„Im besten Sinne 'all-Sonntags-tauglich'...”
Im Rahmen der Wort-Gottes-Feier am 17. Mai 2017 in der Pfarrkirche Linz-St. Leopold wird ein Set von vier Gesängen (Kyrie-Litanei, Antwortpsalm, Ruf vor dem Evangelium, Sonntäglicher Lobpreis) für die musikalische Gestaltung dieser immer stärker verbreiteten liturgischen Feierform unter Anwesenheit des Komponisten Peter Planyavsky (*1947) uraufgeführt.
Der Kompositionsauftrag für Musik für die Wort-Gottes-Feier an Sonntagen für KantorIn, Chor, Orgel und Gemeinde wurde von der Abteilung Liturgie/Kirchenmusik des Pastoralamtes der Diözese Linz an Peter Planyavsky vergeben. Vorab durfte das Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz einen Blick in die Komponistenstube des Peter P. werfen.
Wie darf man sich Sie beim Komponieren vorstellen? Wie entsteht ein Werk?
In vielen Fällen – und im Fall dieser neuen Stücke besonders – braucht es längere Beschäftigung mit dem Text: Wie ist er gegliedert, wo sind die Höhepunkte? Welche natürlichen Höhepunkte muss man vielleicht sogar glätten, damit es nicht zu einem ständigen Auf-und-Ab kommt? Wie gestaltet man die Beteiligung der Gemeinde, wie merkt sie, dass sie nach einem Chorteil wieder einsetzen muß? Noch ein Detail: Im Fall von relativ viel Text – anders etwa als bei einem kurzen Ruf vor dem Evangelium – muss man sich vor einem durchgehenden "Geplapper" des Chores hüten.
Wie sieht die Konzeption Ihres Sets von vier Gesängen für die Wort-Gottes-Feier aus?
Dieser Lobpreis mit seinen vier Teilen soll zu einem der Höhepunkte des Gottesdienstes hinführen, zum Gloria; es ist kein Teil, der (normalerweise) für sich selbst stehen könnte. Die Schwierigkeit ist also: wenn es zu reichhaltig und zu lang ist, wird das Gloria dann abfallen. Die neuen Teile müssen also festlich, aber nicht zu festlich sein, und die Komplexheit darf ein bestimmtes Maß nicht überschreiten.
Steht Ihre Komposition unter einem bestimmten Motto?
Nein – es ist funktionell und soll im besten Sinne "all-Sonntags-tauglich" sein.
Gibt es eine besondere Geschichte rund um die Entstehung Ihrer vier Gesänge?
Nein, alles ganz nüchtern: Andreas Peterl hat sich für die Arbeit in der Diözese die Wort-Gottes-Feier als Schwerpunkt für die nächste Zeit genommen, und deshalb hat er jetzt neue Kompositionen dafür angeregt bzw. beauftragt. Ich selbst habe allerdings mehrfach darauf hingewiesen, dass für diese neue Gottesdienstform akuter Gestaltungs- und Komponierbedarf besteht, und deshalb ist es folgerichtig, dass es jetzt mich "trifft" mit diesem Kompositionsauftrag.
Wenn Sie Ihre Komposition in vier Sätzen beschreiben müssten, was würden Sie sagen?
Es gibt natürlich Zusammenhänge zwischen den Teilen, nicht zuletzt durch den Kehrvers. Das alte Problem der Zurückhaltung im Harmonischen, das oft auftaucht, wenn die Gemeinde beteiligt wird, versuche ich zu umgehen, indem der Kehrvers auf verschiedenen Tonarten gesungen wird. Die Leute merken das allerdings nicht; sie nehmen nur wahr, dass beim dritten und vierten Mal "etwas anders" ist. Aber die Musik wird dadurch reichhaltiger, ohne komplizierter zu werden.
Was wünschen Sie sich für Ihre Komposition und für Aufführungen derselben?
Ach ja ... dass es "einschlägt", ohne allzu viel Mühe für Ausführende und Hörer zu bereiten. Andernfalls wird sich die angestrebte Vorbild- und Anregungswirkung nicht einstellen.
Werden Sie bei der Uraufführung Ihres Werkes anwesend sein? Was erwarten Sie sich?
Ja, ich bin dabei – ich bin einfach neugierig. Es ist ja ein Experiment.
Wie stehen Sie eigentlich im Allgemeinen zur Form der Wort-Gottes-Feier?
Ich habe ehrlich gesagt selbst noch wenig Erfahrung damit. Ich entnehme aus Artikeln und Gesprächen, dass so mancher doch lieber zwanzig Kilometer fährt, um an einer vollständigen Messe teilzunehmen; dass die Messe durch die neue Form ersetzt werden kann, wird im Bewusstsein der Gläubigen noch lange nicht im Vordergrund sein. Eine Chance, dass sich das ändert, gibt es nur dann, wenn die Wort-Gottes-Feier als eine eigenständige Form wahrgenommen wird, und wenn sie aufwändig gestaltet wird und eben nicht wie eine Messe mit Löchern oder eine ohne Hauptteil wirkt. Und genau diesen Zielen dienen die neuen Kompositionen.
Sie feiern in diesem Jahr Ihren 70. Geburtstag. Wenn Sie auf Ihr musikalisches Leben zurückblicken, wie sieht Ihr Resümee aus?
Ich hatte das Glück, dass immer wieder etwas Neues auf mich zugekommen ist – zum Beispiel: Bevor ich für einige Zeit die gesamte Musik am Stephansdom geleitet habe, hätte ich nie darauf gewettet, dass ich einmal so viel dirigieren würde. Ebensowenig hätte ich mir prophezeien lassen, dass ich einmal fünf Bücher und über hundert Artikel schreiben würde. – Ich glaube, dass ich auf dem Gebiet der Orgelbegleitung von Kirchenliedern weitreichende Impulse setzen konnte. Insgesamt kommt mir die Balance aus Angestrebtem und Erreichtem positiv vor; was mehr könnte man sich wünschen?
Und nachdem nicht nur mit 66, sondern auch mit 70 noch lang nicht Schluss ist: Was haben Sie in den nächsten Jahren musikalisch vor?
Ich muss Sie enttäuschen: ich habe keine konkreten Komponierpläne; aber das ergibt sich dann oft sehr rasch durch Anfragen. Meine soeben fertiggestellte Dissertation über den Komponisten und Organisten Anton Heiller hoffe ich bald veröffentlichen zu können. Es gibt eine Idee für ein weiteres Buch im Grenzgebiet von Fiktion und Musikgeschichte.
Quellenangabe:
Foto: Peter Planyavsky bei der Kulturpreisverleihung an Gustav Auzinger 2013. URL: https://www.meinbezirk.at/rohrbach/lokales/eine-pfiffige-laudatio-hielt-univ-prof-peter-planyavsky-bei-der-preisverleihung-m5520545,777320.html [Stand: 05/2017]. © Alfred Hofer (www.digifotos.jimdo.com)
(sp)