Jahresabschlussmesse 2019
Mehr Bilder vom Gottesdienst gibt's in der Bildergalerie zur Jahresabschlussmesse 2019.
Mit dem Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz und der Gemeinde feierte am 23. Juni 2019, dem zwölften Sonntag im Jahreskreis, Bischofsvikar und Domkapitular Johann Hintermaier den Gottesdienst um 10.00 Uhr im Linzer Mariendom.
Gestaltet wurde der Gottesdienst zum Abschluss des Studienjahres 2018/2019 von den Solisten Johanna Rosa Falkinger (Sopran), Rita Peterl (Alt), Josef Habringer (Tenor) und Manfred Mitterbauer (Bass), dem Chor des Konservatoriums für Kirchenmusik der Diözese Linz, dem Orchester der Dommusik Linz sowie Domorganist (und Direktor des Konservatoriums) Wolfgang Kreuzhuber an der Chororgel und Manfred Zott an der Rudigierorgel.
Als Ordinarium wurde die „Missa Sancti Dominici“ von Johann Caspar (Ferdinand) Fischer musiziert, der – obwohl er bis heute nicht allzu bekannt ist – zu den bedeutendsten Barockmeistern im süddeutschen Raum zählt. Kyrie und Gloria wurden dabei vom frischgebackenen B-Chorleiter Manfred Zott dirigiert, das Credo von Wilbirg Aichbauer, die bereits im vergangenen Jahr ihr B-Diplom in Chorleitung gemacht hatte. Sanctus, Benedictus und Agnus Dei übernahm Chorleitungslehrer Andreas Peterl. Ergänzt wurde die musikalische Gestaltung mit Gesängen aus dem Gotteslob sowie Wolfgang Amadé Mozarts Sonate in D-Dur, KV 144, zur Kommunion und den „Acclamations“ aus der „Suite Medievale“, op. 65, von Jean Langlais zum Auszug.
Im Fokus: Johann Caspar (Ferdinand) Fischer
Über die Biographie von Johann Caspar (Ferdinand) Fischer ist nicht allzu viel bekannt, obwohl der böhmische Komponist als Hofkapellmeister unter drei Herrschern das musikalische Leben am Hof der Markgrafen von Baden-Baden wesentlich prägte.
Johann Caspar (Ferdinand) Fischer wurde vermutlich im böhmischen Schlackenwerth (heute: Ostrov) geboren und am 18. Juni 1662 dort getauft. Am Piaristen-Kollegium der Stadt erhielt er die Grundlagen seiner musikalischen Ausbildung. 1695 publizierte er bei Laurenz Kroninger in Augsburg sein erstes Werk („Le Journal du Printemps“), das seinem Dienstherrn, dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (genannt „Türkenlouis“) gewidmet war. Das opulente Orchesterwerk in der Tradition der französischen Orchestersuiten gibt neben anderen Kompositionen, die viele typisch französische Elemente aufweisen, Anlass zu Spekulationen, Fischer könnte in Paris bei Jean-Baptiste Lully studiert haben. Belege für einen Parisaufenthalt gibt es allerdings nicht. Zu seinen bedeutenden Werken zählt auch „Ariadne Musica“, eine Sammlung von Präludien und Fugen für Orgel in zwanzig Tonarten, die heute als Vorläufer von Johann Sebastian Bachs „Wohltemperiertem Clavier“ gilt. Johann Sebastian Bach kannte im Übrigen die Werke Fischers, wie eine Korrespondenz zwischen Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Nikolaus Forkel vom 13. Januar 1775 belegt:
„Der seelige [Anm.: Johann Sebastian Bach] war, wie ich u. alle eigentlichen Musici, kein Liebhaber, von trocknem mathematischen Zeuge. […] [A]ußer Frobergern, Kerl u Pachhelbel hat er die Wercke von Frescobaldi, dem Badenschen Capellmeister Fischer, Strunck, einigen alten guten französischen, Buxdehude, Reincken, Bruhnsen u. dem Lüneburgischen Organisten Böhmen geliebt u. studirt.“[1]
1715 ist erstmals die musikalische Aktivität eines Hofkapellmeisters am Hof des Markgrafen von Baden-Baden belegt. Und dies war offenbar Fischer, denn im Herbst dieses Jahres wurde der Musiker von Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg, der Witwe des „Türkenlouis“, ins baden-württembergische Rastatt berufen. Schon zu Weihnachten desselben Jahres berichtet die Chronik eines Piaristen von umfangreichen kirchenmusikalischen Aktivitäten. Fischer wirkte bis zu seinem Tod am 27. August 1746 am Hof.
