Freitag 19. April 2024

Tischgemeinschaft

Wenn Arme bei uns sitzen und mit uns reden
Guests attend a Refugees Welcome dinner at Lapis restaurant in Washington, D.C. The goals of the evening: to bring locals together with refugees in their community and to break barriers by breaking bread.

Wir sind alle dafür, dass ein Armer und Abgehalfterter gleichen Wert hat wie ein Reicher. Und wir wollen, dass jene etwas zu sagen haben, die bisher stumm waren. Doch: Was wird sein, wenn es wirklich so ist?

Jakobusbrief Kapitel 2

1 Haltet den Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit, frei von jedem Ansehen der Person.

2 Wenn in eure Versammlung ein Mann mit goldenen Ringen und prächtiger Kleidung kommt, und zugleich kommt ein Armer in schmutziger Kleidung,

3 und ihr blickt auf den Mann in der prächtigen Kleidung und sagt: Setz dich hier auf den guten Platz!, und zu dem Armen sagt ihr: Du kannst dort stehen!, oder: Setz dich zu meinen Füßen! -

4 macht ihr dann nicht untereinander Unterschiede und fällt Urteile aufgrund verwerflicher Überlegungen?

5 Hört, meine geliebten Brüder: Hat Gott nicht die Armen in der Welt auserwählt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben des Königreichs zu machen?, das er denen verheißen hat, die

 

Markusevangelium Kapitel 7

32 Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren.

33 Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel;

34 danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich!

35 Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden.

36 Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt.

37 Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.

 

Die Anforderungen, die die heutigen Lesungen an uns stellen, machen mir Angst. Natürlich sind wir alle dafür, dass das so ist, wie es geschrieben steht: Dass der Arme und Abgehalfterte gleichen Wert hat wie ein Reicher, dass wir ihm oder ihr mit gleicher Wertschätzung und Würde begegnen. Und wir wollen, dass jene etwas zu sagen haben, die bisher stumm waren.

 

Und doch: Was wird sein, wenn es wirklich so ist?

 

Ein sizilianischer Kardinal – Francesco Montenegro, Erzbischof von Agrigent und Präsident der italienischen Caritas – hat jüngst mit scharfen Worten die Flüchtlingspolitik der italienischen Regierung kritisiert. Und er hat zugleich auch einen hohen Anspruch an uns Christinnen und Christen gestellt: „Wer den Nächsten zurückweist, weist Christus zurück“, sagte er. Christinnen und Christen könnten nicht das Brot der Eucharistie empfangen, „das nicht spricht, sauber und weiß ist, aber wenn dieser Jesus, an den ich glaube, den Fehler macht, sich in zerrissenen Hosen zu präsentieren, und stinkt und Hunger hat, dann halte ich ihn mir vom Leib“, sagte Montenegro.

 

Was werden die Armen erzählen, die an unseren Tisch kommen? Was werden jene sagen, die bisher stumm waren? Sie werden davon erzählen, dass ihre Armut kein Schicksalsschlag ist, sondern dass sie ganz bestimmte Gründe hat. Etwa dass 42 Menschen auf der Welt genau so viel besitzen, wie die Hälfte der anderen Menschen. Sie werden erzählen, dass wir hier für unseren Lebensstandard die Ressourcen von drei Erdbällen verbrauchen – zweimal mehr als der Anteil, der uns zusteht. Sie werden erzählen, wie die Folgen des Fleischkonsums die Regenwälder schrumpfen lassen und das Klima schädigen, genauso wie nur zehn Prozent der Weltbevölkerung durch den Flugverkehr die Atmosphäre für alle zerstören.

 

Dieses und ähnliches werden sie wohl erzählen. Und sie erzählen es immer drängender. Und weil wir die Not nicht hören, kommen diese Menschen zu uns. Sie geben dadurch persönlich Zeugnis von dieser Schieflage auf unserem Planeten. Das zu ändern, die Ausbeutung unserer Erde auf Kosten anderer zu beenden, das ist ein Frohbotschaft für die überwältigende Mehrheit der Menschen auf dieser Erde.

 

Aber eben nicht für die Minderheit, deren Teil ich selbst bin. Es geht nicht ums Teilen, wie wir es als Kinder gelernt haben: Gib halt etwas her, was dir nicht wirklich weh tut. Es geht um einen wirklichen Einschnitt: um eine neue Gewichtung meines Blicks auf die Welt, ums Verzichten: nicht um ein bissl Fasten, sondern um die Reduktion von zwei Dritteln meines Ressourcenverbrauchs. Und nicht nur ich persönlich, dass ich halt kein Plastiksackerl verwende und versuche weniger Auto zu fahren. Es geht um das Verhalten von uns allen, von jeder und jedem von uns in diesem Land. Noch einmal: Es geht um den Verzicht von zwei Drittel unseres Ressourcen-Verbrauchs. Das geht an die Substanz.

 

Deswegen machen mir die Aussagen der heutigen Lesungen Angst. Es sind nicht nur Schuldgefühle, die ich habe: Es ich tatsächlich Schuld, die auf mir lastet. Eine Schuld, die nicht mit einem einfachen „Ich bekenne“ verschwindet. Die ich nicht einmal gewollt auf mich nehme, sondern die mir aufgebürdet ist durch mein Leben im reichen Norden. Es ist so etwas wie die Erbsünde, eine Schuld, in die ich hineingeboren bin, die mich fesselt und die ich selbst durch individuelles Wohlverhalten nicht abstreifen kann.

 

Wenn der Arme und Abgehalfterte den gleichen Wert hat wie ein Reicher, dann will ich das. Und doch macht mir das Angst. Wenn jene reden, die bisher stumm waren, dann will ich das. Und doch macht mir das Angst. Denn was wird sein, wenn es wirklich so ist?

„Er hat alles gut gemacht“ wird im Evangelium Jesus für die Großtaten des Ewigen gepriesen. Das ist meine Hoffnung auch an diesem Tag, wenn ich bitte: Guter Gott, steh mir bei, dass deine Befreiung und Liebe für alle Menschen auch mir zum Heil gereicht. Amen.

 

Markus Himmelbauer

23. Sonntag im Jahreskreis B

9.9.2018

Namenstage
Hl. Leo IX., Hl. Autbert von Corvey, Hl. Gerold, Sel. Marcel Callo
Bibelwort von heute
Stein

Bibelwort zum Tag

Gott durchkreuzt Paulus Paulus war ein leidenschaftlicher Jude.
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