Außerhalb der Kirche Heil?
Christentum zwischen Vielfalt und Vermischung
Das Christentum steht heute wieder – wie zu Beginn seiner Geschichte! – einer Vielfalt von Religionen bzw. Ideen gegenüber. Es hat auch bei uns seine Monopolstellung verloren und ist eine Religion unter vielen geworden. Während im praktischen Alltagsleben durch GastarbeiterInnen die Begegnung mit dem Islam im Vordergrund steht, fordern auf religiös-weltanschaulicher Ebene die großen asiatischen Religionen heraus. Wie verbreitet asiatisches Gedankengut ist, zeigt insbesondere der Gesundheits- und Wellness-Bereich deutlich (Tai-qi-quan, Qi-gong, Yin-Yang, Ajurveda...). Geistig sind wir auf diese kulturelle und vor allem religiöse Globalisierung kaum vorbereitet.
1. Das Verhältnis des Christentums zu anderen Religionen
Religiöser Pluralismus als Herausforderung
Christen in unseren Breiten tun sich – aufgrund ihrer langen „Monopolerfahrung“ – mit der ungewohnten Situation religiöser Vielfalt schwer. Zwei Reaktionsweisen fallen in diesem Zusammenhang besonders auf: Es gibt Menschen, die sich in der eigenen Tradition einkapseln und andere wiederum sind so fasziniert durch das Fremde, dass sie die eigene Tradition aufgeben oder weitgehend relativieren.[1]
Konsequenzen für den interreligiösen Dialog
Wie beurteilt das Christentum „fremde“ Religionen?
- das exklusivistische Modell
- das inklusivistische Modell
2. „Außerhalb der Kirche kein Heil“?
Im Kontrast zum großen und weiten Denken des Zweiten Vatikanums steht die bis heute noch immer verbreitete Vorstellung: „Außerhalb der Kirche kein Heil.“[4] Geschichtlich geht dieser Satz: „Außerhalb der Kirche kein Heil“ auf Cyprian[5] zurück, der in der Mitte des 3. Jahrhunderts Bischof von Karthago war. Cyprian wirkte in einer Zeit, in der Christen wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. So wie Cyprian ist auch Origenes, der große Theologe aus Alexandria, überzeugt, dass außerhalb der Kirche niemand gerettet wird. Das gleiche Denken findet sich um 400 bei Augustinus und Hieronymus.
Neuinterpretation durch das Zweite Vatikanische Konzil
3. Symphonie der Religionen - Eine „unglaubliche“ Hoffnung
Baum und Vögel des Himmels: Reich Gottes und Völker mit ihren Religionen
Salz und Sauerteig
[1] Vgl. Werbick, Jürgen, Vom entscheidend und unterscheidend Christlichen, Düsseldorf 1992, 77 ff.
[2] So ist z. B. im christlich-buddhistischen Dialog der Schöpfungsglaube eine besondere Herausforderung. Buddhisten, inbesonders Theravada-Buddhisten, sind in der Regel nicht bereit, die Wendung „Bewahrung der Schöpfung“ in interreligiösen Dokumenten zu akzeptieren. Sie drängen vielmehr darauf, sie durch Formeln wie „Heiligkeit der Natur“ zu ersetzen, damit nicht der Eindruck entsteht, sie würden den Schöpfungsglauben teilen. Das Christentum drückt aber gerade mit dem Begriff „Schöpfung“ die „überwältigende Bejahung des endlichen Daseins“ aus.
[3] Hünermann, Peter, Jesus Christus, Gottes Wort in der Zeit. Eine systematische Christologie, Münster 21997, 365. Für Hünermann hatte die Begegnung mit Jesus Christus vor allem heilenden und offenbarenden Charakter, weil sie seine Beziehung zu Gott offenkundig gemacht hat. „Was er ist, wie er sich gibt, wie er mir entgegentritt, dies bezeugt, wie er sich selbst in dieses Geheimnis freigegeben hat. Es ist Ausdruck eines Daseinsvollzuges, mit dem er sich selbst hineingestellt hat in dieses unabsehbare Geheimnis.“ (ders., 367).
[4] Im Wesentlichen stütze ich mich dabei auf das Buch: Kern, Walter, Außerhalb der Kirche kein Heil?, Freiburg/Breisgau 1979.
[5] Cyprian: Epistula ad Iudaicum 21 - PL 3,1169 („Salus extra ecclesiam non est.“)
[6] Kern, Walter, Außerhalb der Kirche kein Heil?, Freiburg/Br. 1979, 15.
[7] Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, Artikel 2.
[8] vgl. Kern, Walter, Außerhalb der Kirche kein Heil?, Freiburg/Br. 1979, 64-69. Kern bezieht sich auf diesen Seiten auf Hans, Küng, Die Kirche, Freiburg/Br. 1967 (Neuausgabe München 1977).
[9] vgl. die mahnenden Worte Jesu und Johannes des Täufers. Beide kritisieren eine falsche Heilssicherheit, die sich auf die Zugehörigkeit zum Volk Gottes beruft. Z. B. Mt 3,8-9 (Täuferpredigt): „Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen.“ Oder Mt 8,10-12: „Jesus war erstaunt, als er das hörte (Anmerkung S.S.: die Worte des heidnischen Hauptmanns von Kafarnaum), und sagte zu denen, die ihm nachfolgten: Amen, das sage ich euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemand gefunden. Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen; die aber, für die das Reich bestimmt war, werden hinausgeworfen in die äußerste Finsternis...“
[10] Vgl. Heer, Josef, Symphonie der Religionen? Eine „unglaubliche“ Hoffnung. Anregung zur Bibelarbeit, in: Buddha und Jesus, Bibel heute (Zeitschrift des Katholischen Bibelwerks e.V. Stuttgart, 32. Jahrgang), Stuttgart 1996, 132f.
[11] Heer, Josef, Symphonie der Religionen, 133.
[12] Heer, Josef, Symphonie der Religionen, 132f.