„Nichts zu tun, ist keine Alternative.“
Warum ich mich als Frau in der Katholischen Kirche in Oberösterreich engagiere und einbringe ...
Ich hatte das Glück, als Kind in einem froh und stark machenden Glauben Wurzeln schlagen und wachsen zu können: Meine Eltern haben uns den offenen Austausch und das kritische Diskutieren gelehrt, auch in Glaubensfragen. Tief geprägt hat mich die Erfahrung, aus einer christlichen Überzeugung heraus Gutes zu tun, wie meine Eltern es zum Beispiel während des Balkankriegs gemacht haben. Diese Form des Glaubens will ich mit Leben erfüllen und wiederum meinen Kindern weitergeben. Dazu gehört, krank machende Strukturen zu erkennen und nach besseren Alternativen zu suchen: Die Katholische Kirche muss die tiefen Wunden, die sie durch ihre Rolle in der Kolonialisierung oder bei der systematischen Vertuschung von Missbrauchsfällen weltweit geschlagen hat, versorgen, um wieder glaubwürdig – also des Glaubens der Menschen würdig – zu werden. Konkret möchte ich dazu beitragen, die große christlich-feministische Schnittmenge herauszuarbeiten und mit Leben zu erfüllen – dem guten, gerechten Leben für alle.
Themen, die mir als Frau unter den Nägeln brennen ...
Der Backlash ist spürbar: Alte Rollenbilder von der Frau am Herd erleben auf Social-Media-Plattformen ein Revival, im Netz und am Stammtisch zelebrierter Hass gegen Frauen führt zu Gewalttaten und Femiziden, die lebensnotwendige und lebensspendende Sorgearbeit von Frauen wird nur zum Muttertag beklatscht und führt für viele Frauen mangels Erwerbsarbeit direkt in die Altersarmut – um nur einige Probleme zu nennen. Mich stört, wenn diese Themen in die „Frauenecke“ gedrängt oder kleingeredet werden, so als wären Sicherheit und Gerechtigkeit nur dann lohnende Ziele, wenn man selbst davon profitiert.
Diese gesellschaftspolitischen Themen stehen meiner Meinung nach jetzt an ...
Die Vereinzelung des Menschen macht einsam und krank. Während Menschen, durch Werbung befeuert, krampfhaft nach Selbstoptimierung streben, verlieren sie ihr zutiefst verwurzeltes Bedürfnis nach Gemeinschaft aus dem Blick. Die Kirche kann ein wunderbarer Nährboden für Solidarität sein, die in die Gesellschaft als Ganzes hinausstrahlt: Ich denke an die kirchlichen Jugendzentren, in denen junge Menschen aller Glaubensrichtungen willkommen sind, an die global vernetzten Programme von Ordensgemeinschaften, kfb und KMB zur Förderung von Schöpfungsverantwortung und wirtschaftlicher Eigenständigkeit oder an die für alle zugängliche Telefonseelsorge. Meine Vision ist eine Gesellschaft, in der Menschen einander als Menschen begegnen und wertschätzen – unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer sozialen Herkunft, ihrem Alter, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Beeinträchtigung.
Was oder wer mich beGEISTert und mir Kraft gibt, damit Kirche lebendig wird und in Bewegung bleibt ...
Audre Lorde verfasste 1977 den Essay „The Transformation of Silence into Language and Action“. Als afroamerikanische, queere Autorin, Feministin und Bürgerrechtlerin wusste diese Frau, was Diskriminierung bedeutet, und schrieb: „Your silence will not protect you.“ In nur sechs Worten fasst sie eine ganze Lebensphilosophie zusammen: Ich bin nicht sicher vor Herabwürdigung, Gewalt oder Armut, wenn ich den Kopf einziehe und nicht aufmucke. Das ist für mich ein starker Motor, um für meine Überzeugungen einzutreten und mich nach Rückschlägen wieder aufzurappeln. Nichts zu tun, ist keine Alternative.
Zur Person:
Mag.a Magdalena Welsch ist Frauenbeauftragte und Referentin für Gleichstellung der Diözese Linz.