Bis in die 1970er-Jahre blieben Fischers geistliche Kompositionen von der Forschung unbeachtet, obwohl sie qualitativ Werken von Johann Joseph Fux oder Johann Kuhnau in nichts nachstehen. Im Prager Kreuzherren-Musikarchiv sind neben der im Rahmen des Gottesdienstes aufgeführten „Missa Sancti Dominici“ in d-Moll weitere sieben Messen zu finden.
Am Wort: Bischofsvikar Johann Hintermaier
Bischofsvikar Johann Hintermaier richtete in seiner Predigt den Fokus auf das Innehalten, das sich bei der Orientierung, der Ausrichtung des Lebens als besonders bedeutsam erweist. Bezugnehmend auf das Tagesevangelium (Lk 9,18–24) schilderte Hintermaier die Szenerie: „Jesus hält inne. Er hält inne auf dem Weg, wo er sich befindet – in Galiläa sind wir angesiedelt. So die ersten Kapitel des Lukas-Evangeliums, wo die Botschaft Jesu auf fruchtbaren Boden gefallen ist, wo sich viele Leute ihm angeschlossen haben, wo ein richtiges Aufblühen da war, Aufbruchstimmung. So wie jetzt auch wir unsere Feste zu dieser Zeit feiern, mit Pfingsten, mit Firmungen, mit Erstkommunionen. Viele schöne Feste sind da, da kann man sich freuen. Und da hinein legt Jesus einen anderen Blick oder einen weiteren Blick auf das Leben. Es scheint hier ganz unvermittelt zu kommen, dass er davon spricht. Der Menschensohn muss leiden. Er wird hingerichtet werden. Und es kommt das Wort hinein, das letztlich die Mitte unseres ganzen Glaubens ist: Aber er wird auferstehen.“
Hintermaier betrachtete diesen Moment des Innehaltens als Schlüsselstelle im Evangelium: Mit dieser Standortbestimmung werde der Blick auf die ganze Breite, Tragweite des Lebens gerichtet, so der Bischofsvikar. Und in dieses Innehalten hinein stelle Jesus die Frage an die Jünger damals, aber auch an uns heute: Für wen haltet ihr mich?
Das Innehalten im Gebet nehme im Lukas-Evangelium bei wichtigen Momenten und Entscheidungen eine wichtige Rolle ein – dazu Hintermaier: „Ein Stück inne zu halten, bevor man Antworten gibt, zu schauen, wer ist dieser Gott, dieser Jesus für mich. Und die Antworten, die da zunächst kommen – Johannes der Täufer, Elija oder Propheten – das sind nicht einfach zufällige Gestalten, die genannt werden, sondern das können auch für uns Anregungen sein im Denken, im Ausrichten, wer Jesus für uns ist.“
Daraufhin ging Johann Hintermaier auf die Genannten ein – er charakterisierte Johannes den Täufer als Symbol für den Umkehrruf. Denn hinter dem Ausspruch „Kehrt um!“ verberge sich das Wort „Richtet Eure Gedanken aus!“ – ausführlicher erklärte er: „Immer wieder auch inne zu halten, die Ausrichtung, die Orientierung zu suchen, dafür steht Johannes. Bei den verschiedensten Angeboten, die uns tagtäglich nahe gebracht werden: Was gibt Orientierung? Was ist Hilfe? Was führt uns weiter? Was brauchen wir unbedingt, weil sonst das Leben nicht geht? Was ist der Kern dessen? Einmal so abzuwägen, herauszuschälen: Was ist das Zentrale, das mir Orientierung gibt? Und wie lebe ich und wie gebe ich Orientierung auch weiter? Johannes der Täufer, der nicht auf sich selbst schaut, sondern verweisend immer der ist: Schaut auf Jesus, sein Leben, seinen Weg.“
