Der Druck ist enorm!
In Oberösterreich gibt es scheinbar mehr offene Stellen als Arbeitslose, die beim AMS gemeldet sind. Der Fachkräftemangel, führt nun zu einem großen Druck auf alle Arbeitslosen und schlussendlich gibt es in unserem Bundesland anteilsmäßig die meisten Sperren beim Arbeitslosengeld. Das erscheint vordergründig logisch und es ist durchaus verständlich, dass sich Arbeitslose um eine Arbeitsstelle bemühen müssen.
Realität in der Sozialarbeit
Die Realität in der Sozialarbeit mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen, wie wir es im Verein Arge für Obdachlose erleben, erzählt meist eine andere Geschichte. Wir haben miterlebt, wie zu Beginn der Pandemie viele ihre Arbeit verloren haben. Und wie es in allen Wirtschaftskrisen üblich ist, sind unqualifizierte, ältere oder nicht mehr so gesunde Beschäftigte besonders betroffen. Der nun folgen-de Aufschwung nimmt diese aber oft nicht mehr mit. Die Profile der Arbeitslosen und der vielen Jobs passen einfach nicht immer zusammen. Ein Kupfermuckn-Verkäufer fand den Weg zum Bauernhof in St. Florian nicht, bei dem er sich als Erntehelfer bewerben hätte sollen. Ob der Bauer den älteren Arbeitslosen mit Bandscheibenproblemen eine Stelle gegeben hätte, ist zu bezweifeln. Für den Arbeitslosen bedeutete das aber eine sechswöchige Sperre des Arbeitslosengeldes. Sozialhilfe wird nicht gewährt, da die Arbeitswilligkeit durch eine Sperre des AMS nicht gegeben war. Ersparnisse aus besseren Zeiten waren längst aufgebraucht, da das Arbeitslosengeld nur etwas über der Hälfte des vorherigen Einkommens liegt. Doch wovon soll man die allernotwendigsten Zahlungen, wie für Wohnung und Nahrungsmittel bestreiten?
Bewerbungsversuche
Dutzende unbeantwortete Bewerbungsschreiben später – Firmen haben keine Verpflichtung auf Bewerbung für Jobs, die sie beim AMS gemeldet haben zu antworten - resignieren Arbeitslose immer mehr. Man versäumt einen Termin und die nächste Sperre ist dann acht Wochen lang. Nach drei Sperren müssen Arbeitslose die Anwartschaft auf das Arbeitslosengeld wieder neu erwerben und fallen somit vollständig aus dem sozialen Siche-rungssystem. Eine derartige Totalsperre bedingt auch, dass man sich beim AMS gar nicht mehr arbeitssuchend melden kann und auch keine Qualifizierung oder Unterstützung mehr erhält. Im Gesundheitsbereich sagt man dazu „ausgesteuert“. „Keine Arbeit – keine Wohnung; keine Wohnung – keine Arbeit“ so lautet der Teufelskreis in der Wohnungslosenhilfe, den es in unserer Arbeit immer wieder zu durchbrechen gilt. Dazu ist ein Mindestmaß an Existenzsicherung durch das Sozialsystem unabdingbar. Dass nebenbei Sozialleistungen – wie die Sozialhilfe - ohnehin mit den Preisentwicklungen bei Wohnen, Energie und Nahrungsmittel nicht mehr mithalten, wurde auch bei der 13. Österreichischen Armutskonferenz im Mai kritisiert. „Um ihre Miete zu zahlen, müssen die Betroffenen das aufbrauchen, was eigentlich für den notwendigsten Lebensunterhalt vorgesehen wäre. Hungern für die Miete!“
Als AMS-Kundin ist meine Situation nicht besonders gut.
Maria M., Kupermuckn-Verkäuferin (Bericht einer Betroffenen)
Der Textauszug stammt aus der Zeitschrift der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung info 134 | Juni 2022.
Die strengen Zumutbarkeitsbestimmungen für arbeitslose Menschen in Kombination mit den Sanktionen bewirken, dass der Druck bei längerer Arbeitslosigkeit enorm steigt und der Versicherungsschutz aufgeweicht wird. Das Arbeitslosengeld kann für 6 oder 8 Wochen auf Null gestrichen werden. In Oberösterreich wird im Vergleich mit anderen Bundesländern überdurchschnittlich oft sanktioniert. Dies ist etwa zu hinterfragen, wenn ein Dienstverhältnis in der Probezeit aus gesundheitlichen Gründen aufgelöst wird.
Im Vergleich mit einer Geldstrafe bei einer gerichtlichen Verurteilung entsprächen die Sperren einer unbedingten Strafe von 42 bzw. 56 Tagsätzen. Diese unverhältnismäßigen Sanktionen mit einer Totalsperre des Bezuges sind abzuschaffen. Mehr qualifizieren statt sanktionieren muss das Motto in der Betreuung arbeitsloser Menschen sein.