Spielzimmer statt Partyraum
Als Anfang des Jahres die Meldungen von chinesischen Kollegen kamen, sie müssten aufgrund des dortigen Corona-Ausbruchs nun im Homeoffice arbeiten, kam uns das zunächst alles recht weit weg vor. Mitte März war es plötzlich ganz nah. Von einem Tag auf den anderen mussten wir beide von zu Hause aus arbeiten, gleichzeitig wurde der Kindergarten geschlossen. In den ersten Tagen hatten wir etwas Stress damit, da es beruflich einiges zu organisieren gab und nebenbei unsere beiden Jungs „bespaßt“ werden wollten. Glücklicherweise zeigten die Firmen große Flexibilität mit den Arbeitszeiten und wir konnten uns mit abwechselnden Vormittags- und Nachmittagsschichten die Kinderbetreuung gut einteilen.
Nach mittlerweile sechs Wochen zeigen sich teilweise erstaunliche Entwicklungen bei den Kindern: Da wir als Familie nun den ganzen Tag zusammen sind, bekommen die Burschen naturgemäß viel mehr Aufmerksamkeit als im gewöhnlichen Berufsalltag. Wir haben die Möglichkeit, zwischendurch Spiele zu spielen, gehen öfter in den Wald oder fahren mit den Rädern eine Runde durch die Wohnsiedlung. Durch das Plus an Zuwendung sind beide viel entspannter und sehr „entschleunigt“. Durch das Social Distancing haben sich die Brüder nun zu den wertvollsten Spielgefährten entwickelt. Der kleine Bruder wird nun nicht mehr als Störenfried, sondern als vollwertiger Spielkamerad wahrgenommen. Die soziale Komponente hat sich in dieser Zeit um Welten nach vorne entwickelt.
Wir sind in der glücklichen Lage, in einem Einfamilienhaus mit Garten wohnen zu dürfen. Das hat sich in dieser Zeit als eine der besten Investitionen unseres Lebens herausgestellt. Bei gutem Wetter wird im Garten gespielt, bei Schlechtwetter zieht es uns in den Keller. Dort ist ein Raum, der im Einreichplan als Partyraum deklariert wurde. „Das wird sicher kein Partyraum, sondern ein Spielzimmer“, legte meine Mutter – Pädagogin und Leiterin eines Kindergartens – ein Veto ein. Murrend nahm ich diese „Zweckentfremdung“ damals zur Kenntnis. Heute ist besagter Raum mehr ein Turnsaal, mit Kletter- und Sprossenwand, einer Seilbahn, die quer durch den Raum gespannt ist, Mini-Trampolin, Slackline etc. Hier können die Buben im Winter oder bei Regenwetter herumtoben und ich spare mir das Fitnessstudio, denn einer muss die Burschen ja an der Seilbahn hin- und herziehen. Der Turnsaal reiht sich somit nahtlos in die Kategorie der „besten Investition“ ein.