Weil es in unserer Hand liegt
Kyrill im Jänner 2007 und der Bericht des UNO-Weltklimarates haben etwas verändert: Seither ist vielen gedämmert, dass es doch was auf sich haben könnte mit der menschengemachten Klimaveränderung und überhaupt damit, dass wir es in der Hand haben, was aus diesem Planeten wird.
Obwohl es schon in früheren Jahrzehnten Stürme und außergewöhnlich warme Winter gegeben hat, braucht unsere Gesellschaft offensichtlich Schlagzeilen und Katastrophen um zu glauben, was schon seit Längerem immer klarer wird: Die Menschheit lebt über ihre Verhältnisse: Wir verbrauchen Energie und Rohstoffe in noch nie dagewesenem Ausmaß, wir produzieren Unmengen an Müll und bringen Tier- und Pflanzenarten zum Aussterben.
Da man von ¾ der Erdbewohner absolut nicht behaupten kann, sie lebten über ihre Verhältnisse, trifft es das vierte Viertel, und das sind Amerika und Europa umso mehr: Wenn (fast) jede/r von uns ein Auto beansprucht, warum sollten nicht auch ChinesInnen ein Anrecht darauf haben. Dass das die Erde nicht verträgt, wissen wir freilich. Und plötzlich werden aus Umweltthemen Themen der internationalen Gerechtigkeit und damit Themen über Krieg und Frieden. Denn die meisten Flüchtlinge sind schon heute wegen Umweltkatastrophen auf der Flucht und die Hauptleidtragenden sind nicht die Hauptverursacher.
Sie wollen diese einmal genauer hinschauen?: Das Lebensministerium bietet unter www.meinfussabdruck.at einen Rechner an, in den sie Parameter ihres Lebensstils eingeben, z.B. wie viele Autokilometer sie fahren, womit sie heizen, wie viel Fleisch Sie essen… . Und er rechnet Ihnen aus, wie viel ha Erde sie für Ihre Lebensbedürfnisse brauchen. Pro Mensch stehen derzeit 1,8ha produktive Erdoberfläche zur Verfügung. Und mit einem durchschnittlichen österreichischen Lebensstil ist es nicht ganz leicht, damit auszukommen. Doch mit welcher Berechtigung nehmen wir uns mehr?
Aber was Sie auch lernen können: Es liegt in der Hand von Jedem und Jeder, etwas zu verändern. Und es macht Sinn: Denn Nachhaltigkeit, also eine Lebensweise, die die Lebensgrundlagen nicht zerstört und nicht mehr verbraucht, als das Ökosystem verträgt, ist eine große, aber auch lohnende Herausforderung. Und es gibt eigentlich keine Alternative dazu.
Gelingen kann es, wenn wir
- technische Alternativen forcieren: Stichworte Photovoltaik, Windenergie, Biomassenutzung…
- unseren Lebensstil korrigieren
Machen wir uns nichts vor: Effizienzsteigerung ist das eine, es braucht aber auch eine Korrektur des Lebensstils. Die Frage, wie viel genug ist, ist nicht nur aus spirituellen Gründen zu stellen, sondern auch aus ethischen. Beispielsweise wurde die gesamte Effizienzsteigerung bei Autos in den letzten 20 Jahren dadurch „aufgefressen“, dass wir mehr fahren. Lebensstilfragen sind zu stellen: Muss es die jährliche Flugreise sein oder müssen es Erdbeeren im Winter sein? Warum investieren wir ins Energiesparen immer erst, wenn es sich rentiert, wo sich der Geländewagen in der Garage doch auch niemals rechnet…
Zunehmend wird klar, welch unerträgliche Folgen die Fortführung der bisherigen Lebenstile zeitigt: Klimaerwärmung oder Agrotreibstoff, mit dessen Hilfe wir auf Kosten der Armen weiterhin Auto fahren wollen, sind nur einige Beispiele.
Gleichzeitig sind Modelle „guten Lebens“ gefragt, die mit weniger auskommen und nicht das schlechte Gewissen hinterlassen, die Lebenswelt der Kinder und Enkel zu beeinträchtigen. Die Tugend, mit wenig Gütern und Energie gut zu leben, wird eine Renaissance erleben und es braucht dringend Vorbilder!
ChristInnen glauben, dass die Schöpfung Geschenk ist und wir ver-ant¬wortlich sind, sie zu erhalten. Es ist an der Zeit, spannende Wege in die Zukunft zu beschreiten. Denn wir alle haben Entscheidungs-spielraum: Ob bei der Frage, wie viel wir heizen, wie viel wir mit dem Auto fahren, was wir einkaufen, wie wir unsere Kinder erziehen, wie wir die Freizeit gestalten…- es gibt eine Unmenge an Möglichkeiten, verantwortungsbewusst zu leben.
Darum: Wagen Sie einen ehrlichen Blick, schauen Sie sich ihren Ökologischen Fussabdruck an. Probieren Sie neue Wege aus und schreiten Sie leichtfüßig und ressourcenschonend in die Zukunft. Denn die Frage ist nicht, ob eine Umkehr sinnvoll ist - sie ist unvermeidlich - , sondern ob sie bald genug kommt.
Dr. Johann Neumayer
Umweltreferent der Erzdiözese Salzburg