Die Ballade vom Ritter Roderich zu Kürnberg
Herrr Roderich vom Kürnberg war gar ein gestrenger Mann.
Es braucht nicht viel der Worte, so fiel der Zorn ihn an.
Dann schalt er sein Gesinde, den Dienstmann und die Magd,
weh' dem, der da ein Wörtchen des Widerspruches wagt!
Sein Leibknecht Kurt, ein Waise, von Wörth bei Linz genoss
nicht eben bessere Tage als Rodrichs Hund und Roß;
den ersten mußte er füttern, das andre gut betreu'n,
und durfte kaum des Brotes und Wassers sich erfreu'n.
Der Arme aber duldet, er hat kein Pfühl (Bett) für's Haupt;
er hat nicht Gut, nicht Eltern, der Tod hat die geraubt.
Er duldet, dient und leidet, ein Christ im wahren Sinn.
Doch eben, weil er glaubt an Gott verhöhnet Rodrich ihn.
Und spottet einst: „Was liesest du Knapp im Büchlein hier?“
„Herr, das ist der Gruß des Engels, den gab der Priester mir;
s'ist eine fromme Bitte zur Jungfrau in der Not,
dass sie um Rat und Hilfe für mich vorbitt' bei Gott.“
Da lacht der Ritter höhnend: „Ist deine Schützerin
so mächtig, ei so krieche / zu ihren Füßen hin!
Drei Tage sollst du hungern, dann lehre uns die Tat,
ob Hilfe sie wird haben / für dich und gute Rat?“
Doch mächtig ist der Glaube. Maria, du mein Hort! (Zuflucht)
ruft Kurt, der fromme Knappe, und eilt zur Arbeit fort.
Und als am zweiten Tage / der Hunger arg ihn quält,
da läuft er durch die Wälder hinab ins Donaufeld.
Dort stand das Bild der Mutter, die uns das Heil gebar,
in einer Mauernische: dort bringt sein Leid er dar.
Dort weint er heiße Zähren (Tränen) und klagt sein großes Leid
der Hochgebenedeiten im hellen Sternenkleid.
Da rauscht es in den Bäumen; er wendet sich und sieht
Maria im weißen Kleide , vom Morgenrot umglüht.
Ihr Antlitz mild und strahlend, wie reinster Himmeltau,
ihr Aug' voll heil'gem Freieden, das winket ihm: „Vertrau!“
Jetzt jauchzt sein Herz in Freude, er sinkt in seine Knie,
die Jungfrau lächeld milde, wie Harfenton spricht sie:
„Du kommt in deinen Nöten zu mir um guten Rat,
und selig sind, die glauben , - die Hoffnung wird zur Tat!“
Darauf reicht die Gottesmutter / vom Baum ihm eine Frucht.
Die er vergebens früher / auf jenem Baum gesucht
und bricht von einem Strauche daneben einen Stab
und spricht: „Der soll dich leiten durchs Leben bis zum Grab.
Wenn dich die Not will drücken und nichts dich trösten kann,
dann nimm den Stab und blicke ihn dreimal sinnend an,
und denke an dein Leiden, die einst ein Größ'rer trug,
dem auch ein Stab wie dieser manch tiefe Wunde schlug.“
So sprach die hehre Jungfrau, dann schwand ihr Himmelsbild.
Und Kurt kehrt heim zum Schlosse / mit neuem Mut erfüllt;
Und trägt in seinen Händen den Stab, doch sieht er jetzt,
dass er auf allen Seiten mit scharfem Dorn besetzt.
Ein Kreuzdorn ist's – nun ahnt er Maria's rede Sinn -
und wirft von neuem betend auf seine Knie sich hin.
„Ja“ ruft er laut, „Maria, Du heiliger Gnadenborn,
du gabst als Trost in Nöten mir diesen Kreuzesdorn!“
„Den will ich mir beschauen, so oft der Spott mich höhnt,
und will dabei mir denken: Er hat auch den gekrönt,
der wie ein Lamm der Schlachtbank, von Schuld und Markel rein
mit Liebe hat vergolten / des Hasses wildes Schrei'n.“
„So will auch ich den Grafen , der mich so hart bedrängt,
für seine Strenge segnen – ihn segnen, wenn er kränkt.
Maria! Mutter! Bitte: dass ihm der Herr verzeih,
wie ich vergab – ihm gnädig auf seinen Wegen sei!“-
Da tönt ein leises Schluchzen, da stürzt ein Tränenquell,
da sieht der fromme Knappe – den Grafen an der Stell.
Der stand in seinem Rücken, der hörte sein Gebet,
dem hat's wie Himmelsäther sein starkes Herz durchweht.
Der stürzt in heißen Tränen jetzt nieder auf die Knie
und betet: „Herr, vergib mir. Ich kannte Dich noch nie!
Maria, Mutter Gottes, in Demut sink ich hin:
Du wollt'st zu Deinem Herzen mich armen Sünder zieh'n!
O, sieh', mich hat bezwungen des Knappen fromm' Gebet,
der duldend für den Quäler zu Gott um Liebe fleht;
o sieh, mich hat durchdrungen, der Gnade heller Strahl.
Zum Dank bau' ich ein Kirchlein im schönen Donautal!“
Drauf küsst mit heißen Tränen des Knappen Wang' der Herr:
„Du bist mein Sohn und Erbe“, spricht er, „kein Söldner mehr!“
Ein milder Herr der Seinen ward er, sein Wort war Tat.
Er baute auf das Kirchlein MARIA VOM GUTEN RAT.
Diese Ballade versucht, ganz im Spannungsfeld der damaligen Zeit des Biedermeiers, einem poetischen ideal einer heilen Welt folgend, die Läuterung eines groben Despoten (Ritter Roderich) mit der Entstehung der Wallfahrtskirche MARIA VOM GUTEN RAT zu erzählen. Laut Überlieferung, wurde diese Ballade von Franz Isidor Prosejko (1855) verfasst.
Historie:
Die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche in Dörnbach, damals „Torenbach“ (der dürre Bach) datiert zurück auf das Jahr 1333. In einem Ablassbrief von Papst Johann XXII. ausgestellt am 18.01.1333 in Avingnon, wird die Kirche in Dörnbach (Hl. Ulrich v. Aug.) gemeinsam mit den Kirchen in Kirchberg (Hl. Valentin), Schönering (Hl. Stephan), Axberg - damals Axbere (Hl. Blasius), erwähnt, worin jedem, der „mit gebeugten Knie beim läuten der Abendglocke drei Ave Maria betet, vollständiger Ablaß“, gewährt wird.
Quelle: Glockenkunde d. Diözese Linz, Prälat Florian Oberchristl, 1941.
Franz Winter