Johann Ludwig Bach: Ja, mir hast du Arbeit gemacht, JLB 5
Der Komponist
Nachzulesen ist Johann Ludwig Bachs Biographie bei der Einführung zur Kantate „Die mit Tränen säen“, JLB 8.
Das Werk
In einem Brief von Carl Philipp Emanuel Bach, der der Partiturabschrift der Kantate „Ja, mir hast du Arbeit gemacht“, JLB 5, beilag, heißt es:
„Kirchen Stüke von dem Herzogl. Meinungschen Capellmeister H. Joh. Ludewig Bach. […] In allen kommen Chöre vor; außerdem ist in allen eine gute Abwechslung von Soli Duetten, Recit. und Arien. Sie sind nicht gar lang. Die Arbeit ist durchaus fleißig u. besonders ein reiner Satz. Die Chöre sind ausnehmend. […] Überhaupt aber sind die Texte biblisch, u. so eingerichtet, daß man sie auf alle Zeiten brauchen kann.“[1]
Entstehung der Kantate
Johann Ludwig Bach komponierte die Kantate für den Sonntag Estomihi. Wie die Kantate „Die mit Tränen säen“, JLB 8, wurde auch diese Kantate des „Meininger Bachs“ von seinem Cousin dritten Grades Johann Sebastian Bach abgeschrieben und in Leipzig aufgeführt. Möglicherweise hatte Johann Sebastian diese bei einem nicht als sicher anzusehenden Besuch in Meiningen kennengelernt. Belegt ist eine Aufführung durch den Thomaskantor Bach am 3. März 1726 in Leipzig.
Die Partiturabschriften und der Stimmensatz Johann Sebastian Bachs gelangten nach dessen Tod in den Besitz von Carl Philipp Emanuel Bach. 1854 wurden diese von der Königlichen Bibliothek in Berlin angekauft. Seit dem zweiten Weltkrieg liegt der größte Teil in der Staatsbibliothek zu Berlin, ein Teil der Stimmen befindet sich in der Musikabteilung der Staatsbibliothek Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin.
Aufbau der Kantate
Komponiert ist die Kantate „Ja, mir hast du Arbeit gemacht“ für Sopran, Alt, Tenor, Bass, vierstimmigen Chor sowie Streicher und Basso Continuo. Der Kantatentext setzt sich aus Bibelworten (Jes 43,24f und Lk 18,31–33), zwei Strophen des Liedes „Herzliebster Jesu, was hast Du verbrochen“ von Johann Crüger (1598–1662) und freier Lyrik eines unbekannten Dichters zusammen. Für gewöhnlich sind Kantaten des „Meininger Bachs“, die aus Bibelversen, Kirchenliedern und freier Lyrik bestehen, nach dem Schema Alttestamentliches Dictum – Rezitativ – Arie – Neutestamentliches Dictum – Arie – Rezitativ (und Chor) – Choral aufgebaut. In der vorliegenden Kantate ist dem Chor ein weiteres Rezitativ mit einer Arioso-Einleitung vorangestellt.
Die Kantate „Ja, mir hast du Arbeit gemacht“ besteht aus zwei großen Teilen (prima pars, seconda pars), die sich aus jeweils vier Sätzen zusammensetzen. Damit trägt Johann Ludwig Bach der Tradition, Kantatenteile vor und nach der Predigt zu musizieren, Rechnung.
Auf eine getragene Bass-Arie („Ja, mir hast du Arbeit gemacht“), die bereits die Barmherzigkeit Gottes in den Blick nimmt, folgen ein Tenor-Rezitativ („Der Herr der Herrlichkeit“) und ein Duett zwischen Tenor und Alt („Ach, der Sünden Greul und Wust“). Der Bass beschließt den ersten Teil mit dem Rezitativ „Sehet, wir gehen hinauf“, das die Weissagungen der Propheten aus dem alten Testament zum Sterben Jesu wiedergibt.
