Warum der Mariendom ein Stier ist

In einem unscheinbaren Haus in der Hafnerstraße 21 liegt Gerda Rogers (83) astrologische Praxis. Hierher kommen nicht nur Linzer:innen, sondern auch Ratsuchende aus München, Innsbruck und Südtirol. „Sie finden mich gleich hinter dem Dom“, beschreibt sie den Weg für ihre weit angereisten Klient:innen, die Antworten in den Sternen suchen.
„Meistens bin ich montags und dienstags in Linz“, erzählt sie. Ansonsten lebt und arbeitet sie in Baden bei Wien.
Gerda Rogers ist ein Flüchtlingskind. Sie wurde in Mährisch-Schönberg geboren. Als sie und ihre Zwillingsschwester Renate drei Jahre alt waren, musste die Familie aus dem Sudetenland fliehen. Nach mehreren Stationen fanden sie schließlich in Steyr ein neues Zuhause. Gemeinsam mit ihrer Schwester gründete sie später die Modeboutique Eliette in Linz – ein Geschäft, das bis heute besteht.
Firmung vor 70 Jahren
Mit dem Mariendom verbindet Gerda Rogers viele persönliche Erinnerungen. „Ich wurde hier gefirmt – das muss etwa 70 Jahre her sein. Unsere Firmpatin war meine Tante aus München“, erinnert sie sich. Noch heute besucht sie den Dom regelmäßig. „Wenn ich hineingehe, zünde ich meist ein Kerzerl für meine Lieben an und denke an schöne Momente zurück“, sagt sie. Am liebsten ist sie dabei allein. „Ich bin ein gläubiger Mensch und finde in der Stille zu meinem Glauben.“
Auch auf Reisen zieht es sie immer wieder in Kirchen. „Ich bin da altmodisch – moderne Kirchen interessieren mich weniger. Ich liebe die alten Bauwerke mit ihrer Kunst und Geschichte“, sagt sie. So wie den Mariendom in Linz. „Ich freue mich sehr, dass so viel restauriert wird, damit er in seiner ganzen Schönheit erhalten bleibt.“
Nur eines vermisst sie: die Bäume auf dem Domplatz ihrer Kindheit – besonders die Birken. „Heute ist da nur noch nüchternes Pflaster.“
Stier und Venus
Der Grundstein für den Mariendom wurde am 1. Mai 1862 gelegt, am 1. Mai 1924 wurde er geweiht. „Der Dom ist also im Sternzeichen Stier geboren“, sagt Gerda Rogers. „Das passt perfekt: Der Stier steht für Beständigkeit und Schönheit. Er liebt Kunst, Kultur und Musik – und schafft Räume, in denen sich Menschen begegnen.“
Der Stier wird von der Venus regiert, ergänzt sie, und diese Venusbetonung zeige sich auch im Mariendom als Ort der Kunst. „Die Konzerte im Sommer gehören da dazu – sie sind wunderbar und spenden unheimlich viel Energie.“
Diese besondere Energie spürt Gerda Rogers auch in ihrer Praxis, wenn sie die Sterne befragt – besonders dann, wenn die Glocken des Doms läuten. „Ich liebe den Klang der Kirchenglocken. Wenn ich sie höre, weiß ich: Ich bin zu Hause.“
Text: Claudia Riedler-Bittermann