Elija hingegen wurde von Hintermaier als Symbol der Zielsetzung, der Vollendung betrachtet: „Der Weg, den wir gehen, hat ein gutes Ziel, eine Vollendung, die mehr ist als wir selbst uns geben und machen können. Es ist uns eine Vollendung geschenkt, auf die wir hingehen. Und dieses Ziel bestimmt den Weg. Wenn ich weiß, wohin ich will, dann richte ich auch den Weg nach diesem Ziel aus. Das Gute anzustreben, heißt nicht zu warten, sondern heißt, es aktiv, konkret im Alltag zu tun. Täglich – sagt Lukas. Sich von dem bestimmen zu lassen, dass nicht einfach etwas zu erwarten ist, sondern dass dieses Ziel uns immer wieder auch Ansporn und Motivation ist, das Gute im Leben zu tun.“
Die Propheten mit ihrem Blick in die Zukunft zeichnete Hintermaier als jene, die sagen: „Wenn ihr den Weg, den ihr geht, so weitergeht, geht er in diese oder jene Richtung.“ Und er führte weiter aus: „[D]a hinein sagt Jesus, der Menschensohn wird leiden. Auch das ist das Heil des Lebens. Das Vollkommene haben wir in dieser Welt nicht. Das Vollkommene, das ist nicht die Wirklichkeit. Und dort, wo das Leben nicht vollkommen ist, [...] dort lässt uns Jesus nicht allein, ganz im Gegenteil. Er geht selbst dort hinein und zeigt mit seinem Leben, dass er stärker ist als das Unheil. Dass die Auferstehung es ist, die letztlich unser Leben bestimmt, diese Kraft Gottes, die er ist und die er gibt, die möchte er den Jüngern weitergeben.“
Mit folgender Einladung beendete der Bischofsvikar seine Predigt: „Wir sind eingeladen, hinter Jesus herzugehen, in den verschiedenen Bereichen und Bandbreiten des Lebens. Dort, wo es schön ist, dort, wo es gut geht, miteinander zu feiern, sich zu freuen – und dort, wo Menschen leiden, auch miteinander zu leiden, mitzugehen, sie nicht fallen, nicht liegen zu lassen, sondern ganz bewusst den Tod und die Auferstehung Jesu in die Mitte unseres Glaubens zu stellen, weil wir wissen, dass das eine Kraft ist, die nicht nur im Jenseits im Himmel vergolten wird, sondern uns im Hier, im Jetzt, im Alltag auch immer wieder neue Motivation gibt, dieses Leben, das Jesus gelebt hat, auch hier zu leben. Möge es uns gelingen, die Bandbreite des Lebens vom Glauben und von der Herrlichkeit Jesu erfüllen zu lassen, damit wir gemeinsam den Weg gehen, das Bekenntnis sprechen können: Du bist der Messias, der Gesalbte Gottes und Du bist der, der uns Kraft für unser Leben gibt.“
Am Schluss bedankte sich Bischofsvikar Johann Hintermaier herzlich für die musikalische Gestaltung durch das Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz und zeigte sich von den Studierenden begeistert, „[...] die nicht nur achtzehn Minuten Musik machen, sondern sich ganz auf die Botschaft einlassen und diese in ihrer Musik weitertragen“. Die mitfeiernde Gemeinde im Linzer Mariendom spendete dafür kräftigen Applaus.
Anmerkungen:
[1] Bach, Carl Philipp Emanuel (1775): Brief 202: An Johann Nikolaus Forkel, 13. Januar 1775. In: Suchalla, Ernst (Hrsg.) (1994): Carl Philipp Emanuel Bach: Briefe und Dokumente: Kritische Gesamtausgabe. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht.
Quellenangaben:
Hoffmann-Erbrecht, Lothar (1961): Fischer, Johann Caspar. In: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 190. URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11891958X.html#ndbcontent [Stand: 06/2019]
Badische Heimat/Landeskunde online (2008): Der Rastatter Hofkapellmeister Johann Caspar Ferdinand Fischer (1656-1746). URL: http://www.zum.de/Faecher/G/BW/Landeskunde/rhein/staedte/rastatt/jubi/auftakt.htm [Stand: 06/2019]
Wiechert, Gabriele (2014): Johann Caspar (Ferdinand) Fischer – seine tatsächliche Herkunft nun gefunden? Oder: Unsere böhmischen Ahnen. URL: http://www.genealogischefunde.de/pdfs/12_Johann_Caspar_Ferdinand.pdf [Stand: 06/2019]
Stefanie Petelin | 23.06.2019