Gedanken zum Vatertag 2025
Der Vatertag lädt uns Männer in zweifacher Hinsicht zu Nachdenken und Nachspüren ein - zum einen mit Blick auf unseren eigenen Vater - denn alle Männer sind Söhne! - zum anderen mit Blick auf unser Vatersein, soweit wir eigene Kinder haben.
Die Beziehung zum eigenen Vater
Eine unserer prägendsten und grundlegendsten Beziehungen in unserem Leben ist für uns Männer die Beziehung zu unserem Vater. Sich mit seinen Quellen zu beschäftigen, bedeutet für uns Männer im Besonderen immer auch sich mit seinem Vater zu beschäftigen. Es geht um Verbundenheit, um den Segen des Vaters, nicht selten auch um Aussöhnung. Wo der (emotionale) Kontakt zum Vater nicht gegeben ist oder gar fehlt, tut sich bei vielen Männern eine innere Leere auf – das wissen wir aus der psychologischen Männerforschung.
Unsere Väter sind unsere ersten Vorbilder in Bezug auf die Entwicklung unserer männlichen Identität. Sie sind wichtige Leit- bzw. Vorbilder im Leben und Glauben - mit allen Licht- und Schattenseiten, mit allen Möglichkeiten und Grenzen, mit allen Ecken und Kanten. Unsere Väter haben uns auch maßgeblich in dem geprägt, wie wir selber unser Vatersein und unsere Vaterrolle gestaltet und entwickelt haben. Wir dürfen das auch durchaus (selbst)kritisch reflektieren. In der „männlichen Linie“ einer Familie liegt für uns Männer eine große Ressource und Kraft. Daher brauchen die männlichen Beziehungen (Großvater, Vater, Sohn, Enkel) in der Familie auch bewusste Aufmerksamkeit und Pflege.
Vater sein
Wenn Männer selber Väter werden, sind sie noch einmal in einer besonderen Weise herausgefordert, sich mit den eigenen Prägungen, aber auch mit den eigenen Vorstellungen, Idealen und Bedürfnissen auseinander zu setzen. Viele Männer erleben sich in einem ziemlich Spannungsfeld, nämlich Beruf, Paarbeziehung und Familienleben möglichst gut unter einen Hut zu bringen. Und viele Männer leiden auch unter diesem Spannungsfeld, haben das Gefühl, dass sie da nicht genügen (können). Aber ich sehe da auch eine sehr positive Entwicklung gerade auch bei den jüngeren Vätern, die sehr auf eine ausgewogene Balance zw. Arbeit und Familie achten.
Kinder brauchen Väter, die präsent sind. Sie brauchen keine idealen, perfekten Väter, sondern angreifbare, im Alltagsleben erfahrbare und spürbare Väter, die mit ihnen Zeit verbringen, die sich um sie kümmern und die für sie (nicht nur mit der Geldtasche) sorgen. Wenn wir da etwas versäumt haben, gibt uns das Leben in vielen Fällen eine zweite Chance, Väterlichkeit bewusst zu leben und zu gestalten, nämlich dann, wenn wir Großeltern werden.
Hier leistet – denke ich – die KMB auch einen ganz wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, sich mit seinem Vatersein und seiner Vaterrolle bewusst auseinander zu setzen - mit ihren vielen Vater-Kind-Angeboten und auch mit dem Opa-Enkel-Angeboten.
Männliche Fürsorge
Auch wenn Männer keine biologischen Väter sind, können sie "väterliche" Fürsorglichkeit leben. Fürsorglichkeit ist eine gute Chance und Möglichkeit gerade auch für reifere und ältere Männer, ihre Lebenserfahrung und Lebensweisheit an Jüngere weiterzugeben: in den Pfarrgemeinden, im Sportverein, bei den Naturfreunden oder Pfadfindern, als Firmbegleiter. Fürsorglichkeit kann auch gelebt werden im Umgang mit den alten Eltern, mit Frau und Kinder, im Ehrenamt (Fußballverein, Rotes Kreuz, Feuerwehr, Pfarre – Sozialkreis, Besuchsdienste), natürlich auch im Umgang mit Tieren.
Auch im politischen Bereich kann Fürsorglichkeit gelebt werden, etwa durch ein Mandat im Gemeinderat oder in einer Interessensvertretung, in der Sorge um alte oder kranke Menschen, um Flüchtlinge. Die Sorge um ein gutes Miteinander und Füreinander im sozialen Umfeld, in dem wir leben, kann zu einer ganz enormen Kraftquelle werden.
Wenn wir aus einer Haltung der Fürsorglichkeit etwas geben, bekommen wir meist auch sehr viel zurück. Wir erleben unser Engagement als persönliche Bereicherung und Gewinn. Vor allem können wir dadurch auch einen deutlichen Kontrast und Akzent setzen gegenüber traditionellen und auch "toxischen" Männerbildern, die heute leider wieder mehr im Aufkommen zu sein scheinen, besonders auch in den sozialen Medien.
So wünsche ich uns Männern allen einen freudigen und (selbst)bewussten Vatertag!
Wolfgang Bögl, Theologischer Assistent der KMB OÖ