Visitation: Liebe Menschen im Dekanat Weyer
Besuche wie wir sie aus dem Alltag kennen sind in der Regel durch Zusammensitzen und Gespräch bestimmt. Ein Besuch dient wesentlich dazu, Beziehungen zu intensivieren. Er dient dem Austausch von Erfahrungen, einem Kennenlernen der Lebensumstände des Gastgebers, er ist von gegenseitigem Wohlwollen geprägt. Die bevorstehende Visitation im Dekanat Weyer hat ebenfalls die genannten Charakteristika eines Besuches.
Weil ich davon überzeugt bin, dass Leitung nicht nur von einem Einzelnen wahrgenommen werden kann, werde ich bei dieser Visitation von Generalvikar Severin Lederhilger und dem Bischofsvikar für pastorale Aufgaben Willi Vieböck begleitet und unterstützt. Unterschiedliche Personen können auch unterschiedliche Blickwinkel auffangen, die als einzelner möglicherweise vernachlässigt oder verborgen bleiben würden.
Wir kommen nicht als Besserwisser oder gar Kontrolleure. Wir sind hier, weil wir uns mit euch gegenseitig im Glauben stärken und vergewissern wollen. Wir wollen uns ein Bild machen, wie das Evangelium hier konkret verwirklicht wird. Als Bischof und als Diözesanleitung ist eine gute Beziehung zu den Pfarrgemeinden und den Dekanaten das Um und Auf. Nur durch unmittelbaren Kontakt ist es möglich, zu sehen und zu hören, wie sich die Situation der Menschen vor Ort darstellt. Was funktioniert gut, wo sind die Kraftquellen, wie wird der Glaube gelebt? Wo hapert es auch, was sind die Enttäuschungen und die Sorgen? Welche Erwartungen gibt es gegenseitig? Wie können wir gut als Diözese gemeinsam unterwegs sein? Wie können wir uns den pastoralen und gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft stellen?
In diesem Zusammenhang war es wichtig, das altbewährte Visitationskonzept umzustellen. Statt einzelnen Pfarrvisitationen, die in den meisten Fällen am Wochenende stattgefunden haben, werden nunmehr ganze Dekanate über mehrere Tage lang besucht. Für das Dekanat Weyer hat ein Vorbereitungsteam rund um Dechant Friedrich Lenhart und Dekanatsassistentin Regina Nagler diese Visitationswoche gewissenhaft vorbereitet, wofür ich mich jetzt schon herzlich bedanken möchte. Mit dieser neuen Form der Dekanatsvisitation wird zum einen die pastorale Situation ernst genommen, dass zunehmend mehrere Pfarren von einem Seelsorger betreut werden und pfarrübergreifende Kooperationen und Knotenpunkte wegweisend sind. Zum anderen ist bei einer Visitation über einen längeren Zeitraum hinweg ein Einblick in die Alltäglichkeiten des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens im Dekanat besser möglich und es besteht mehr Raum für Begegnungen.
„Gib deinem Knecht ein hörendes Herz.“ (1 Kön 3,9) Mit diesen Worten bittet König Salomo Gott am Beginn seiner Regentschaft nicht um Reichtum und Macht, nicht um Gesundheit, nicht um ein langes Leben, nicht um den Tod der Feinde, sondern um ein hörendes Herz, damit er die rechten Entscheidungen treffen könne. Die Bitte um ein „hörendes Herz“ habe ich auch bei meiner Antrittspredigt als neuer Diözesanbischof ausgesprochen und es auch für mich und für alle in der Diözese Linz erbeten. Nur ein ehrliches Aufeinander Hören führt zu einer guten Kommunikation, damit Kirche positiv auftreten und handeln kann. „Brechen wir auf, gehen wir hinaus, um allen das Leben Jesu Christi anzubieten!“ So sagt es uns Papst Franziskus in seinem Rundschreiben „Evangelii Gaudium“ eindringlich. Es ist Grundaufgabe von Kirche und Pastoral heute, Anknüpfungsmöglichkeiten für das Evangelium bei den Menschen zu suchen. Diese Anknüpfungspunkte werden sich entlang der so verschiedenen Lebensrealitäten der einzelnen Menschen ganz unterschiedlich darstellen. Es wird in der Stadt anders sein als auf dem Land. Aber schlussendlich wollen wir Christinnen und Christen die Menschen mit Gott in Berührung bringen. Dieses Anliegen möge durch die Visitation gestärkt werden.
So grüße ich Sie alle in Vorfreude auf den Besuch bei Ihnen im Dekanat Weyer.
+ Manfred Scheuer
Bischof von Linz