprochen. Berufene und begabte Frauen könnten daher häufig nicht entsprechend eingesetzt werden – eine Situation, die nicht nur frustrierend und kränkend sei, sondern auch krank mache, wie die Direktorin von Pastorale Berufe betont habe. Sie habe gemeint, eine Änderung der Situation stehe dringend an. „Ich bin mir ganz klar bewusst, dass ich als Bischof Teil und teilweise auch Ursache dieser strukturellen Kränkung bin“, fand Bischof Manfred Scheuer ehrliche Worte.
„Ermöglicherin von Weiterentwicklung in der Diözese“
Die diözesane Frauenbeauftragte Petra Gstöttner-Hofer würdigte Gruber-Aichbergers Engagement für Gleichstellung in der Diözese Linz. Sie habe ein Bewusstsein für dieses Thema geschaffen und es auch vorgelebt. Als oft einzige Frau in männerdominierten Gremien habe sie Pionierarbeit geleistet. „Frauen in Leitung, die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, Mentoring, geschlechtersensible Sprache – das sind nur einige jener Themen, die du gefördert und als Führungskraft in deinem Arbeitsalltag umgesetzt hast. Für dich war es wichtig, Lösungen zu finden, um auch nicht so übliche Arbeitsformen wie Führung in Teilzeit zu ermöglichen. Du hast manchen gezeigt, dass scheinbar Unmögliches doch möglich ist“, so Gstöttner-Hofer. Frauenförderung und die Veränderung traditioneller Rollenzuschreibungen sei der Direktorin von Pastorale Berufe immer ein Anliegen gewesen. Die Frauenbeauftragte hob Gruber-Aichbergers Verdienste rund um Gleichstellung, Frauenförderung und zukunftsweisende Personalpolitik auf drei Ebenen hervor: „Auf der individuellen Ebene der einzelnen Beschäftigten ist es dir gelungen, Talente, Potentiale und Charismen zu erkennen und zu fördern. Auf der strukturellen Ebene hast du Initiativen gestartet oder gestärkt, die Rahmenbedingungen für Weichenstellungen in Richtung Gleichstellung geschaffen haben. Auf einer atmosphärischen Ebene hast du ein Klima geschaffen, in dem Menschen sich engagieren können und wollen.“ Damit habe sich Gruber-Aichberger als „Ermöglicherin von Weiterentwicklung in der Diözese“ erwiesen, so Gstöttner-Hofer.
Das Anliegen: Mit qualifiziertem Personal Kirche gestalten
Die scheidende Direktorin von Pastorale Berufe Brigitte Gruber-Aichberger meinte in ihren Dankesworten, es gebe keine größere Anerkennung, als „das Gefühl zu haben, dass Menschen verstanden haben, worum es mir gegangen ist und wofür ich gearbeitet habe“. Sie habe noch sehr viele Ideen, dennoch sei es nun Zeit zu gehen – dies tue sie „mit großer Dankbarkeit und Zuversicht“. Als sie 1999 ihr Amt als Direktorin von Pastorale Berufe angetreten habe, habe sie als Leitspruch ein Zitat von Dag Hammarskjöld gewählt: „Dem Vergangenen – Dank. Dem Kommenden – Ja“. Dieser Leitspruch sei noch immer stimmig, so Gruber-Aichberger. Ihr Anliegen sei es immer gewesen, „nicht Personal zu verwalten, sondern mit qualifiziertem Personal Kirche zu gestalten – und zwar so, dass Menschen den christlichen Glauben als Lebensweise entdecken, die zu einem gelungenen und zufriedenen Leben führt“.
Wie leitet man 350 Mitarbeiter:innen in Pfarren und an pastoralen Orten in ganz Oberösterreich? Gruber-Aichberger dazu: „Bei den Jahresversammlungen und in den Newslettern war mir immer wichtig, Orientierung zu geben, Werthaltungen ins Gespräch zu bringen, klarzumachen, wofür ich stehe. Und dann mussten die Mitarbeiter:innen eigenverantwortlich arbeiten – nur sie können wissen, wie die Lebenssituation der Menschen vor Ort ist und was konkret gebraucht wird.“
Bei ihrer Arbeit geholfen hätten ihr Hausverstand, Bodenständigkeit und Durchhaltevermögen – Geschenke, die sie von ihren verstorbenen Eltern mitbekommen habe. Ein schmerzliches Thema sei für sie nach wie vor die Frauenfrage: „Dass Kirche Gleichstellung nicht hinbekommt, wird immer mehr zur Schande. Meine Sorge ist: Wie geht es mit den jungen Frauen in der Kirche weiter?“ Gruber-Aichberger dankte Vorgesetzten, Mitarbeiter:innen, Weggefährt:innen und ihrem Mann für das gemeinsame Unterwegssein bzw. für die gute, wertschätzende Zusammenarbeit. Vieles in den vergangenen 23 Jahren sei „sehr anspruchsvoll und fordernd“ gewesen, aber die Arbeit habe ihr immer Freude gemacht und sie habe von Anfang an viel Unterstützung erfahren. Personalarbeit sei „spannend, abwechslungsreich und bereichernd“, sie habe viel von den Mitarbeiter:innen gelernt, betonte Gruber-Aichberger.
© Diözese Linz / Kienberger