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Der russisch-deutsche Maler Alexej von Jawlensky widmete sich nach dem Besuch der Russischen Kunstakademie zunächst dem Realismus, in Deutschland entwickelte er nach Kontakt mit Künstlern des Blauen Reiter seinen eigenen Malstil, gekennzeichnet durch den ungewöhnlichen Einsatz von Farbe, Licht und Form. In den 1910er-Jahren entdeckte Jawlensky seine Faszination für das menschliche Gesicht und begann Jawlensky, Werkreihen von Gesichtern herzustellen (u.a. „Mystische Köpfe”, „Heilandsgesichter”, „Abstrakte Köpfe”, „Meditationen”). Bereits in seiner Kindheit dürfte Jawlensky mit der russischen Ikonenmalerei konfrontiert gewesen sein, sodass es nicht verwundert, dass seine Werkreihen in Format und Komposition an Ikonen erinnern und sich dem Symbol des Kreuzes annähern. Diesen sakrale Konnation erläutert er selbst so: „[...] und dann war mir notwendig, eine Form für das Gesicht zu finden, da ich verstanden hatte, dass die große Kunst nur mit religiösem Gefühl gemalt werden soll. Und das konnte ich nur in das menschliche Antlitz bringen. Ich verstand, dass der Künstler mit seiner Kunst durch Formen und Farben sagen muss, was in ihm Göttliches ist. Kunst ist Sehnsucht nach Gott.”[1]
„Dornenkrone”, so lautet der Titel dieses 1918 entstandenen Ölgemäldes. Hart und spitz stechen die Dornen in die Stirn. Schmerzerfüllt sind die geschlossenen Augen und der zusammengepresste Mund. Geduldiges Ertragen und innige Stille. Inmitten dieser Schmerzen, dieser Schmach ein Leuchten, ein Hoffnungsschimmer.
Das Bild lädt zu einer Bildmeditation ein: Das Bild auf sich wirken lassen. Das Bild beschreiben. Das Bild deuten. Sich vom Bild mitnehmen lassen.
Anmerkungen:
[1] von Jawlensky, Alexej (o.A.): Lebenserinnerungen". In: Weiler, Clemens (1970): Alexej Jawlensky. Köpfe – Gesichte – Meditationen. Hanau: Dr. Hans Peters Verlag. S. 125.
(sp)