Pressekonferenz zum Tag der Arbeitslosen
Wir haben einen Höchststand bei den Beschäftigten aber ein großes Problem mit dem Höchstmaß an Arbeitslosigkeit. Wir haben in Österreich aber auch in Oberösterreich ein sehr hohes Ausmaß an struktureller Arbeitslosigkeit, es fehlen zigtausende Arbeitsplätze.
Presseunterlagen in Langfassung als PDF (download)
Statement Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz: (Kurzfassung)
Aus zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen wissen wir, dass bei längerer Arbeitslosigkeit aufgrund von Ausgrenzung als Folge der materiellen Einschränkungen und aufgrund von Scham als Folge der psychischen Belastungen die menschliche Würde beeinträchtigt ist. Viele fühlen sich nicht mehr gleich wertvoll, wie jene die Arbeit haben und teilhaben können. Die ungleichere Verteilung bei den Einkommen - die niedrigsten steigen real nicht - und durch die Einkommensverluste aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, nimmt in unserer Gesellschaft die Gerechtigkeit ab. Auch wenn international betrachtet die Lage in Österreich etwas besser ist, muss auch bei uns wieder mehr zur Geltung kommen, dass Wirtschaften allen Menschen zu dienen hat und nicht Selbstzweck ist.
Die menschliche Würde wird dort verletzt, wo die Identität eingeschränkt wird. Das ist besonders beim Empfinden von Scham, der Fall. Um dies bei Arbeitslosigkeit möglichst zu verhindern, erscheint besonders wichtig (nach C. Sedmak):
- Persönliche Freiheiten arbeitsloser Menschen müssen auch bei strukturellen Gegebenheiten berücksichtigt werden.
- Arbeitslosigkeit darf nicht stigmatisieren oder ausgrenzen, Würde oder Identität dürfen nicht davon abhängen, ob jemand einen Arbeitsplatz hat.
- Die Erhaltung und Förderung der menschlichen Arbeitsfähigkeit muss durch geeignete Unterstützungsformen gewährleistet werden.
- Bei der Arbeitssuche in Dialogform müssen die Vorstellungen der arbeitssuchenden Menschen Berücksichtigung finden.
- Die soziale Absicherung, die Chancengleichheit sowie Lebensqualitätsbedingungen müssen vergleichbar mit allen anderen sein.
Was tun wir selber und was müssen wir fordern:
- Wir selber helfen nach unseren Möglichkeiten, beispielsweise in der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung 15 Jugendlichen bei der Berufsorientierung und beim Arbeitswelteinstieg, 25 Beschäftigten über gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung oder 18 StiftungsteilnehmerInnen mit Aus- und Weiterbildung in unserer diözesanen Arbeitsstiftung.
- Wir laden alle Pfarren in der Diözese Linz ein, in den Gottesdiensten dieser Tage die Lage arbeitsloser Menschen zu thematisieren. Dazu haben wir konkrete Gestaltungsunterlagen an alle 487 Pfarren in OÖ verschickt.
Daher ist die Politik in Österreich und auch auf EU-Ebene gefordert, mit Unterstützung der Sozialpartner, konkrete Maßnahmen zu beschließen, um die Arbeitslosigkeit wieder auf ein unvermeidbares Ausmaß zu reduzieren.
Statement ÖGB Landesvorsitzender Dr. Johann Kalliauer: (Kurzfassung)
- Investitionen für neue Jobs
Wenn in unserem Bundesland fast 49.000 Menschen keine Arbeit haben, dann ist klar, dass Arbeitslosigkeit nichts mit persönlichem Versagen zu tun hat, es fehlen schlicht und ergreifend Arbeitsplätze. Deshalb muss es oberstes Ziel der Politik sein, die Wirtschaft anzukurbeln und damit Arbeit zu schaffen.
- Mehr Kaufkraft schafft Arbeit
Auch eine Erhöhung der Kaufkraft würde die Wirtschaft ankurbeln. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen rasch eine Steuerstrukturreform, damit die jährlichen Lohnerhöhungen auch bei ihnen ankommen. Als Gegenfinanzierung bieten sich Vermögenssteuern an.
- Höheres Arbeitslosengeld
Ebenso wichtig ist es auch, die Kaufkraft derjenigen Menschen zu erhalten, die ihren Job verloren haben. Das Arbeitslosengeld muss zumindest auf EU-Niveau angehoben werden. Dass das Arbeitslosengeld zu niedrig ist, geht auch aus einer aktuelle Studie der Arbeiterkammer hervor: Mit dem niedrigeren Einkommen während der Arbeitslosigkeit kam fast jeder Zweite (48 Prozent) nicht aus.
- Arbeitszeit gerecht verteilen
Arbeit ist extrem ungerecht verteilt. Während viele ArbeitnehmerInnen (teils unbezahlte) Überstunden leisten, bleiben immer mehr Menschen auf der Strecke. Der ÖGB fordert deshalb eine Verkürzung der Normalarbeitszeit sowie der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit. Dabei müssen die Kaufkraft und damit der Lebensstandard der ArbeitnehmerInnen gesichert bleiben.
