prophetisch, königlich, priesterlich
Donnerstag, 17.6.2021: priesterlich
Begleitet und geleitet von Ferdinand Kaineder erklimmen wir als frisch zusammengewürfelte Männergruppe und gestärkt durch einen Reisesegen (Tobit 5,17: „Gehe wohlbehalten!“) die wunderbare Vogelsangklamm.
Ferdinand gibt uns einen ersten Impuls: priesterlich. Was bedeutet priesterliches Wirken für uns Getaufte heute? Wo bereiten wir den guten Boden, damit göttliches Handeln sich Bahn brechen kann? Getragen von diesen Gedanken gehen wir schweigend durch die Klamm. Der Aufstieg ist schweißtreibend, das Wetter sommerlich.
Oben angekommen, einen Schluck Wasser genießen und die ersten Gespräche über Herkunft und Motivation bahnen sich den Weg, als wir unsere Schritte Richtung Pyhrgas-Gatterl lenken. Rast machen wir auf der Rohrauer-Hütte und erhalten als local detectives einen Einblick in die Welt des Hüttenwirts.
Die Aussicht auf den Scheiblingstein ist großartig, der Abstieg gelingt leicht und die Schritte ins Stift Admont werden locker. Heute Abend müssen wir noch Fußball-EM schauen: Österreich-Holland wartet.
Freitag, 18.6.2021: königlich
Von Admont geht es am nächsten Tag hinauf auf die Kaiserau. Ferdinand stattet uns wieder mit einem Tagesimpuls aus. Heute steht das königlicher Wirken im Zentrum. Was ist die Aufgabe des Königs? Zu herrschen mit eiserner Faust? Oder dafür Sorge zu tragen, dass auch den Schwachen eine Würde zukommt, auch wenn sie sie sich selbst nicht nehmen können.
Am Wasser-Weg entlang hinauf zur Kaiserau begleiten uns – wieder schweigend - Gedanken dazu. Der Abstieg nach Trieben ist heiß. Eine erfrischende Kühlung im Gastgarten höchst willkommen.
Gestärkt nehmen wir die den Nachmittag in Angriff. Nun geht es von Trieben hinauf zur Bergerhube, wo wir nächtigen. Die Schritte werden beim Aufwärtsgehen schwerer, manche Blasen machen sich bemerkbar und die Funkwellen nach Hause werden immer schwächer. Wir gehen offline.
Die letzten Schritte zum Gasthaus Bergerhube begleitet uns ein warmer Sommerregen, der sich zu einem richtigen Wasserfall von oben auswächst. Am nächsten Tag werden wir einige Orte sehen, an denen das Wasser sturzbachartig ins Tal gerauscht ist. Doch für heute genießen wir die Gastlichkeit der Berghütte und die bereits vertrauten Gespräche untereinander.
Samstag, 19.6.2021: prophetisch
Der letzte Tag beginnt. Wie üblich stimmt uns Ferdinand Kaineder mit einem Impuls auf den letzten Aufstieg ein. Heute gehen wir prophetisch. Was waren die Propheten? Wahrsager? Viel eher waren sie mutige Hervorsager. Sie haben den Finger in die Wunden der Gesellschaft gelegt und Veränderung des Lebensstils angestoßen. Beredt schweigend gehen wir wieder ein kleines Stück bis zum höchsten Punkt unserer Wanderung: das Kettentörl (1864m).
Von hier geht es abwärts, vorbei an den letzten Schneeflecken, aber trockenen Fußes zum Ingering-See! 15° Wassertemperatur halten einige von uns nicht ab, darin Erfrischung zu suchen. Weiter geht’s die Forststraße abwärts nach Gaal. Nun wird es Zeit, dass wir das Ziel erreichen, denn ein Wanderschuh beginn schon, sich aufzulösen. Die letzten 10 Kilometer nach Seckau sind hart. Der weiche Waldboden ist Asphalt gewichen. Am letzten Kilometer zur Abteil Seckau begleitet uns wie am Vortag ein freundlicher Regenschauer.
In der Abtei angekommen ist die Freude über das Erreichte groß! Es ist alles gut „gegangen“. Wir essen ein einfaches, wohlschmeckendes Abendessen im Kloster und lassen den Tag im Wirtshaus ausklingen.
Sonntag, 20.6.2021: mehrstimmig
Am nächsten Tag segnet Gastmeister Br. Serafim unsere Benediktmedaillen. Zum Abschied singen wir ihm zum 60-isten Geburtstag, den er an diesem Tag feiert noch ein mehrstimmiges Geburtstagsständchen.
Die Zeit am Benediktweg hat uns aufeinander eingestimmt. Wir bleiben mehrstimmig und doch in der Melodie des gemeinsam Erlebten verbunden, als wir uns nach dem Sonntagsgottesdienst wieder auf den Heimweg machen.