Aus der Chronik der Pfarre Linz-St. Michael
Literatur: Lore Seyfried, Hermann Edler, Franz Peter Handlechner. 25 Jahre Pfarrer von St. Michael.
45 Jahre Kirche Linz-St. Michael, (Festschrift hrsg. von der Pfarre Linz-St. Michael) Linz 2002.
Pfarre Linz-St. Michael (Hrsg.), Die Kirche St. Michael, Linz-Bindermichl. Ein Kirchenführer, Linz 1992.
Pfarre Linz-St. Michael, Chronik der Pfarre St. Michael-Linz, (unveröffentlichte Chronik) Linz 1982ff.
Die Notkirche St. Michael
Aufgrund der großen Bautätigkeit während des Zweiten Weltkrieges wuchs der Stadtteil Bindermichl rasch zu einem dicht bevölkerten Siedlungskomplex heran. Am 30. August 1945 baten die Direktoren der VÖEST Weihbischof Josef Fliesser um Errichtung einer Seelsorgestation für die Arbeiter des Werkes am Bindermichl. Bereits im Dezember 1945 wurde an der Uhlandgasse in nur drei Wochen Bauzeit eine 47m lange Barackenkirche errichtet, die bis 1957 als "vorläufige Notkirche" diente. Am Hl. Abend 1945 feiereten in diesem bescheidenen Gebäude rund 800 Menschen den ersten Gottesdienst. Per 1. Jänner 1946 errichtete der Bischof von Linz am Bindermichl eine eigene Pfarrexpositur und bestellte Josef Mayr zum Pfarrkuraten von St. Michael. Das nunmehrige Pfarrgebiet Bindermichl-Spallerhof war damit vollständig unabhängig von der Mutterpfarre Linz-Herz Jesu. Das Pfarramt wurde in einer Wohnung in der Werndlstraße 39 im 1. Stock eingerichtet.
Pfarrkurat Josef Mayr | Die Notkirche St. Michael: Außenansicht |
Das Ziel: ein zeitgemäßer Kirchenbau
Jahrelange Überlegungen und Verhandlungen begannen. Das Ziel: ein zeitgemäßer Kirchenbau. Nach einer längeren Planungsphase - Kurat Mayr reiste mitunter in die Schweiz und nach Deutschland, um dort Kirchenneubauten zu besichtigen - war es dann am 19. Juli 1954 so weit: Der Spatenstich zum Bau der neuen Kirche wurde gesetzt. Die VÖEST unterstützte die Pfarre bei der Beschaffung eines Baugrundes und stellte auch Baumaterial zur Verfügung: Stahl und Schüttbeton. So wurde die Kirche nach Plänen von VÖEST-Architekt DI Fritz Reischl von den Baufirmen Hamberger und Ferro-Betonit aus den Hüttenbaustoffen der VÖEST errichtet. Zunächst musste jedoch der rund 600m2 große Löschteich aus der Kriegszeit ausgepumt werden, dann erst konnten die Bauhütten und der Kran errichtet werden. Bereits am 24. Oktober 1954 feierte die Gemeinde mit Bischof Dr. Franz Zauner die Grundsteinlegung. Der Grundstein wurde hinter dem Altar in die Wand eingemauert. Der Bau der Kirche stellte für die Pfarre eine große Herausforderung dar - nicht nur finanziell: Bis zu 300 Freiwillige halfen mit und Pfarrkurat Mayr startete in den Jahren 1953-1957 39 verschiedene Spendenaktionen, die ein Ergebnis von 3,6 Mio. Schilling einbrachten. Mit viel persönlichem Einsatz gilt Kurat Mayr in diesen Jahren als Initiator und Motor des Kirchenbauprojekts.
