Glaube in der Krise
Covid-19: Wie sich mein Glaube in der Krise bewährt
Dienstag, 21.04.2020. Ohne Corona hätte ich heute sicher zwei Fixtermine. Und: Heute wäre Pfarrgemeinderats-Sitzung. Ich würde Protokoll schreiben. In eng sitzender Sesselrunde würden wir eine Menge besprechen. Anschließend wäre gemütlicher Ausklang im Foyer. Tatsache ist, dass es schon gefühlt endlos keine Pfarrtermine mehr gibt. Dass ich nach jedem TV-Gottesdienst am Sonntag deprimiert aus dem Wohnzimmer gehe. Das ist nicht meine Art der Sonntagsmesse, wie ich sie schätze und liebe. Ein paarmal hörte ich überglücklich in der fast menschenleeren Kirche unserer Organistin beim Üben zu. Liturgischer Luxus ist das, kam es mir in den Sinn. Gut, da war Fastenzeit. Aber nun ist Ostern vorbei und meine Ungeduld und Verunsicherung, wie lange diese Situation wohl jetzt so weitergehen würde, nimmt zu. Dabei fühle ich mich undankbar. Es geht mir ja doch viel besser als denen, die jetzt in der Krise bis zur Erschöpfung arbeiten müssen und sich Gefahren aussetzen.
'Jesus ist nicht mit dem Corona-Virus infiziert. Wir können ihm nahe kommen, wir brauchen keinen Abstand halten', schreibt unser Herr Pfarrer in seinem Osterbrief. Er hat Recht. Aber wie geht das, wo wir jetzt plötzlich völlig auf uns alleine gestellt sind? Ohne liturgische Hilfe. Ohne die Gemeinschaft der Mitglaubenden. Die Hauskirche ist armselig, musste ich feststellen. Zuerst hatten wir im engen Kreis der Kernfamilie große Pläne. Übrig geblieben ist ein schon gewohnt gewordenes Rosenkranz-Gebet mit meinem Mann an jedem Abend. Samstags sogar mit zwei Liedern. Übrig bleibt, was nicht allzu anstrengend ist. Vielleicht ist das auch schon viel. Und ein Gebet zur Speiseweihe beim Osterfrühstück zusammen mit unseren Töchtern in Wien via Skype. Unvergesslich. Unvergesslich traurig.
Also muss da noch etwas anderes sein, wenn sich mein Glaube jetzt in der Krise bewähren soll.
Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen.
Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit.
Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot.
Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer.
Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. (Joh 21,3 - 4)
Eine Stelle aus einem der beiden möglichen Evangelien vom kommenden Sonntag. Jesus steht am Ufer, doch die Jünger wissen nicht, dass er es ist. Er muss sich ihnen erst zu erkennen geben. Was ist passiert, dass Johannes plötzlich ausruft: 'Es ist der Herr'? Sie haben – entgegen ihrer langjährigen Erfahrung - auf sein Geheiß noch einmal die Netze ausgeworfen und konnten sie kaum mehr einholen, so voller Fische waren sie.
Das ist es auch bei mir, das meinen Glauben, auch wenn es gerade nicht leicht ist, am Leben hält: Er ist es! Er ist es, der sich immer wieder zu erkennen gibt. Gerade dann, wenn die Mutlosigkeit am größten ist. Da glückt plötzlich etwas, von dem ich geglaubt habe, es ist aussichtslos, und ich erkenne: Es ist der Herr! Da bekomme ich unerwartet ein E-Mail aus Kanada. Da spricht eine Schreibseminar-Leiterin auf einmal eine mir so vertraute Sprache. Da vergrabe ich bei einem Spaziergang mein Gesicht in einem Meer von Kirschblüten und erkenne: Es ist der Herr! Da tauche ich meine Hände in eiskaltes Quellwasser und spüre das kraftvolle Leben der Dotterblumen, die hier zwischen den Steinen wachsen. Da stimmt eine Amsel im Garten eine überaus laute und eindringliche Melodie an: Es ist der Herr!
Gott meines Lebens. Du Gott meiner Angst und Unsicherheit.
Du Gott meiner Hoffnung und meiner Freude.
Zeig dich uns als Auferstandener.
Zeig dich uns als einer, der uns berührt
in einer Zeit, in der wir Abstand halten sollen.
Zeig dich uns als der, der da ist.
Der immer da ist.
Amen.
Text: Marianne Gruber / Bilder: Marianne Gruber