Neuland betreten
Neuland betreten – Kompass neu einstellen – Vertrauen leben
Wenn ich als Frau neugierig oder doch unfreiwillig Neuland betrete, dann muss ich mich erst einmal orientieren.
Wo bin ich angekommen?
Was wird mich erwarten?
Wer bin ich in diesem ungewohnten Umfeld?
Und so geht es mir als Frau in dem Neuland Coronavirus. Ich musste mich orientieren. Ich habe mir Tag für Tag von ExpertInnen Wissenswertes angehört, um zu verstehen. Ich habe Zeit gebraucht, um mich wieder gut wahrnehmen zu können.
Erfahrungen aus meiner Frauenbiografie kommen mir da zugute.
Die meisten von uns wissen, was es heißt, das Elternhaus zu verlassen und einen eigenen Haushalt zu gründen. Da gibt es viel „Neuland“ zu erkunden. Viele von uns haben Schwangerschaft, das auf die Welt bringen und die ungewisse Zeit mit einem Kind danach durchlebt. Auch Neuland pur. Auch berufliche oder familiäre Veränderungen gehören zu unseren intensivsten Neuland-Erfahrungswelten.
Ich habe verstanden: Ich muss dieses Neue, dieses Ungewohnte, Neuland also, in mein Leben integrieren. Wie mir das gelingen kann? Es heißt, mir eine „Landkarte“ zu suchen und meinen inneren Kompass neu einstellen. Auf einer Landkarte haben vor mir Menschen Wege schon erkundet und für mich aufgezeichnet. Ich versuche, Bekanntes zu suchen – den inneren Kompass neu ein zu richten – mich neu auszurichten.
Diese gesundheitliche Krise, dieser unfreiwillige “Jede für sich und doch verbunden-Modus“ zwingt uns regelrecht, wie beim Einstellen des Kompasses, uns mal im Kreis zu drehen und Fixpunkte in der neuen Landschaft zu suchen.
Eine Erfahrung, die wir beim Ankommen an einem neuen Urlaubsort machen, kann uns da helfen. Instinktiv suchen wir erst einmal das Bekannte. Wo gibt es die notwendige Infrastruktur, wo das nächstgelegene Lebensmittelgeschäft, vielleicht einen Fahrradverleih, den ersehnten Badeplatz? Wir beginnen, in dieser anderen Welt eine passende Struktur zu finden.
Mein Mann kauft mal eine Landkarte – er findet sich so schnell zurecht. Wir beginnen, anzukommen und in einen Urlaubsmodus einzusteigen, nach und nach gelingt es uns. Jetzt sind wir bereit, eine Erkundungstour zu machen, nach interessantem Neuem Ausschau zu halten.
Und wohin mit meinen Fragen und Ängsten? Sie sind doch da! Wie lange wird dieser beängstigende Zustand dauern? Werde ich, werden die meisten von uns gut durch die Krise kommen? Mit soviel weniger Sozialkontakten, deren Verlust doch schmerzt und weh tut!
Eine Erfahrung im Umgang mit Ängsten sagen wir uns gegenseitig wieder zu.
Die Angst, die uns „überfällt“, will fürs Erste einmal mit dem Kopf wahrgenommen werden, weil sie doch da ist und da sein darf. Benennen wir, wie sich`s anfühlt, angsterfüllt zu sein.
Jetzt heißt es, „die Angst regelrecht an die Hand nehmen“, was bedeutet, ich bestimme wieder über mein Leben. Und dann zu spüren, wie die Angst wieder langsam von mir weicht.
Und wie gut, wenn wir nach und nach wieder zum Vertrauen finden.
Also, wir entscheiden uns, Vertrauen zu leben!
Als ChristInnen haben wir mit unserer lebenslangen Glaubensschule hier schon viel geübt. Ein Bild aus der Frohen Botschaft, das mich dabei sehr unterstützt: Jesus kommt den Jüngern beim Sturm auf dem See (Mk 4, 35 -41), wo diese wirkliche „Angst-Stürme“ erleben, zu Hilfe.
Jesus befiehlt dem Angst-Sturm „Sei still!“
Und die Angst legte sich.
Das wünsche ich uns, dass sich die Angst immer wieder legt und es uns gelingt, das gerade frisch erkundete Neuland lieb zu gewinnen.