Stille Rebellin
Die Idee, eine Woche in der Turmstube des Mariendoms zu verbringen, spukte schon seit 2009 durch ihren Kopf. Damals – im Kulturhauptstadtjahr – wurde das Projekt Turmeremit gestartet und Christa Prameshuber entdeckte beim Heimatbesuch in Linz ein entsprechendes Plakat. Sofort wusste sie: Das mache ich irgendwann mal auch!
Der Liebe wegen zog die gebürtige Linzerin bereits vor 35 Jahren in die Schweiz, sie lebt in Zürich und Montreux und arbeitete lange bei den Vereinten Nationen und in verschiedenen amerikanischen Firmen. Vor zehn Jahren begann sie zu schreiben, unter anderem über ihre rebellischen Tanten. Das Buch „Stille Rebellinnen“ ist soeben erschienen. Darin erzählt Christa Prameshuber persönliche Geschichten über und aus ihrer Zeit als Turm-Eremitin im Februar 2024.
https://christaprameshuber.ch/
Inspiriert von der ersten Eremitin
„Bereits bei der Vorbereitung auf diese Woche habe ich viel über Eremitinnen gelesen, diese Frauen wurden oft nicht ernst genommen“, sagt die Autorin. Sie entdeckte spannende Geschichten, darunter jene der ersten Einsiedlerin Wiborada, die als erste Frau von einem Papst heiliggesprochen wurde.
Als „geistigen Proviant“ nahm sie Gedichte, Zitate und Buchseiten von 35 Freundinnen mit in die Einsiedelei. Jeder Textspenderin schrieb sie daraufhin einen Brief aus dem Turm. „Ich habe es genossen, so viel Zeit zu haben und war begierig, diese Zeit zu nutzen“, sagt Christa Prameshuber. In den sieben Tagen als Eremitin las sie 16 Bücher und alle elf Tagebücher, die von den bisherigen Eremit:innen mit Gedanken und Geschichten gefüllt wurden. Auch ihnen ist ein Kapitel im Buch gewidmet, dessen Konzept und die ersten Seiten bereits in der Turmstube entstanden.
Jeden Tag traf sie sich mit ihrer spirituellen Begleiterin zu einem Spaziergang und genoss die inspirierenden Gespräche. „Ich war topfit nach dieser Woche, mehrmals täglich bin ich die 395 Stufen hinauf- und hinuntergestiegen.“
Magische Momente
Angst hatte sie nie, im Gegenteil. „Die Nacht im Turm war toll“, berichtet Prameshuber und gesteht: „Ich bin auf die Kanzel gestiegen und habe ein Gedicht vorgelesen und ich habe mich auf den Bischofsstuhl gesetzt.“ Einmal hatte sie auch eine nächtliche Begegnung im Dom, die aber den neuen Mesner mehr erschreckte als sie selbst. „Ich hatte einen roten Wintermantel an und eine Stirnlampe auf dem Kopf. „Der Mann dachte wohl, der leibhaftige Teufel steht vor ihm.“
Sie habe viele magische Momente im Mariendom erlebt, sagt die Autorin und zieht ein Resümee: „Die Perspektive ändert sich, man stellt sich viele Fragen und bekommt auch Antworten.“ Einige Monate später trat sie – sechs Jahre nach ihrem Austritt – wieder in die Kirche ein.
Veranstaltungs-Tipp
13. Februar 2025, 19.00 Uhr, Domcenter Linz:
Lesung mit Christa Prameshuber aus dem Buch „Stille Rebellinen – persönliche Geschichten aus dem Turmzimmer“ (Trauner-Verlag)
Eintritt frei - Anmeldung erbeten: domcenter@dioezese-linz.at
Text: Claudia Riedler-Bittermann