aus: Alfred Hochedlinger: Pfarrkirche zum hl. Nikolaus in Mauthausen, Christliche Kunststätten Österreichs, Nr. 394, Salzburg 2003.
Von der Römerzeit bis ins Spätmittelalter
Mauthausen ist altes Siedlungsgebiet. Funde aus der Jungsteinzeit, hoch auf den Granitfelsen über den Donauauen, zeugen davon. Hier, am linken Donauufer, gegenüber der Ennsmündung, kreuzten sich zwei Handelswege: Von Westen nach Osten verlief die Schiffsroute der Donau bzw. die Limesstraße entlang der römischen Reichsgrenze (ab dem 6. Jh. v. Chr.), von Süden her die noch viel ältere Salz- und Eisenstraße mit einer Furt über die Donau, einem kurzen steilen Aufstieg auf den Höhenrücken und nordwärts weiter nach dem späteren Böhmen und Mähren. Die Errichtung des römischen Standlagers Lauriacum (heute Lorch, Stadtteil von Enns; 212 zur römischen Provinzstadt erhoben) und die Anlage eines Hafens am gegenüberliegenden Tabor (Felshügel) betonen diesen wichtigen Standort.
Ende des 10. Jahrhunderts gründeten die Babenberger eine Mautstätte. Rund um das Mauthaus hat sich wohl bald eine Siedlung gebildet. 1208 wurde der Name „Muthusen“ für die Ansiedlung zum ersten Mal erwähnt.
Als Zollstätte und Warenumschlagsplatz erreicht der Ort Wohlstand und erhält eine Reihe von Privilegien: eine eigene Marktordnung, niedere Gerichtsbarkeit, Stapelrecht, Straßenzwang. 1335 bezeichnet das Urbar von Baumgartenberg den Ort als „freien Markt“. 1446 bestätigt (der spätere Kaiser) Friedrich III. das Recht, „mit Stock und Galgen“ zu richten und hob damit Mauthausen aus der Reihe der einfachen Märkte heraus.
Kirchlich gehörte Mauthausen zur Pfarre Ried in der Riedmark (823 erstmals erwähnt) und damit zur Diözese Passau, bis 1122 das Gebiet an das Stift St. Florian fiel. 1420 wurde es zur Filiale mit eigenem Seelsorger für die Kirchen St. Nikolaus (am Berg) und St. Heinrich (an der Donau) erhoben.
Die weitere Entwicklung
Im Jahr 1424 wurden viele Häuser des Marktes von den Hussiten zerstört. Von 1544 bis 1599 hielten protestantische „Prädikanten“ Gottesdienst in der Heinrichskirche, ab 1578 gab es wieder katholische Messen in der Nikolai-Kirche. Drei evangelische Bürger des Marktes wanderten mit ihren Familien aus, um ihrem Glauben treu bleiben zu können. 1613 wird Mauthausen eine selbständige Pfarre. Sie ist dem Stift St. Florian inkorporiert.
Der Markt mit seinen Rechten war an verschiedene Pfandherren vergeben, u. a. an den Herzog von Bayern, an das Domkapitel zu St. Stephan in Wien und an Geschlechter der Umgebung. Die Herrschaft gelangte 1490 an Lasla von Prag. Dieser errichtete auf einer kleinen Felseninsel in der Donau zur Befestigung des Ortes das „Schloss Pragstein“. Von diesem ein Stück stromaufwärts wurde erstmals 1505 eine stabile Brücke über die Donau geschlagen. Zwischen den Inhabern des Schlosses und den Marktbürgern kam es immer wieder zu Streitigkeiten. Von 1552 bis 1790 unterstand der Markt dem Marktgericht.
Die Bauernkriege des 16. und 17. Jahrhunderts sowie der Dreißigjährige Krieg und die Türkeneinfälle gingen nicht spurlos an Mauthausen vorüber. Die Verkehrslage brachte den Durchzug von Soldaten mit sich. Kaiser Ferdinand II., Kaiser Leopold I., Kaiser Karl VI. und Kaiser Franz II. besuchten Mauthausen. Am 4. Oktober 1762 betrat der wohl berühmteste Gast Mauthausen: der sechsjährige Wolfgang Amadeus Mozart auf der Durchreise zur Kaiserin Maria Theresia. Unter Joseph II. wurde Mauthausen landesfürstlicher Markt. In den Franzosenkriegen wurde der Ort zweimal geplündert.
Die „Fliegende Brücke“ (1821), ein Fährschiff mit Verankerung am Schloss Pragstein, und die Eisenbahnbrücke (1871/72) für die Bahnlinie St. Valentin – Budweis brachten wirtschaftlichen Aufschwung.
Vor allem aber die Steinbrüche mit Granit von europaweit bester Härte lösten allmählich den Salzhandel ab. Viele Steinpflasterungen in Linz, Wien und Budapest, Brückenbauten und Fundamentierungen stammen aus den zahlreichen Abbaustellen entlang der Donau. Die Möglichkeit der Verschiffung trug zum Aufschwung bei. Bis zu 1.200 Steinarbeiter fanden Beschäftigung. Allerdings bedeutete jede Rezession am Bau auch Arbeitslosigkeit und Verelendung.
Das 20. Jahrhundert
Während des Ersten Weltkrieges befand sich im Osten des Gemeindegebietes ein Kriegsgefangenenlager. Russen, Serben und vor allem Italiener (zeitweise 40.000 Mann) waren auf dem weiten Gelände entlang der Bahnstrecke inhaftiert. An die 9.000 fanden den Tod. Ein internationaler Soldatenfriedhof erinnert an sie.
Überall in der Welt ist „Mauthausen“ als Synonym für die österreichischen Konzentrationslager des Nationalsozialismus bekannt. Im Westen des Gemeindegebietes (Wiener Graben) dienten von 1938 bis 1945 ausgedehnte Anlagen der Internierung von etwa 100.000 Menschen. An die 40.000 von ihnen wurden ermordet oder starben an den Folgen der unmenschlichen Arbeits- und Haftbedingungen.
Zum Schicksal der Bürger gehören die Hochwässer der Donau. Überschwemmungen der Schiffslände und der anliegenden Häuser kehrten vor Donauregulierung und Kraftwerksbauten alle Jahre mehrmals wieder; oftmals auch das „Eisrinnen“, das Brücken und Fähren zu schaffen machte. Große Hochwasserkatastrophen gab es zuletzt in den Jahren 1954 und 2002.