Papst Johannes XXIII.
Unsere Reisegruppe beschäftigte sich an diesem Samstag, den 4. Juni 2011 mit dem Tagesmotto "Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!". Bereits bei der Besichtigung von Bergamo war uns Angelo Giusppe Roncalli gegenwärtig, dann hatten wir in Sotti il Monte in der Dorfkirche, in der er getauft wurde, einen tiefen Gottesdienst gefeiert.
Am 25. November 1881 war er in dem einfachen Bauerhof, in dem wir nun der Dokumentation seiner Lebensgeschichte folgten, geboren worden und mit 12 Geschwistern aufgewachsen.
Am 10. August 1906 wurde er zum Priester geweiht und konnte in seiner beruflichen Laufbahn durch eine Vielzahl von verschiedenen und oft schwierigen und herausfordernden Aufgaben, die ihm anvertraut wurden, ständig sein Wissen und seine Erfahrung erweitern.
Durch seine menschenfreundliche Art, sein konsequentes aber weises Handeln, seine Güte und seinen Humor konnte er auch ausweglos scheinende Situationen meistern - etwa während des 2. Weltkrieges als Apostolischer Diplomat in der Türkei oder ab 1944 als Nuntius in Frankreich.
Am 12. Jänner 1953 wurde er von Papst Pius XII. zum Kardinal und Patriarchen von Venedig ernannt und am 28. Oktober 1958 zum Papst gewählt. Die Welt war beeindruckt, als er sich vorstellte: "Ich bin Joseph, euer Bruder."
Seine Mitarbeiter beruhigte er: "Ich bin kein bedeutender Papst, wie mein Vorgänger, ich bin kein schöner Papst - seht nur meine Ohren an -, aber ihr werdet es gut bei mir haben."
Bald kursierten viele Anekdoten über ihn. So auch diese: Ein junger Bischof klagte ihm, dass er wegen der schweren Bürde seinen Amtes nicht mehr schlafen könne. Johannes XXIII. lächelte und erzählte ihm, dass es ihm als neu gewähltem Papst ebenso ergangen sei. Aber dann sei ihm im Traum ein Engel erschienen. Dem habe er seine Not erzählt, worauf der Engel ihm antwortete: "Giovanni, nimm dich nicht so wichtig!" - "Seither", sagte er zu dem bedrückten Bischof, "kann ich wunderbar schlafen."
Als er am 25. Jänner 1959 in der Basilika St. Paul überraschend das Zweite Vatikanische Konzil ankündigte, löste er Erstaunen aus und Sorge in der Kurie, weil er es als Aggiornamento, als Verheutigung der Kirche beabsichtigte, um frische Luft in die Kirche zu lassen. Als erster Papst seit Pius IX. verließ er den Vatikan und die Römer nannten ihn deshalb Giovanni fuori le mura - Johannes vor der Mauer.
Am 11. Oktober 1962 eröffnete er das II. Vatikanische Konzil, in dem es sehr darum gehen sollte, nicht von einer Kirche als Haus voll Glorie zu träumen, sondern den Traum des durch Jesus angebrochenen Gottesreiches zu leben. Als erster Papst der Geschichte schrieb er seine bedeutende Friedensenzyklika "Pacem in terris" nicht an die Bischöfe oder die Katholiken, sondern an "alle Menschen guten Willens". Seine Einstellung zu den entgegengesetzten Strömungen in der Kirche zeigt sein Ausspruch: "Ich bin der Papst derer, die Gas geben, und derer, die aufs Bremspedal treten." Bezeichnend auch: "Tradition heißt, das Feuer hüten, nicht: die Asche aufbewahren!"
Am 3. Juni 1963 ging er heim zu seinem Herrn und Meister, auf den hin er sein ganzes Leben, Beten und Handeln auszurichten versucht hatte. In Erinnerung geblieben ist er besonders als "Papa buono" (Guter Vater).
Franz Schobesberger