Pfarrer P. Johannes zum 26. Sonntag im Jahreskreis
Liebe Pfarrgemeinde!
„Wie schwer ist es für einen reichen Menschen, ins Reich Gottes zu gelangen!“, sagt Jesus, und dieser Satz steht ähnlich in den ersten drei Evangelien, weil ein junger Mann das ewige Leben gewinnen will, sich aber von seinem Reichtum nicht lösen kann. Am deutlichsten spricht das Lukasevangelium von der Gefahr des Reichtums.
Im Alten Testament ist der Prophet Amos, der ca. 750 v. Chr. in Nordreich Israel gewirkt hat, der schärfste Kritiker der sozialen Ungerechtigkeit. In der heutigen ersten Lesung hören wir so wie letzten Sonntag einen Ausschnitt aus seiner Verkündigung, diesmal einen Weheruf gegen die Sorglosen, die auf den Betten aus Elfenbein liegen und faulenzen, und denen die Verbannung angedroht wird. Auch damals war eine Zeit, in der die Schere zwischen arm und reich weit auseinanderging.
Im Evangelium hören wir diesmal vom reichen Prasser und dem armen Lazarus, der schwer krank ist und vor der Tür des Reichen verhungert. In dieser Gleichnisgeschichte macht Jesus eine schmerzliche Wirklichkeit bewusst. Nicht der Reichtum wird verurteilt, sondern die Blindheit gegenüber denen, die arm sind. Der Arme „hätte gern seinen Hunger mit dem gestillt, was vom Tisch des Reichen herunterfiel.“ Die Hunde sind fast noch menschlicher, sie lecken an den Geschwüren des Armen.
Das Problem ist, dass der Reiche zwar immer wieder an Lazarus vorbeigehen muss, der vor seiner Tür liegt, aber dennoch weiter in Saus und Braus lebt, ohne sich im Geringsten um ihn zu kümmern. Auf unsere Zeit übertragen, scheint es die Spitzenmanager nicht zu kümmern, wenn die Ärmsten der Gesellschaft kaum Strom und Heizung bezahlen können, während sie Milliarden scheffeln. Der Prophet Amos schreibt für seine Zeit: „Selbst den Abfall des Getreides machen sie zu Geld.“, und „Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen, für ein Paar Sandalen die Armen.“ (Aus der ersten Lesung vom vorigen Sonntag).
Jesus zeichnet dann ein anschauliches Bild vom himmlischen Gericht: Da wäre der Reiche froh, wenn ihm Lazarus mit einem Tropfen Wasser die Zunge befeuchten würde. Schließlich kommt noch die Bitte, seine reichen Brüder zu warnen, und die Aussage des Stammvaters Abraham: „Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.“ Das ist schockierend! Ein Mensch kann in seinem Reichtum und seiner daraus folgenden Lebensweise so gefangen sein, dass er zu einer Kurskorrektur unfähig ist, auch wenn augenscheinlich seine Zukunft auf dem Spiel steht. Bei Jesaja steht ein Wort (Jes 22,13), das Paulus im 1. Korintherbrief zitiert: „Lasst uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot.“ (1 Kor 15,32) Was aber, wenn morgen das eigentliche Leben beginnt, das mit dem derzeitigen absolut unvereinbar ist?
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.