Weniger Angst – mehr Mut!
Angst. Keiner und keine bleibt von ihr verschont. Der eine hat Angst vorm Zahnarzt, der anderen graut vor dem Gedanken, eine Rede zu halten. Wieder ein anderer hat Angst, wenn er ohne Vorwarnung zum Chef gerufen wird. Eine andere wiederum fürchtet sich, eine falsche Entscheidung zu treffen. Den einen ängstigt eine bevorstehende Operation, die andere hat Angst vor dem Alleinsein. Der einen ist bange vor der Diagnose nach einer Untersuchung, der andere wagt nicht, etwas Neues zu beginnen. Die eine hat Angst vor dem Versagen, der andere hat keinen Mut zum Verlassen bekannter Pfade. Der eine wagt nicht, Verantwortung zu übernehmen, die andere befürchtet, dumm dazustehen. Wieder ein anderer hat Angst, zu seiner Überzeugung zu stehen und Farbe zu bekennen – und einer anderen fällt das Neinsagen schwer. Einer ängstigt sich, die Hand zur Versöhnung zu reichen, die andere traut sich nicht, eine ehrliche Rückmeldung abzugeben. Manch eine hat Angst, jemandem zu vertrauen, einem anderen wiederum ist bange bei einer Entschuldigung. Tagtäglich haben viele Menschen Angst – aus verschiedensten Gründen.
Und wo Angst ist, ist Enge. Innen und außen. Nebenbei bemerkt: Diese Enge verbirgt sich schon im Wort selbst: „Angst“ kommt vom althochdeutschen „angust“, das wiederum auf die indogermanische Wurzel „angʰu“ für „eng, bedrängend“ zurückgeht. Unsere Ängste bringen uns in Bedrängnis, sie engen uns ein. Doch was nun?
Vielleicht ist hier Mark Twain gefragt, wenn er sagt: „Courage is not the absence of fear. It is acting in spite of it.“ („Mut ist nicht das Fehlen von Angst. Es ist das Handeln trotz dieser.“) Denn mutige Menschen haben auch Angst, entscheiden sich aber dafür, sich nicht von ihr bedrängen oder in irgendeiner Form einengen zu lassen. Oder wie Reinhold Messner meint: „Ein Held, der keine Angst hat, braucht keinen Mut. […] Die Angst ist die andere Hälfte von Mut.“ Und synonym für diesen Mut wird oft auch der Begriff „Courage“ verwendet. Die Courage verrät schon im Wortstamm, worum es geht, verbirgt sich im Begriff doch das Wort „cœur“, das sich wiederum vom lateinischen „cor“ für das „Herz“ ableitet. Das auf dieselbe Wortherkunft zurückgehende mittelenglische „courage“ zeigt wohl am anschaulichsten, worum es beim Mut geht – nämlich um „das, was in den Gedanken ist“, aber auch um Vertrauen, Lebhaftigkeit und Hingabe.
Jesus sagt im Matthäus-Evangelium zu seinen Jüngern: „Steht auf und fürchtet euch nicht!“ (Mt 17,7 EU) – laut Theologe Paul Zulehner spricht uns die Bibel an weiteren 365 Stellen Mut zu. Eine Portion Mut für jeden Tag. Und Mut lässt sich glücklicherweise trainieren – je öfter wir mutig agieren, umso leichter wird es mit der Zeit. Und nachdem uns täglich so viele Ängste begegnen, haben wir täglich zig Chancen, unseren Mut zu stärken und ein kleiner Held oder eine kleine Heldin des Alltags zu werden.
Weniger Angst – mehr Mut … dazu sind wir täglich aufgerufen. Mut, das eigene Leben zu leben. Mut, Probleme aktiv anzugehen. Mut, sich für etwas zu entscheiden. Mut, sich berühren zu lassen. Mut, auf das Du zuzugehen. Mut, Konflikte zu klären. Mut, sich couragiert einzusetzen für andere. Mut, sich auf Neues einzulassen. Mut, Fehler einzugestehen. Mut, zu widersprechen und anzuecken. Mut, mutig zu leben.
Stefanie Petelin | 13.03.2019