Donnerstag 28. März 2024
Linz 2009 - Kulturhauptstadt Europas

„Eine Woche im Schweigen ist lang“

Susanne Gross betreut im Pastoralamt der Diözese Linz das Referat für Spiritualität. Sie ist für die spirituellen Begleiter der Eremiten zuständig.

Susanne Gross

Mag. Susanne Gross

 

OÖN: Warum wollen sich Menschen freiwillig für eine Woche aus der normalen Welt zurückziehen?

Gross: Die Motive sind ganz unterschiedlich. Das geht vom Wunsch, eine Woche eine Ruhe zu haben, über etwas arbeiten und lesen wollen, bis hin zu neue Erfahrungen machen und schauen, was wird mit mir, wenn ich mich in 65 Meter Höhe die meiste Zeit aufhalte.

OÖN: Warum brauchen die Eremiten eine spirituelle Begleitung?

Gross: Eine Woche im Schweigen ist sehr lange, das unterschätzt man leicht. Man weiß nicht, was in dieser Zeit alles hochkommen wird, wenn sich jemand auf diese Stille einlässt. An schwierigen Punkten, wenn der erste Gefühlsschwall hochkommt, meistens am dritten, vierten Tag, haben Leute oft das Gefühl, das Bett ist zu hart, obwohl es am Vortag zu weich war, das Essen ist grauslich, obwohl es zuvor super war, und eigentlich geht sie alles an, und warum tun sie sich das an. Da muss man klug und behutsam schauen, worum es dabei eigentlich geht. Wenn man allein ist, weicht man diesen Dingen aus. Die Hilfe durch die Begleiter ist, die Menschen aufmerksam weiterzuführen, dass sie vielleicht eine neue Perspektive von sich selbst finden können.

 

OÖN: Wie extrem können Krisen werden?

Gross: Das kann sehr heftig werden – oder auch eine schöne, stille Woche mit vielen Friedenserfahrungen.

OÖN: Steigt die Nachfrage nach solchen Angeboten?

Gross: Ja. Das Problem dabei ist, dass viele Menschen der katholischen Kirche das nicht zutrauen, dass man sich bis zu zehn Tage in Exerzitienhäusern in die Stille zurückziehen kann, dass es da Leute gibt, die dafür ausgebildet sind, so etwas zu begleiten. Es ist oft schwierig, über diese Schwelle zu gehen, manche sagen, da gehen wir lieber zu den Buddhisten. Die Sehnsucht danach ist eine große – aber das ist keine Wellnessveranstaltung, da geht es ums Eingemachte. Es geht um ein Ernstnehmen unserer spirituellen Wirklichkeit.

OÖN: Kommen Leute zu Ihnen, die sich auf dem Papier von der katholischen Kirche verabschiedet haben oder sagen, „Ich glaube nicht mehr“?

Gross: Ja. Ich setze bei Schweigeseminaren nicht voraus, dass jemand katholisch oder christlich sein muss. Aber ich setze voraus, dass sich die Leute auf den Rahmen einlassen. Die Erfahrungen passieren dann von selbst. Die Stille fördert die Prozesse. (beli)
 

Quelle: Bericht aus den OÖN

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