50 Jahre Pfarrgemeinderat - wie alles begann
Heute, in seiner bereits 11. Funktionsperiode, ist nun der PGR durch seine erfolgreiche Entwicklung längst selbstverständlich geworden. Trotz mancher Skepsis gegenüber diesem Anfang demokratischer Mitbestimmung ist diese Laienmitverantwortung in der Kirche eine Erfolgsgeschichte geworden.
Das 2. Vatikanische Konzil hatte in der Kirchenkonstitution den Leitgedanken „Kirche ist Volk Gottes“ geprägt. Alle Christen sind durch die Taufe zur Mitverantwortung in der Kirche hineingenommen. Zu einer lebendigen Mitarbeit in allen Fragen des kirchlichen Lebens sollten die neuen Pfarrgemeinderäte entscheidend beitragen, wie die Linzer Bischöfe Dr. Zauner und Dr. Wagner in der Vorbereitung der 1. Wahl betont hatten. Die Diözesansynode hatte im Herbst 1971 die neue Pfarrgemeindeordnung, das Statut, die Geschäftsordnung und die Wahlordnung beschlossen. Darin heißt es: „Der Pfarrgemeinderat ist das kollegiale Leitungsgremium der Pfarrgemeinden unter dem Vorsitz des Pfarrers, das diesen bei der Leitung der Pfarre mitverantwortlich unterstützt und in den Fragen des pfarrlichen Lebens zusammen mit dem Pfarrer entscheidet.“
Als Hauptaufgaben des künftigen PGR wurden definiert:
- Gottesdienstgestaltung und Verkündigung
- Soziales und Caritas
- Erwachsenenbildung, Kinder und Jugendarbeit
- Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation in der Pfarre
Vorbereitung
Josef Panhölzl schreibt in der Pfarrchronik: „Viel Arbeit gab die Vorbereitung der PGR-Wahl am 08.04.1973. Wählerverzeichnisse, Kandidatenlisten und Stimmzettel mussten angelegt und Aufklärungsvorträge gehalten werden.“ Im Jänner 1973 wurde dem seit 1969 bestehenden Pfarrsynodenrat die Vorbereitung und Durchführung der Wahl übertragen. Im 1. Quartal 1973 wurden in intensiver Arbeit alle Vorbereitungen getroffen.
518 Personen waren in unserer Pfarre lt. Wählerverzeichnis wahlberechtigt (alle, die im Wahljahr das 17. Lebensjahr vollendeten). Die Kandidatenliste auf dem Stimmzettel enthielt 14 Frauen und Männer.
Wahl am 08. April 1973
Insgesamt nahmen 256 Personen an der Wahl teil, davon waren 251 Stimmen gültig. Der PGR bestand 1973 aus 13 Personen, davon waren 6 kraft ihres Amtes Mitglieder: Pfarrer P. Gottfried, Ferdinand Lehner (Pfarrkirchenrat), Ägid Lang (KMB), Christine Schütz (KFB), Helmut Beyerl (Jugend), Hermine Mittermair (KiGa). 7 Mitglieder wurden gewählt: Franz Gruber, Hermann Heisler, Helga Obermair, Ludwig Schiller, Karl Schwarzberger, Helga Schwarzberger, Hans Thumfart.
Die konstituierende Sitzung war am 30.04.1973, dabei wurde Hermann Heisler zum 1. Vorsitzenden-Stellvertreter gewählt.


Umsetzung
Der neue PGR nahm mit großem Elan seine Arbeit auf und startete mit einem 6-seitigem Fragebogen zu den vorangeführten Hauptaufgaben. Die Kirchenzeitung titelte: „PGR von Wilhering will es genau wissen.“ Alle Pfarrangehörige ab dem 15. Lebensjahr wurden um ihre Meinung zu diesen Fragen des pfarrlichen Lebens gebeten. Von den 480 ausgegebenen Fragenbögen wurden 136 (28%) beantwortet. Dieses Echo war erfreulich und es waren alle Altersgruppen ziemlich gleichmäßig vertreten. Bei den Antworten fällt rückblickend auf, dass vielen Themen zum Teil auch heute noch aktuell erscheinen.
