Raum der Stille - Berührender Advent in der Marienkirche Steyr
„Mit dem Raum der Stille im Advent wollten wir Menschen jeden Alters eine einfache Möglichkeit bieten, wieder mit sich selbst und mit Gott in Berührung zu kommen. Sie sollten danach gestärkt und hoffnungsvoll in ihren Alltag zurückkehren. Die Besucher*innen konnten sich auf den Weg machen zur Krippe, sich dem Geheimnis der Weihnacht nähern und staunen über das Wunder eines neuen Lebens – vielleicht in ihnen selbst,“ so beschreibt Mag.a Heidi Staltner-Kix (Citypastoral Steyr) ihr Anliegen. Inhaltlich orientierte sie sich an dem Vorschlag der Diözesanleitung, im Advent rund um das Thema Krippenfiguren Angebote zu setzen. Umgesetzt wurde die Intention gemeinsam mit 13 Ehrenamtlichen in Form von sieben Stationen innerhalb der Marienkirche, die auf Grund ihrer zentralen Lage mitten am Steyrer Stadtplatz gewählt wurde. Dem Team war es schon bei den Vorbereitungen wichtig alles „Corona-tauglich“ zu planen. Der Rahmen sah vor, dass die Besucher*innen innerhalb der Öffnungszeiten jederzeit in die Kirche kommen und wieder gehen konnten, das Tragen von FFP2-Masken war dabei obligatorisch.
Spirituelle Schätze in neuem Gewand
Die Besucher*innen erwartete eine vorbereitete Umgebung mit spirituellen Impulsen, wobei Heidi Staltner-Kix auf die moderne Gestaltung der Dekoration besonderen Wert gelegt hat: „Mir war es wichtig, dass alles für die heutige Zeit adäquat gestaltet ist. Das ist mir generell in meiner Arbeit in der Citypastoral ein Anliegen. Denn ich bin davon überzeugt, dass wir in unserem christlichen Glauben ganz viele Schätze haben, die wir leider allzu oft altmodisch verpacken, so dass sie für die Menschen alleine aus ästhetischen Gründen nicht mehr zugänglich sind. Umso wichtiger ist es, alles so zu gestalten, wie es die Leute heute anspricht. Dann können sie auch die spirituellen Inhalte wahrnehmen.“ Bei der Umsetzung hat das Team versucht, die Sinne anzusprechen: „Wir wollten, dass die Menschen, wenn sie die Kirche betreten, von einer positiven Atmosphäre ergriffen werden. Dafür haben wir viele Kerzen angezündet, in der Seitenkapelle Weihrauch aufgestellt und im Hintergrund ertönten sanfte Klänge von Taizégesängen oder Chorälen.“ Die Mühen, die in die Gestaltung gelegt wurden, haben sich definitiv gelohnt, wie die Reaktion eines Besuchers exemplarisch zeigt: „Das ist eine ganz andere Welt. Ich habe mir das ganz anders vorgestellt. Es ist so schön, ich muss es unbedingt weitersagen.“
Verschiedene Stationen regten Interaktion an
Gleichzeitig war es dem Team wichtig, die Inhalte für alle Altersgruppen passend didaktisch aufzuarbeiten. Die Besucher*innen sollten durch die Möglichkeit der Interaktion noch tiefgreifender angesprochen werden. Parallel zu den Stationen für Erwachsene und Jugendliche gab es für die Kinder eine eigene „Schatzsuche“ – dafür griff das Team auf die angebotenen Materialien der Jungschar zurück. Die Inhalte folgten der zentralen Frage: Was haben die Krippenfiguren mit uns heute zu tun? Die erste Station widmete sich etwa dem Esel, der schwere Lasten zu tragen hat. Symbolisch für die Lasten, die Menschen in ihrem Leben tragen müssen, konnte ein Stein mitgenommen werden, der bei der Station der Hirten abgelegt werden konnte, denn diese hatten der biblischen Erzählung nach auch alles liegen und stehen gelassen, um dem Stern zu folgen. Die Station, in der es um den Engel ging, war besonders bewegend, wie Heidi Staltner-Kix erzählt: „Dort konnte man sich zum Beispiel vorstellen, Engel für jemand anderen zu sein, indem man einen Wunsch für einen Unbekannten aufschrieb bzw. malte. Dieser durfte dann beim Jesuskind an der Krippe abgelegt werden. Gleichzeitig wurden die Menschen eingeladen, sich dort selbst einen Wunsch zu nehmen. Ich habe beobachtet, dass Besucher*innen mehrmals zwischen den Stationen hin und her gegangen sind, weil sie diese Auseinandersetzung so faszinierte und berührte. Auch Leute, die eigentlich nur in die Kirche gekommen waren, um eine Kerze anzuzünden.