Dachkonstruktion mit Lichtkuppel |
Außenansicht 1955 | Feier der Grundsteinlegung (???) |
Pfarrkirche St. Michael - um die Weihe am Michaelstag, dem 29. Sept. 1957 |
Die neue Kirche wird geweiht
Am 29. September 1957 wurde die neue Kirche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung von Bischof Dr. Franz Zauner dem Hl. Michael geweiht. Am Tag vor der Kirchweihe wurde im Innenraum noch fleißig gearbeitet - sogar eine Nachtschicht musste eingelegt werden. Pfarrkurat Josef Mayr und Bischof Dr. Franz Zauner nahmen die Einweihung des neuen Gotteshauses vor. Beim Festgottesdienst dirigierte Dompapellmeister Josef Kronsteiner die Augustinus-Messe. Anschließend wurde zum Festmahl geladen. Am Abend wurde in einer Lichterprozession das Allerheiligste von der Notkirche in die neue Kirche übertragen. Bereits eine Woche später begannen die Abbrucharbeiten an der Notkirche. Schon eine Woche zuvor waren am 22. September 1957 die fünf Glocken der Michaelskirche geweiht worden: Kriegerglocke (Ton E | 1142kg), Marienglocke (Ton G | 750kg), Barbaraglocke (Ton A | 466kg), Josefsglocke (Ton H | 315kg) sowie die Piusglocke (Ton D | 212kg). Die neue Kirche sorgte für großes Medienecho: Sie galt als der erste moderne Kirchenbau in Linz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Kirche war dabei freilich nicht unumstritten. In den Medien wurde eifrigst darüber debattiert, ob die neue Kirche am Bindermichl sakrale Kunst oder vielmehr Gotteslästerung sei. Das galt insbesondere für das etwa 300m lange Glasfries mit biblischen Motiven der Malerin und Glaskünstlerin Lydia Roppolt. Ungeachtet des zwiespältigen Verhältnisses zur modernen Ausgestaltung der Kirche am Bindermichl, wurde die Kirche durch die Opferbereitschaft der Bevölkerung zu einem Prunkstück im damaligen Linz. Die Erwähnung in zahlreichen Kunstpublikationen der 50er Jahre legt beredt davon Zeugnis ab. Mit 1. Jänner 1958 wurde St. Michael eine selbständige Pfarre und Kurat Josef Mayr zum ersten Pfarrer am Bindermichl. 1964 wurde das Werk mit der Orgelweihe - ein Werk des Kremser Orgelbaumeisters Hradetzky - vollendet.
Feierliche Turmkreuzweihe und Kreuzsteckung am 17. Juni 1956 | Pfarrkurat Mayr öffnet Bischof Franz Zauner das Kirchentor - Kirchweihe am 29. Sept. 1957 | Das schlicht gehaltene Presbyterium 1957 |
Kirchenraum-Neugestaltung im Geiste des Konzils
Bereits im Herbst 1982 kamen große Schäden am 300m langen Fensterband zum Vorschein. Im Zuge der notwendigen Restaurierung der Fenster sollten auch längst notwendig gewordene Arbeiten wie das Ausmalen, die Renovierung der Wochentagskapelle, die Sanierung der Eisenträger im Turminneren sowie des Kirchenvorplatzes und eine Neuordnung des Altarraumes bewerkstelligt werden. Auch eine Generalsanierung der Orgel - wie die Fenster durch die agressive Linzer Luft stark in Mitleidenschaft gezogen - stand auf der Agenda. Gleichzeitig sollte das Problem der "eiskalten Kirche" durch eine Abisolierung des Bodens bzw. den Einbau einer neuen, energiesparenden Bodenheizung gelöst werden. Nach sechsjähriger Planungs- und Sondierungsarbeit, in der v. a. auch die Frage des Umfangs der Arbeiten geklärt werden musste, konnte die Innenraum-Neugestaltung der Pfarrkirche von April bis November 1988 durchgeführt werden. Hinter den Maßnahmen stand freilich ein neues inhaltliches Konzept des Kirchenbaus: Das Gotteshaus sollte schöner, einladender und wärmer werden - aus der vorkonziliaren "Wegkirche" mit dem Priester weit vorne und weit oben sowie dem Volk dahinter, sollte eine nachkonziliare "Gemeindekirche" werden, die Priester und Gemeinde gemeinsam rund um den Altar versammelt das Gedächtnis Jesu Christi feiern lässt.
Trotz preisgünstiger und umsichtiger Planung sollten für Renovierung, Neuordnung und Sanierungsarbeiten - die Überholung der Orgel noch nicht inbegriffen - 10 Mio. Schilling aufgebracht werden. 4 bis 5 Mio. Schilling hatte die Pfarre zu tragen. Allein die Rettungsaktion des 250m2 großen Glasfrieses der Künstlerin Lydia Roppolt durch Experten der Glaswerkstätte in Schlierbach kostete rund 1,4 Mio. Schilling. Um den finanziellen Anteil der Pfarre zu schultern, ließ sich Pfarrer Franz Peter Handlechner etwas Besonderes einfallen. Seiner Pfarrgemeinde bot Pfarrer Handlechner einen Quadratmeter Fußboden um 1.800 Schilling "zum Kauf" an. Auch 0,1m2 der 1200m2 großen Kirche konnten um 180 Schilling erstanden werden. Im Rahmen der Generalsanierung erhielt auch die Orgel einem neuen Standort - erhöht im ehemaligen Altarraum. Dies wäre nicht nur idealer für den Volksgesang, sondern führe laut Experten auch zu einer wesentlichen Verbesserung der Akkustik im Kirchenraum. Bereits am 1. Adventsonntag 1988 konnte der neue Altar durch Bischof Maximilian Aichern unter großer Anteilnahme der Bevölkerung geweiht werden. Die kurze Zeit der Sonntagsgottesdienste im Pfarrzentrum bzw. in der Kapelle war damit vorbei, die Pfarrgemeinde hatte mit großen Anstrengungen einen modernen, der Theologie des II. Vatikanums entsprechenden Kirchenraum erhalten.
