Blackout Poetry
Upcyling liegt im Trend. Und vielleicht haben Sie auch schon mal von Upcycling bei Büchern gehört – die einen basteln Bücherengel und andere kleine Geschenke oder sogar Möbel aus den nicht mehr gebrauchten Wälzern. Blackout Poetry ist auch Upcycling für Bücher – aber ganz anders. Was verbirgt sich also hinter diesen Blackout Poems, versteckten Versen oder Textverdunkelungen? Man arbeitet bestehende Texte um und lässt neue daraus entstehen, indem man vieles schwärzt. Man liest genau genommen „zwischen den Zeilen“ und haucht so nicht mehr gebrauchten oder vielleicht sogar uninteressanten Texten in Zeitungen und Büchern neues Leben und neuen Sinn ein.
Einzelne Wörter und Satzteile von fremden Texten in den Vordergrund heben, nicht mehr Gebrauchtes ausblenden. Aus alten Texten entstehen so neue Texte: Geschichten, Aphorismen, Gedichte, Satzminiaturen und vieles mehr ... eigentlich ist Blackout Poetry ganz einfach. Denn man kann sofort loslegen, ohne sich einarbeiten oder Material kaufen zu müssen. Man bewaffne sich nur mit alten Büchern oder Zeitschriften und ein paar Filzstiften und Markern in beliebigen Farben. Und schon kann es losgehen!
Schritt 1: Texte sichten und aussuchen
Egal ob es sich um den Stapel aussortierter Bücher, ausgelesene Magazine oder uralte Zeitungen handelt, die schon viel zu lange bei Ihnen herumliegen – das Material ist immer spannend. Welche Texte auch immer Sie nutzen – am Anfang sind vermutlich Texte mit großzügigem Druckbild einfacher zu bearbeiten, weil diese ausreichend Platz lassen, um einzelne Worte herauszuheben.
Stellt sich zunächst die Frage: Und welche Seite soll ich jetzt nehmen? Am besten gar nicht lang analysieren, sondern einfach irgendeine Seite wählen, bei der Sie ein Wort anspringt oder die auf Sie anderweitig optisch ansprechend wirkt. Aus jeder Seite lässt sich ein kleines Kunstwerk basteln – denn: Versteckte Verse verstecken sich eigentlich überall.
Schritt 2: Wörter aussuchen und einkringeln
Nun ist es an der Zeit, den Blick auf einzelne Wörter und Satzteile zu richten. Suchen Sie Wörter oder Satzteile, die Sie zu einem neuen Text mit neuem Sinn zusammenbauen können. Es kommt dabei gar nicht so sehr darauf an, dass die Textminiatur grammatikalisch korrekt ist oder die Sätze vollständig sind. Es geht um das assoziative Erschaffen von Neuem.
Je mehr Blackout Poems man macht, desto mehr Gestaltungsideen kommen. Drum ein Tipp: Kringeln Sie die favorisierten Wörter vielleicht zuerst mit Bleistift ein … falls noch andere Ideen auftauchen oder Sie auch noch andere graphische Elemente einsetzen wollen.
Natürlich hängt die Tonart des Blackout Poems von der gewählten Vorlage ab, weil der Wortvorrat aus einem bestimmten Genre oder Themenbereich kommt. Aber manchmal entstehen daraus auch ganz anders geartete Textminiaturen – immer sind sie unterhaltsam oder nachdenklich, humorvoll oder tiefgündig, blumig oder nüchtern und und und …
Schritt 3: Unwichtiges ausblenden und schwärzen
Hier ist Schwarzmalen erlaubt. Wenn Sie sich für einen versteckten Vers entschieden haben, schwärzen oder übermalen Sie alle anderen Passagen, sodass nur noch Ihr neu kreierter Text sichtbar bleibt. Sie können dabei tatsächlich alles mit dicken, fetten Strichen schwärzen – oder Sie malen Punkte und Striche, umrahmen die hervorgehobenen Wörter oder setzen kunstvoll graphische Skizzen passend zum Inhalt des neuen Textes um.
Sollte sich auch mal ein Vers entgegen unserer gewohnten Leserichtung im gewählten Material verstecken, kann man auch die Lesereihefolge vorgeben, indem man die ausgesuchten Worte miteinander verbindet und so den Lesenden oder die Lesende beim Erfassen unterstützt.
Und nun? Einfach anschauen und genießen. Oder gleich den nächsten Blackout Poem machen. Oder wie wär’s, auch mal in der Gruppe dran zu werken?
Lassen Sie sich von den zahlreichen Blackout Poetry-Beispielen inspirieren, die man im Netz finden kann – suchen Sie einfach mal nach den Begriffen „Blackout Poetry“ oder „versteckte Verse“. Zum Beispiel bei Dirk Bathen, Austin Kleon oder Tom Philipps. Letzterer zum Beispiel werkt schon seit 1966 mit der genialen Methode an seinen genialen „Humuments“.
Und die Kurzzusammenfassung zur Blackout Poetry gibt's hier in Videoform:
Stefanie Petelin | 12.03.2019