Den zweiten Teil eröffnet der Sopran mit der zarten und wehmütigen Arie „Fließt, ihr Lieb- und Trauertränen“, die auf der Bibelstelle Lk 18,31–33 fußt und die musikalisch geprägt ist von den Worten „Fließt“ und „Trauertränen“, und dem Rezitativ „Dies ist das Reis’geschenk“. Mit einem Arioso („O wundergroße Lieb“), das Gottes Liebe zum Menschen in großer Not über alles stellt, leitet der Alt zum Schlusschor über, der Jesus zunächst in Form einer fugierten Imitatio gedanklich auf dem bitteren Gang nach Golgotha begleitet („Zieh, teurer Jesus, hin“) und die drohenden Schmerzen mit dem Passus duriusculus (chromatische Linien) in Musik verwandelt. Mit zwei Strophen des Chorals („O große Lieb“) schließt die Kantate in einem Dank aller Gläubigen für die große Liebe, die uns alle erlöst.
Die Klammer der Kantate bilden die Bass-Arie am Beginn und der Chorsatz am Ende, die in Tempo und Verlauf dieselbe Textur aufweisen. Besondere Bedeutung kommt in der Kantate, die die Erlösung der sündigen Menschen durch Gottes Liebestaten in den Fokus rückt, verschiedenen Elementen der musikalischen Rhetorik zu – die Chromatik (Passus duriusculus) spielt insbesondere in der Wortmalerei eine große Rolle. Textelemente, die im Stimmungsbereich der Worte „Tod und Trauer“, „Qual und Schmerzen“, „Sehnen und Tränen“ liegen, werden nahezu immer durch chromatische Linien ausgedrückt – entweder in den Sing- oder Instrumentalstimmen.
Text der Kantate
Prima Pars
1. Aria (Bass) |
Ja, mir hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden, du hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. Ich tilge deine Übertretung um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht. |
2. Recitativo (Tenor) |
Der Herr der Herrlichkeit, |
3. Duetto (Alt und Tenor) |
Ach! der Sünden Greul und Wust, er mich hat beflecket, hat in meines Jesu Brust solche Qual erwecket. Ich bin der böse Knecht, den er sollte meiden, und mein Heiland ist gerecht, der will Strafe leiden. |
4. Recitativo (Bass) |
Sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem, |
Seconda Pars
5. Aria (Sopran) |
Fließt, ihr Lieb- und Trauertränen, weil sich Jesus ohne Schuld läßt um meiner Sünde höhnen und erträget mit Geduld, daß ihn Marterdornen krönen, um mit Gott mich auszusöhnen und zu bringen neue Huld. Fließt, ihr Lieb- und Trauertränen. |
6. Recitativo (Sopran) |
Dies ist das Reis'geschenk, das ich dir weiß zu geben, |
7. Arioso (Alt) |
O wundergroße Lieb, o Treu, der nichts zu gleichen, weil sie auch Gottes Sohn aus Gottes Schoße trieb, mir in so großer Not, die Hand zur Hülf zu reichen. |
8. Chorus (Chor) |
Zieh, teurer Jesus, hin, ich schau dir sehnlich nach,
1. O große Lieb', o Lieb' ohn alle Maßen,
2. Ach, großer König, groß zu allen Zeiten, |
Anmerkungen:
[1] Zit. nach: Scheide, William H. (1959): Johann Sebastian Bachs Sammlung von Kantaten seines Vetters Johann Ludwig Bach. In: Dürr, Alfred / Neumann, Werner (Hrsg.) (1959): Bach-Jahrbuch. 46. Jahrgang. Berlin: Evangelische Verlagsanstalt Berlin. S. 52–94. S. 54.
Quellenangaben:
Max, Hermann (1982): Vorwort. In: Max, Hermann (Hrsg.) (1992): Johann Ludwig Bach: Ja, mir hast Du Arbeit gemacht. Stuttgart: Carus-Verlag. S. 2f.
Treiber, Fritz (1937): Die thüringisch-sächsische Kirchenkantate zur Zeit des jungen Joh. Seb. Bach (etwa 1700-1723). In: Deutsche Gesellschaft für Musikwissenschaft (Hrsg.) (1937): Archiv für Musikforschung. 2. Jahrgang. Leipzig: Breitkopf & Härtel. S. 129-159.
Stefanie Petelin | 31.03.2019