Innenraum-Neugestaltung 1988 | Blickrichtung Altar |
Instandhaltungsarbeiten an der Pfarrkirche
1995 wurden mit einem großen Jubiläumskonzert 50 Jahre Pfarre St. Michael gefeiert. Das Jubiläumsjahr ließ jedoch nicht darüber hinwegsehen, dass sowohl an der Pfarrkirche als auch bzgl. des Pfarrzentrums erneut enorme Investitionen ins Haus standen: Im Oktober 1996 begannen die Außenrenovierungsarbeiten an der Pfarrkirche: St. Michael wollte nicht nur eine offene und freundliche Gemeinde sein, auch das Äußere der Kirche sollte einladend sein: der Verputz wurde saniert, enorme Rostschäden an der Stahlkonstruktion des Turmes mussten innen wie außen behoben werden, Arbeiten an der Farbgebung und an der Verglasung führten zu Kosten von insgesamt ca. 3,9 Mio. Schilling - allein die Beseitigung der enormen Rostschäden am Turm kam auf knapp 3,2 Mio. Schilling.
Instandhaltungssarbeiten: | außen wie innen (1996) |
Neubau des Pfarrzentrums
Das bestehende Pfarrzentrum war fast 30 Jahre zuvor errichtet worden und war 1997 bereits an allen Ecken und Enden dringendst sanierungsbedürftig. Nach Schätzungen hätte eine Sanierung so viel gekostet wie ein Neubau. Zudem entsprach es nicht mehr den Erfordernissen der Zeit und war mit rund 7.000m2 Nutzfläche viel zu groß. Das alte Pfarrzentrum wurde also um 7 Mio. Schilling an die WAG verkauft, Ende 1998 wurde es abgerissen und an seiner Stelle von der WAG eine Wohnungsanlage errichtet. An einem neuen Standort entlang der Werndlstraße, im südlichen Teil des Parks um die Bindermichl-Kirche, wurde daher 1998 ein neues, kleineres Pfarrzentrum (ca. 1.500m2) - die "Arche St. Michael" - um ca. 23 Mio. Schilling errichtet: 60% wurden von der Diözese finanziert, 4 Mio. Schilling musste die Pfarre selbst aufbringen. Auch für den Neubau bewieß Pfarrer Handlechner Ideenreichtum: Jede Person, die 1.000 Schilling spendete wurde auf einem Ziegel mit einem Namenszug verewigt. Die WAG übernahm die Baubetreuung und kümmerte sich um die professionelle wie termingerechte Projektabwicklung: Im Eingangsbereich sollten größere Veranstaltungen abgewickelt werden können, die Seminarräume im Obergeschoss sollten den Gruppen der Pfarre zur Verfügung stehen. Ein eigener Raum für das sonntägliche Pfarrbuffet sowie das Pfarrsekretariat sollten im Erdgeschoss Platz finden. Die "Arche" sollte zu einer Drehscheibe der Begegnung am Bindermichl werden, ein gastliches Haus, in das die Leute gerne kommen. So sollte zum Pfarrzentrum auch eine eigene Gaststätte gehören, der "Platanenhof". Ein bedeutender Teil des neuen Pfarrzentrums war jedoch auch für die Jugend reserviert und wurde von der Stadt Linz unterstützt. Bessere Bedingungen für das offene Kinder- und Jugendzentrum sollten geschaffen werden, das bereits seit 1974 von einem eigenem Verein getragen wurde. Das neue Jugendhaus "Oase" sollte ein Ort für eine "unabhängige, offene Jugendarbeit" und ein Stützpunkt für Streetworker werden. Nach intensiver Planung und zähen Verhandlungen konnte im Herbst 1997 mit dem Neubau begonnen werden - Fertigstellung: Ende 1998. Planer des Pfarrzentrums war Architekt Helmut Werthgarner, die feierliche Grundsteinlegung fand am 24. Mai 1998 statt. Das neue Pfarrzentrum "Arche St. Michael" wurde schließlich am 26. Sept. 1999 von Bischof Maximilian Aichern feierlich gesegnet, das Jugendhaus "Oase" offiziell am 29. Okt. 1998 eröffnet.
Die Bauarbeiten beginnen: Herbst 1997 |
Grundsteinlegung am 24. Mai 1998: Bgm. Dobusch, Pfarrer Handlechner |
Segnung durch am 26. Sept. 1998. |
Eröffnung des Jugendzentrums "Oase" am 29. Okt. 1998 | Die "Arche St. Michael" - endlich fertig! |