“ Eine weitere berührende Station war jene zu Maria und Josef nach Jesu Geburt. Angeregt durch eine der Ehrenamtlichen gab es dort die Möglichkeit, dem Positiven Raum zu geben. Die Menschen wurden eingeladen sich vorzustellen, dass in ihrem Leben ein Wunder geschieht, und sich zu fragen, wie sich ihr Leben dann verändern würde. Auf einer Pinnwand konnten die Statements festgehalten werden: „Es war wunderschön zu sehen, wie das gewachsen ist und wie sich die Menschen gegenseitig beflügelt haben. Es war auch berührend zu sehen, wie viel Positives zum Ausdruck gebracht wurde, obwohl man rundherum hört, dass die Leute so missmutig sind.“
Eisbrecher Begrüßungsdienst
Die Entscheidung, darauf zu achten, dass möglichst immer eine Ansprechperson vor Ort ist, hat sich als richtig erwiesen, wie Heidi Staltner-Kix schildert: „Mir ist aufgefallen, dass die meisten Leute die Hinweise nicht lesen. Insofern war es wichtig, eine kurze Einführung zu geben, oder die Besucher*innen mit ein paar Hinweisen neugierig auf die Stationen zu machen. Darüber hinaus war es mir ein Anliegen, dass sich die Menschen wirklich willkommen fühlen und von eine*r Seelsorger*in persönlich und herzlich begrüßt werden. Viele hatten auch das Bedürfnis nach einem seelsorglichen Gespräch, dazu war die Begrüßung ein wunderbarer Eisbrecher.“ Ähnliche Erfahrungen hat sie auch schon bei Angeboten in früheren Adventen und Fastenzeiten gemacht und sie zeigt sich fasziniert, welche Möglichkeiten sich dadurch aufgetan haben: „Durch die Erfahrung dort kommen die Leute wieder, manche wollen eine seelsorgliche Begleitung auf längere Zeit oder sie bieten aus ihrer Begeisterung heraus ihre Mitarbeit oder Kooperation an.“
Ein Angebot, das berührt hat
Der Advent in der Marienkirche war sowohl quantitativ als auch qualitativ ein Erfolg. So gab es mehrere Tage, an denen bis zu 150 Besucher*innen kamen. Außerdem besuchten viele Schulklassen den Weg zur Krippe. Die Rückmeldungen waren durchwegs positiv und zum Teil sehr berührend. So äußerte eine ältere Frau mit Tränen in den Augen: „Ich war letztes Jahr auch hier und musste wiederkommen, weil es so schön ist. Jetzt kann Weihnachten werden.“ Jemand anderes meinte: „Plötzlich eine Welt des Friedens und der Zuversicht. Danke!“ Aber auch die Schulklassen bewegte der meditative Weg zur Krippe. So erzählte eine Religionslehrerin, dass die Kinder im Nachhinein meinten, dass sie sich Gott noch nie so nahe gefühlt hätten. Ein Erlebnis mit einer Schulklasse ist Heidi Staltner-Kix besonders in Erinnerung geblieben: „Nachdem eine der Klassen die im Altarraum sternförmig angeordneten Kerzen angezündet hat, sind die Jugendlichen rund um den Stern stehen geblieben und haben gemeinsam mit der Lehrerin innegehalten. Einfach so. 15 Minuten Stille. Das hat mich zu Tränen gerührt.“ In der Begleitung der Menschen in der Marienkirche nahm Heidi Staltner-Kix eine große Sehnsucht nach mehr Tiefe wahr, sowie eine ehrliche Suche nach dem „Mehr“ im Leben.

Wertvolles ehrenamtliches Team
Die Umsetzung dieses Projekts wäre ohne die Zusammenarbeit mit einem großen Team aus Ehrenamtlichen nicht möglich gewesen, wie Heidi Staltner-Kix betont: „Es ist unglaublich, wie viel Potential da drinnen steckt.“ So hat sich bereits eine Gruppe von rund 25 Personen gebildet, die sie immer wieder für Projekte anspricht. Sie freut sich sehr über die Diversität der Gruppe: „Es sind viele, die zwischen 20 und 25 Jahre alt sind, aber die Altersspanne reicht bis zu Pensionist*innen.“ Zum Abschluss des Advents in der Marienkirche gestaltete die Seelsorgerin eine kleine Segensfeier für das Vorbereitungsteam. Eine der Ehrenamtlichen sagte zum Abschluss: „Es ist so schön, dass wir etwas entwickeln können und ich ein Teil davon sein darf. Da geht das Herz auf, auch weil es mich mehr zu meiner Gotteserfahrung bringt.“ Aber auch zum Ort entwickelten die Ehrenamtlichen eine besondere Beziehung: „Die Marienkirche ist durch dieses Projekt für mich ein heimatlicher Ort geworden.“
Text: Mag.a Melanie Wurzer BA