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Fr. 04.03.22

mehr verwandeln

Markus Pühringer
blick aufs mehr
Markus Pühringer
Referent im URBI@ORBI

„ ... mehr auf unsere Träume,

Sehnsüchte und Wünsche hören ...“

mehr verwandeln | Fastenkalender 2022 des Konservatoriums für Kirchenmusik der Diözese Linz

 

Vermutlich kennen Sie die Geschichte von Frau Holle. Da beginnt die Geschichte damit, dass einem Mädchen eine Spindel in einen tiefen Brunnen fällt. Nun sollte man wissen, dass die Spindel in der Zeit, als Märchen von Generation zu Generation weitererzählt wurden, ein wesentliches Symbol sowohl der weisen Frauen, als auch der Hexen war. Sie war der Inbegriff der vollen „Weiblichkeit“.

 

Weil ich Märchen systemkritisch interpretiere, sehe ich in der Metapher von der Spindel, die in den Brunnen fällt, einen Hinweis auf unsere zweckrationale, ausbeuterische Welt, die im Märchen durch die böse Stiefmutter verkörpert wird. Das Märchen will also sagen: In dieser Welt ist die volle Weiblichkeit in den Brunnen gefallen. Sie ist nicht weg, doch sie ist tief unten.

 

Für meine Interpretation ist ganz wichtig, dass ich fest davon überzeugt bin, dass alle Menschen „weibliche“ und „männliche“ Anteile in sich tragen. In der östlichen Philosophie spricht man von Yin und Yang. Yin/Weibliches steht für das sich vollkommene Öffnen und Empfangen. Yang/Männliches steht für das sich absichtslose Verschenken an die Welt.

 

Wie auch immer: Das Mädchen Goldmarie wagt den Sprung in die Unterwelt, in den tiefen Brunnen. Sie tut das völlig absichtslos. Und sie erkennt, dass tief in ihr drinnen wundervoll für sie gesorgt ist. Da ist genug Nahrung; man muss nur die Brote aus dem Ofen ziehen. Und da ist genug Süßes; man muss nur die Äpfel von den Bäumen schütteln. Und schließlich ist da auch noch eine gute alte Frau, die zwar aufs Erste etwas schreckhaft aussieht. Das Mädchen lernt sie kennen und geht bei ihr in die Lehre. Goldmarie muss für das Haus sorgen und die Betten aufschütteln, sodass es schneit auf der Welt. Sie lernt also das zu tun, das gut für die Welt ist. Eigentlich lernt Goldmarie in ihrer Lehrzeit die volle „männliche“ Seite in ihr zu entdecken: das absichtslose Sich-Verschenken an die Welt. Dadurch wird sie schlussendlich verwandelt. Sie wird mit Gold überschüttet.

 

Ich glaube, wahre Verwandlung geht individuell nur so, wenn wir absichtslos in unsere Unterwelt, in unser Unterbewusstsein hinabsteigen und uns überraschen lassen, welche Geschenke dort auf uns warten. Das bedeutet, mehr auf unsere Träume, Sehnsüchte und Wünsche zu hören. Freilich gehört auch Mut dazu, doch wir brauchen uns dabei auch nicht zu überfordern.

 

Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass wahre Verwandlung kollektiv nur geht, wenn wir uns einschwingen in den Rhythmus der Natur. Die leitende Frage müsste sein: „Was können wir Mutter Erde geben?“ – So haben das viele indigene Völker getan. Wir in unserer westlichen Welt sind es gewohnt, nur zu nehmen. So sind in einen Strudel von ökologischen, sozialen und gewaltsamen Problemen geraten.

 

Mehr Verwandlung in diesem Sinne! – Das wünsche ich mir für Dich und für unsere Welt.

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Mehr rund um den Zauber der Verwandlung gibt's in Markus Pühringers Buch:

 

Markus Pühringer: Vom Zauber der Verwandlung

 

Pühringer, Markus (2021): Vom Zauber der Verwandlung. Grimms Märchen systemkritisch interpretiert: Froschkönig – Gänsemagd – Schneewittchen – Aschenputtel. St. Pölten: planetVERLAG. (Informationen beim Autor)

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