Das "Vater Unser" - ein alltägliches Gebet
Er legt uns diese Bitten ans Herz, weil er meint, dass es wesentlich ist für unser Leben, darum zu bitten. Die Sommerzeit, die vielleicht ein wenig mehr Muße bietet als andere Zeiten, könnte eine Gelegenheit sein, dieses uns so vertraute Gebet bewusster als sont durch zu meditieren. Einen möglichen Anstoß dzau finden sie hier.
Vater unser im Himmel
... beten wir, weil wir uns eine Instanz wünschen,
die es trotz allem Himmel werden lassen kann für uns,
weil diese Instanz ein Du ist, von der wir glauben möchten,
dass sie es gut mit uns meint,
weil wir einen Gott haben, für den wir ein Du sind,
ein liebevoll angesprochener Mensch,
kein Mittel zum Zwecke irgend eines Kalküls,
weil dieser Gott uns Orientierung ist und Maßstab unseres Lebens,
weil er uns den Rücken stärkt, wenn wir Angst haben.
geheiligt werde dein Name
... beten wir, weil unser Gott wirklich der Gott unseres Lebens ist,
weil wir über ihn nichts kommen lassen,
weil wir ihn wichtig nehmen und nicht dulden,
dass er zur Nebensache wird,
weil wir daran glauben, dass Ehrfurcht noch einen Platz hat
im modernen Leben und wir diese Ehrfurcht
auch seinen Geschöpfen schulden.
dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden
... beten wir, weil wir nicht zufrieden sind mit der Welt, wie sie ist,
weil wir uns eine Welt wünschen,
in der Gewalt aufhört und Friede beginnt,
weil wir nicht Ja sagen können zu einer Welt,
die jene nach ihrem Belieben gestalten können,
die genug Geld haben
weil uns Gerechtigkeit und Solidarität wichtiger sind
als Vorteile und Privilegien, auch wenn es unsere eigenen sind,
weil wir Gottes Hilfe bedürfen, wenn wir uns bemühen
um eine Welt, die so aussieht, wie er sie sich gedacht hat.
unser tägliches Brot gib uns heute
... beten wir, und meinen mit „uns“ alle Menschen,
weil wir es als unerträgliche Schande empfinden,
dass es Menschen gibt, denen das Notwendigste fehlt,
weil wir glauben, dass es kein Wirtschaftssystem,
keine Gesellschaftsordnung und keine sogenannten Werte gibt,
die Hunger rechtfertigen können,
weil wir wissen, dass die Güter der Erde
allzu ungleich verteilt sind
und weil wir uns einüben wollen
im Teilen, das diesen Namen verdient,
weil wir uns einüben wollen
in einen einfachen Lebensstil,
der dieses Teilen möglich macht
und der Gottes Schöpfung schont.
und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
... beten wir, weil wir unseren Frieden nicht finden,
ohne uns auszusöhnen mit den Menschen,
die uns nahe stehen und weh getan haben,
weil wir lernen müssen, uns selbst zu vergeben,
was wir nicht mögen an uns,
weil wir die Kraft dazu nur aufbringen,
wenn wir spüren, dass uns bereits vergeben ist
von dem, der für uns das Maß aller Dinge ist,
weil wir Konflikte nur lösen können, wenn wir lernen,
sie aus der Sicht des anderen zu sehen
und uns dabei selbst treu bleiben,
weil wir geliebt werden wollen, wie wir sind
und das nur bekommen, wenn wir selbst
die anderen annehmen mit ihren guten und schlechten Seiten,
weil Frieden nur sein wird mit Menschen,
die ihren Frieden gefunden haben.
und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen
... beten wir, weil wir darum wissen, dass die Welt
in der wir leben, gut und böse ist und
es nicht immer leicht ist, beides auseinander zu halten,
weil wir immer wieder verführt werden von Göttern,
die uns schmeicheln und doch versklaven -
vor allem: Geld und der Drang Macht auszuüben,
die uns nicht zusteht,
weil wir um unsere Leidenschaften wissen,
die so stark sind, dass sie Grenzen verletzen:
die Würde anderer und unsere eigene Integrität,
weil wir manchmal macht- und hilflos sind
gegen die zerstörerischen Kräfte in uns,
weil wir dazu neigen, das Böse zu verniedlichen oder zu leugnen,
weil wir manchmal die Wahrheit scheuen
über uns selbst und über andere,
weil jeder Kampf gegen das Böse sinnlos ist,
wenn er nicht ein Kampf für das Gute ist,
denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
... beten wir, weil wir wissen,
das all das von unserm Gott kommt und
weil die Welt immer noch und trotz allem
Gottes heilige Welt ist
und er uns die Kraft seines Heiligen Geistes schenkt,
die uns dazu befähigt, der Erde ein menschliches Antlitz zu geben,
in der durch seine Hilfe das göttliche Antlitz sichtbar wird.
Amen.
Text u. Foto (C) Burghard Ebenhöh