KBW-Vortrag: Etty Hillesum - Erotik und Religion
Die holländische Jüdin Etty Hillesum wurde im Herbst 1943 in Auschwitz ermordet.
Sie hatte das realistische Angebot, sich verstecken zu lassen, aus Solidarität mit ihrem Volk abgelehnt. In der letzten Phase ihres Lebens sprach sie mit ihrem Gott wie eine sich hingebende Liebende mit ihrem Geliebten. In ihrer von Zärtlichkeit geprägten Gottesrede erfährt sie ihren Gott als hilfsbedürftig. Ein Gott, der sie nicht vor dem Tod in der Gaskammer rettet, aber begleitet und ihr Schicksal teilt.
In ihrem Herzen steigt damit fast zur gleichen Zeit und in einer ähnlichen Lebenslage ein gleiches Gottesbild wie bei Dietrich Bonhoeffer auf. Verblüffend ist in diesem entscheidenden Punkt auch der Gleichklang mit der französischen Jüdin Simone Weil, die ebenfalls 1943 starb.
Etty Hillesum ist unfähig zu hassen und verbindet diese Einstellung mit ihrer Kunst der Bejahung des Lebens in der äußersten Gefährdung.