Musikalische Sommernachtsträume im Mariendom
Normalerweise ist er an der Bruckner-Orgel im Stift St. Florian anzutreffen. Doch den zweiten Stiftsorganisten von St. Florian verbindet eine ganz besondere Geschichte mit der Rudigierorgel, wie er vorab im auf.orgeln-Interview verraten hat: Für ihn ist die Rudigierorgel „eine Art Lebensbaum“ – zum Zeitpunkt der Orgelweihe am 7. Dezember 1968 war Etlinger nämlich gerade fünf Wochen alt.
Seine innige Beziehung zur 1968 von Marcussen & Søn erbauten Orgel brachte Etlinger im Orgelsommer-Konzert „Sommernachtsträume“ insbesondere in seinen feinsinnigen, farbigen Registrierungen und Klängen zum Ausdruck. Mit seiner Musik verzauberte er die zahlreichen Besucherinnen und Besucher – darunter auch weitgereiste Gäste aus dem fernen Baden-Württemberg und fast seine gesamte Orgelklasse am Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz, unter der sich auch zwei Geburtstagskinder befanden.
Etlinger trifft Bach
Mit Johann Sebastian Bachs prächtiger Sinfonia aus der 1731 zur Ratswahl musizierten Kantate „Wir danken dir, Gott, wir danken dir“, BWV 29, eröffnete Andreas Etlinger seine „Sommernachtsträume“. Verträumt ging es mit Etlingers „Fantasia in c“ weiter – diese hatte er 2013 improvisiert und 2018 nach einer Mobiltelefon-Aufnahme transkribiert (und „Mut zur Parallele“ bewiesen, wie die Noten zeigen).
An dieses Experiment schloss Bachs vokal-intim registriertes „Kommst du nun, Jesu, vom Himmel herunter auf Erden?“, BWV 650, aus den „Schübler-Chorälen“ an, das der am 19. August 1725 in Leipzig uraufgeführten Kantate „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“, BWV 137, entstammt.
Saint-Saëns trifft Bach
Camille Saint-Saëns‘ „Marche religieuse“, op. 107, begeisterte mit seinen groovigen Harmonien und Rhythmen das Publikum. Das im November 1897 entstandene Stück ist „Doña Maria-Cristina, Reine Régente d’Espagne“ gewidmet und wurde am 13. Dezember 1897 vor dem spanischen Königspaar Alfonso XII. und Maria-Christina auf der Cavaillé-Coll-Orgel von San Francisco el Grande in Madrid uraufgeführt. Die Charakteristik des in der Tradition der Prozessionsmärsche stehenden Stücks ist dabei besonders interessant, so schrieb der Komponist selbst am 11. Dezember 1897 an seinen Verleger Auguste Durand: „C’est une espèce de carillon comme la marche funèbre de Chopin mais d’un caractère joyeux.“ („Es ist eine Art Glockengeläut wie der Trauermarsch [Anm.: Klaviersonate Nr. 2, op. 35/3. Satz] von Chopin, aber von heiterem Charakter.“).
Aktualisierung erforderlich!
Um die AudioDatei abspielen zu können, aktualisieren Sie bitte Ihren Browser oder installieren Sie eine aktuelle Verison des Flash plugins.
Auf Bachs berühmten und beliebten Abendmahlschoral „Schmücke dich, o liebe Seele“, BWV 654, aus den „Leipziger Chorälen“ folgte eine weitere Kostprobe aus Camille Saint-Saëns‘ umfangreichem, aber selten gespieltem Orgelwerk: Eine der „Sept Improvisations“, op. 150. Entstanden sind diese zwischen Dezember 1916 und Februar 1917, als Saint-Saëns mit einer Bronchitis ans Bett gefesselt war. Der am 25. März 1917 im Théâtre des Nations in Marseille uraufgeführte Zyklus ist dem Organisten Eugène Gigout gewidmet und verdient nicht nur aufgrund der Verwendung gregorianischer Choräle, von Kirchentonarten und einem weiten harmonischen Vokabular Beachtung. Musiziert wurde der heitere Schlusssatz, der an ein altes französisches Weihnachtslied erinnert und mit „Allegro giocoso“ überschrieben ist.
Bach trifft Liszt und Guilmant
Nach Bachs „Ach, bleib bei uns, Herr Jesu Christ“, BWV 649, aus den „Schübler-Chorälen“ erklang – als Nachklang des vorangegangenen Hochfestes Mariä Aufnahme in den Himmel – Franz Liszts lyrisch-meditative Orgelfantasie über das „Ave Maria von Arcadelt“ (1863), das mit feinen, leisen Registrierungen fesselte.
Für den fulminanten Ausklang sorgte Alexandre Guilmants lebhafter Schlusssatz „Final: Allegro assai“ seiner „Première Sonate“, op. 42 (1874). Mit diesem Stück verbindet Andreas Etlinger das wohl überwältigendste musikalische Erlebnis seiner Jugend – er hörte einen Live-Mitschnitt dieses Werkes aus dem RadioKulturhaus Wien immer und immer wieder… immer und immer wieder hören können hätte man auch dieses Schlussstück mit seinen bombastischen Fanfaren…
Einfach schön!
„Delikat. Ausgewogen. Symmetrisch. Heikel. Schön.“ – mit diesen Worten beschrieb Andreas Etlinger im auf.orgeln-Interview sein Konzert „Sommernachtsträume“. Besonders hervorzuheben ist dabei wohl das letzte Attribut, wie man den Glückwünschen an den Künstler nach dem Konzert entnehmen konnte...
Auf ein wunderschönes Konzert darf man sich auch beim Raumklang für Klarinettenensemble und zwei Orgeln am 6. September 2018 freuen, das den Linzer Orgelsommer 2018 im Mariendom beschließen wird.
(sp)