Pfarrer P. Johannes zum Fest Allerseelen
Betanien war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt.
Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten.
Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen.
Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.
Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben.
Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen.
Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag.
Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt,
und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?
Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.
Liebe Mitchristen!
„Ich bin die Auferstehung und das Leben!“
Dieses Wort Jesu ist die Mitte des Evangeliums von der Erweckung des Lazarus, des Bruders von Marta und Maria aus Betanien.
Vorweg dazu muss gesagt werden, dass das nicht heißt, dass wir den Tod nicht tragisch zu nehmen brauchen, im Gegenteil, wir müssen uns alle um die vom Tod Bedrohten besonders kümmern und haben eine große Verantwortung für diese Menschen. Auch das betont diese Evangeliumsstelle: Marta und Maria sorgen sich um ihren schwerkranken Bruder und leiten alles in die Wege, um ihn am Leben zu erhalten. Gerade deswegen denken sie an Jesus, der ihnen helfen könnte.
Dennoch gibt es im Evangelium von der Auferweckung des Lazarus die ganz wichtige Botschaft für uns alle:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ (Joh 11,25 f.)
Jesus antwortet damit auf das Bekenntnis von Marta: „Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am letzten Tag.“ Jesus korrigiert also die damals gängige Vorstellung eines Lebens nach dem Tod. Und die Aussage ist überraschend: Es gibt keinen Automatismus einer Ewigkeit, sondern das ewige Leben ist Beziehung, und zwar zum Gekreuzigten und Auferstandenen. Das eigentliche Leben ist nicht, was wir als Leben empfinden. Dieses Leben endet, es geht nicht weiter. Die österliche Beziehung ist von anderer Art. Sie stirbt nie. Wir spüren es vielleicht dann, wenn uns ein ganz lieber Mensch durch den Tod entrissen wird. Die freundschaftliche Verbindung lebt weiter. Wir sollten mit diesem Wort das Wort vom Schlafen verbinden, von dem Jesus eingangs gesprochen hat. Vielleicht sind wir alle wache Schläfer und erwachen erst, wenn wir uns glaubend so sehr an Jesus binden, dass er wirklich unser Leben ist. Wie sagte Jesus: Ich will hingehen und ihn aufwecken. Und: Ich will, dass ihr glaubt.
Möge es in unserem Leben immer wieder solche Augenblicke geben, in denen von diesem Leben in Fülle etwas aufblitzt, ja mehr noch: Mögen wir das Aufblitzen dieses vollen Lebens, das doch die tiefste Sehnsucht unserer Seele ist, auch wahrnehmen, uns von ihm treffen lassen.