Liturgie und Gottesdienst
U.a. waren 111 mit dem Gottesdienst zufrieden, geänderte Beginnzeiten wurden teilweise gewünscht. Die Liedauswahl fand die Hälfte richtig, ¼ aber einseitig, Abwechslung alte und neue Lieder. Zur Predigt äußerten sich die meisten positiv, manche wünschten sich praktischer und lebensnäher. Lautsprecherprobleme und Wünsche nach fallweisen Laienansprachen. Zur Gottesdienstgestaltung waren Wünsche nach aktiverer und abwechslungsreicherer Mitgestaltung (Jugend insbesondere) enthalten. Begräbnisansprachen bereits in der Kirche.
Erwachsenenbildung und Soziales
Die Arbeit der KFB und KMB wurde sehr positiv bewertet. 2/3 wünschen sich Veranstaltungen des Kath. Bildungswerkes für religiöse und Gemeinschaftsbildung, ein Drittel will Vorträge, Arbeitskreise, Bibelrunden, Familienrunden und Meditationsgruppen.
Im sozialen Bereich wurden verschiedene Dienste begrüßt wie Kranken- und Spitalsbesuche, Nachbarschaftshilfen, Autozubringer zur Kirche und Besorgungen, Babysitter, rund die Hälfte wäre dazu bereit.
Jugend
Dieser Bereich wurde immerhin von 30 Jugendlichen beantwortet, die auch bereit waren, in der Pfarre mitzuarbeiten(!). Gemeinschaft, Freizeitbeschäftigungen, Diskussionen, Kontakte zu Erwachsenen waren die Erwartungen an eine pfarrlichen Jugendarbeit. Im Pfarrleben wurden gesellige Veranstaltungen wie Pfarrball, Wanderungen, Pfarrausflüge, Bunte Abende, Theaterspiel und Wallfahrten von der Hälfte der Teilnehmer gewünscht.
Auf Basis dieser Fragebogenergebnisse wurden 3 Arbeitsgruppen bzw. Ausschüsse gebildet, die sich mit den Schwerpunkten Liturgie und Gottesdienst, Katholische Aktion und Erwachsenenbildung sowie Soziales und gesellschaftlicher Bereich der Pfarre befassen sollten.
Der Start der pfarrlichen Arbeit war – auch wenn dies Mitwirkung im pfarrlichen Angelegenheiten neu und ungewohnt war – von Aufbruchstimmung und der Bereitschaft geprägt, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Durch die aktive Beteiligung und Einbindung der Pfarrangehörigen war ein neuer Schwung in der Pfarre spürbar.
Sehr entscheidend dafür waren sicher die positive Einstellung und Offenheit des Pfarrers zum neuen Gremium, seine Motivationsgabe und sein Optimismus. Es war ja nicht selbstverständlich, die bisherige Alleinverantwortung künftig mit einem mitverantwortlich beratenden und entscheidenden Laiengremium zu teilen.
Ohne das persönliche Erinnerungsvermögen überstrapazieren zu müssen, darf gesagt werden, dass die Arbeit im PGR vom Geist freundschaftlicher Zusammenarbeit und Teamarbeit auf Augenhöhe geprägt und allen bewusst war, dass diese Tätigkeit keine Sache für „Einzelkämpfer“ ist.
Nach 50 Jahren Erfahrung mit dem PGR ist unserem Bischof Dr. Manfred Scheuer absolut beizupflichten, der kürzliche gesagt hat: „Der Pfarrgemeinderat ist ein Segen, gerade dort, wo Menschen ermutigt, begleitet, getröstet, aufgebaut werden.“
Autor, Mai 2023: Hans Thumfart