Frauenwege in der Kirche

„Ich kann als Frau nicht dieselben Wege gehen wie ein Mann“
Etwas mehr als 30 Jahre Altersunterschied liegen zwischen der 32-jährigen Stefanie Hinterleitner und der 63-jährigen Paula Wintereder. Was sie gemeinsam haben: Ihr Engagement in der katholischen Kirche. Beide sind Pastoralassistentinnen, Paula Wintereder ist zusätzlich bereits seit sechs Jahren die Vorsitzende der katholischen Frauenbewegung Oberösterreich (kfb Oberösterreich). Sie wurde in ihrem Leben schon früh ermutigt, in der Kirche tätig zu werden. Bereits mit zehn Jahren stand sie in ihrer Pfarre als Lektorin vor den Menschen. Ministrantin konnte sie damals noch nicht werden - weil sie ein Mädchen war.
Bei Stefanie Hinterleitner war das bereits anders. Sie war Ministrantin in ihrer Heimatpfarre Helfenberg. Ihr damaliger Berufswunsch: Priesterin. Dass das nicht möglich ist, hielt sie nicht davon ab, trotzdem in der katholischen Kirche zu arbeiten. Nach der Matura entschied sie sich für ein Theologiestudium, mit dem Wunsch, Pastoralassistentin zu werden.
"Es überwiegt die Freude an der Arbeit"
„Als Frau in der Kirche zu arbeiten, ist herausfordernd“, sagt Hinterleitner. „Es ist offensichtlich, dass es eine Ungleichbehandlung gibt, ich kann als Frau nicht dieselben Wege gehen wie ein Mann.“ Das sei immer wieder herausfordernd, auch im Arbeitsalltag. So darf die Pastoralassistentin nicht nur keine Eucharistie feiern, sondern auch keine Sakramente spenden. „Das gehört für mich aber wesentlich zu einer Pastoral dazu – an den Lebensknotenpunkten der Menschen dabei zu sein.“ Von der Taufe über Erstkommunion bis hin zu Hochzeit und Sterben. „Da kann ich die Menschen nicht zu hundert Prozent begleiten.“ Natürlich gebe es Phasen, in denen sie dieser Ungerechtigkeit überdrüssig sei. Ans Aufhören denkt sie dann aber nicht: „Es überwiegt die Freude an meiner Arbeit.“
Paula Wintereder darf in ihrer Pfarre in Waizenkirchen zumindest taufen. Außerdem hat die Pastoralassistentin gemeinsam mit dem Pfarrer einen Weg gefunden, der in Richtung Gleichberechtigung geht. Bei Festen, die die beiden gemeinsam feiern, treten sie gleichberechtigt auf. „Zwar darf ich nicht alles tun, aber wir schauen, was mein Teil ist und was seiner.“
Als Pastoralassistentinnen hätten Frauen einen Platz in der Kirche bekommen - wenn auch einen beschränkten. Wintereder findet es wichtig, als Frau jene Gestaltungsräume zu nützen, die bereits gegeben sind - aber gleichzeitig auch immer wieder darauf aufmerksam zu machen, wo Ungleichbehandlung in der Kirche noch gelebt wird.
"Ich bin nicht eine, die frustiert ist innerhalb der Kirche, obwohl es manches Mal wirklich frustig ist." In ihrer Rolle als Vorsitzende der kfb Oberösterreich bekomme sie mit, dass darüber diskutiert werde, ob Gleichberechtigung innerhalb der Kirche nicht doch endlich umgesetzt werden sollte. "Wir spüren ein bisschen Aufwind in diese Richtung." Ein Mitgrund dafür, dass Frauen immer noch weniger erlaubt ist als Männern, sei eine Frage der Macht. Männer müssten einen Teil ihrer Macht abgeben und mit Frauen auf Augenhöhe sein, damit Gleichberechtigung Realität würde. Außerhalb der Liturgie gebe es auch in der Kirche Bereiche, in denen Frauen und Männer unter den gleichen Bedingungen arbeiten. Wintereder war etwa viele Jahre als Religionslehrerin tätig, erst kurz vor der Pension hat sie wieder in die Pastoral gewechselt. In der Schule hat sie die gleiche Bezahlung erhalten wie ihre männlichen Kollegen. Auch bei den Einrichtungen der Caritas sei das so.
Die Weihe als Hürde
„Es braucht nicht unbedingt die Weihe, um gleichgestellt zu sein mit den Männern“, sagt Wintereder. Für sie wären auch Beauftragungen eine Möglichkeit - das würde bedeuten, dass Frauen und Männer gleichberechtigt bestimmte Dienste übernehmen. „Mit der Weihe hat man das Gefühl einer Hürde. Jene, die diese Hürde nehmen, haben dann die Macht und das ein Leben lang.“ Gleichzeitig könne die Weihe niemandem mehr weggenommen werden, auch wenn jemand als Seelsorger „eigentlich viel Mist macht“.
Auch Hinterleitner sieht in der Weihe eine Barriere, "die unüberwindbar erscheint". Diese bleibt ihr als Frau verwehrt. „Als ich noch jünger war, hat mich das tatsächlich sehr geärgert und auch verletzt. Mittlerweile finde ich es nach wie vor ungerecht, aber es verletzt mich nicht mehr so.“ Denn sie weiß, dass sich das Weihamt ändern muss. „Ich sehe viele Priester, die bis zum Anschlag arbeiten.“ Die Verantwortungsträger seien außerdem zum Teil auch sehr überaltert. Für die Pastoralassistentin steht außer Frage, dass irgendwann auch Frauen geweiht werden müssten. "Die Kirche befindet sich in einer gewaltigen Krise. Ich verstehe nicht, wieso junge Frauen, die da wären, nicht entsprechend ihren Qualifikationen eingesetzt werden." Theologisch gesehen, „und das traue ich mir jetzt einfach mal so zu sagen“, gebe es kein Argument mehr, warum Frauen nicht Priesterinnen werden könnten. „Die Frage ist, was ist der Kirche wichtiger: Dass die Eucharistie - also das gemeinsame Mahl - weiterhin gefeiert werden kann oder dass Frauen nicht geweiht werden.“ Für die 32-Jährige ist die Antwort eindeutig: „Für mich steht das gemeinsame Mahl im Mittelpunkt unseres Glaubens. Alles andere ist zweitrangig.“
Text von Sarah Kowatschek, BA. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von www.nachrichten.at