- Arbeit, aber nicht um jeden Preis
Die Zahl der ArbeitnehmerInnen steigt kontinuierlich. Es steigt aber auch die Zahl jener Menschen, die trotz Arbeit von Armut bedroht sind. Atypische Beschäftigung bietet oft keine ausreichende soziale Absicherung.
- Umfrage: Was arbeitslose Menschen brauchen
Um die Erfahrungen arbeitsloser Menschen zu dokumentieren, startet der ÖGB Oberösterreich am 30. April – dem Tag der Arbeitslosen – unter www.oegb.at/ooe eine Umfrage. Abgefragt wird neben persönlichen Geschichten, was die wichtigsten Anliegen arbeitsloser Menschen sind.
Statement Christine Patricia Hofmann als Betroffene
Eine Frau, die die Schwierigkeiten der Arbeitssuche und der Arbeitslosigkeit kennt, ist Christine Patricia Hofmann. Die 43jährige Jugendbetreuerin wollte nach der Beendigung des früheren Dienstverhältnisses unbedingt im Sozialbereich bleiben, „weil es mir taugt, mit Menschen zu arbeiten.“ Gut 100 Bewerbungen hat die Linzerin geschrieben, „das war schon ziemlich frustrierend“. Schließlich wurde sie vom AMS zur Volkshilfe Arbeitswelt vermittelt, wo sie in der Textilsortierung wieder Fuß fassen konnte im Berufsleben. Ein Jahr lang war sie als Transitmitarbeiterin beschäftigt – bis sie schließlich fix übernommen wurde.
Statement Mag.a Dorothea Dorfbauer, Vorsitzende Sozialplattform Oberösterreich für die Veranstaltergemeinschaft des Aktionstages zum Tag der Arbeitslosen – 30. April
Wir sind empört. Weil fast eine halbe Million Menschen ohne Arbeit sind. Ihnen wollen wir eine Stimme geben. Beim Tag der Arbeitslosen am 30. April, 10-16 Uhr, Martin-Luther-Platz Linz.
Dem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit sind bestimmte Personengruppen besonders ausgesetzt. Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Ältere und Ausländer und Ausländerinnen sind mehr als doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen als jene Personen, welche diese Merkmale nicht aufweisen.
Arbeitslosigkeit grenzt aus! Besonders für Jugendliche tragen Arbeitsplätze wesentlich dazu bei, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden, wirtschaftlich unabhängig zu werden und sich persönlich weiterzuentwickeln.
Um der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken braucht es eine faire Verteilung vorhandener Erwerbsarbeit und damit einen gerechten Anteil für alle am geschaffenen Wohlstand. Es darf nicht sein, dass die einen stets zu viel und die anderen zu wenig oder keine Arbeit haben.
Wir geben den Arbeitslosen am Aktionstag Tag der Arbeitslosen eine Stimme! Dieser wird von der Veranstaltergemeinschaft organisiert:
- Volkshilfe OÖ www.volkshilfe-ooe.at
- Verein Arbeitslose helfen Arbeitslosen www.vereinaha.at
- Sozialplattform OÖ www.sozialplattform.at
- Österreichischer Gewerkschaftsbund-OÖ www.oegb.at/ooe
- Katholische Jugend OÖ www.katholische-jugend.at/tag-der-arbeitslosen
- Katholische ArbeitnehmerInnenbewegung www.mensch-arbeit.at
- Bischöfliche Arbeitslosenstiftung www.arbeitslosenstiftung.at
Folgende Aktivitäten erwarten Sie:
- Speed-Dating mit Politikerinnen und Politikern:
Arbeitslose Menschen sind herzlich eingeladen, einer Politikerin, einem Politiker ihrer Wahl in einem direkten Gespräch Fragen zu stellen oder persönliche Anliegen mitzuteilen.
Soziallandesrätin Gertraud Jahn, Wirtschaftslandesrat Michael Strugl, AK-Präsident Johann Kalliauer, AMS-Landesgeschäftsführerin Birgit Gerstorfer, EU-Abgeordneter Josef Weidenholzer, Landtagsabgeordnete Maria Buchmayr und Ulrike Schwarz, Vizebürgermeister Christian Forsterleitner, Sozialstadtrat Stefan Giegler haben ihr Kommen zugesagt und stehen zwischen 10 und 16 Uhr am Martin-Luther-Platz in Linz für Kurzgespräche rund um das Thema Arbeitslosigkeit zur Verfügung. - Start der Befragung „Würde und Gerechtigkeit für Arbeitslose Menschen“
- Thementische: Diskutieren Sie mit uns zu den Themen Würde, Gerechtigkeit und Selbstermächtigung
- Livemusik mit dem Gegentonorchester
- Fotoshooting mit FAIRdl und FAIRena, die witzig ironischen KommentatorInnen der Kampagne „Wir FAIRsichern die Gesellschaft“
- Informationsstände der Organisationen der Veranstaltergemeinschaft runden das Angebot ab.
Nähere Informationen finden Sie unter www.facebook.com/tagderarbeitslosen, zu den Politiker-Gesprächen kann man sich unter tagderarbeitslosen@gmx.at anmelden.