Enttäuschte Erwartungen
Papst Franziskus hat am 12. Februar 2020 das lang erwartete nachsynodale Schreiben „Querida Amazonia“ veröffentlicht. Für die Katholische Frauenbewegung ist das Papst-Schreiben in weiten Teilen ein wegweisendes Dokument, das den unauflöslichen Zusammenhang von Ökonomie, Ökologie und sozialer Gerechtigkeit betont. Kritisch sieht die kfb oö jedoch die Aussagen über die Rolle von Frauen in der Kirche. Unsere Vorsitzende Paula Wintereder nimmt dazu Stellung:
Lange haben wir Frauen gewartet und nun die Enttäuschung. Keine Freigabe des Zölibates, keine Frauenweihe, wieder wurde die Wertschätzung der Frauen in der Kirche aufgeschoben … erst das gute synodale Erarbeiten, die klare Empfehlung der Synode und nun?
Enttäuschend das Ergebnis. Wir Frauen haben wieder einmal vergeblich darauf gehofft, dass unsere Berufungen von der Amtskirche anerkannt werden und wir endlich als gleichwertige Mitglieder der Katholischen Kirche behandelt werden.
Was wird das für Folgen haben?
Ich befürchte, dass es zu einem „Kipp-Effekt“ kommt. Wird sich der Auszug aus der Katholischen Kirche, vor allem von Frauen, noch rascher fortsetzen?
Papst Franziskus, der leidenschaftlich für den „Schutz des gemeinsamen Hauses“ eintritt, hat mit der Amazonien-Synode große Erwartungen erweckt. Er versteht es, Zusammenhänge deutlich zu machen. Ungebremster Fortschrittsglaube nimmt vielen Menschen und ganzen Völkern den Lebensraum. Ressourcenraub und Ausbeutung tragen zur Verarmung vieler bei. Papst Franziskus ruft zu Visionen auf: Denkt sozial, kulturell, ökologisch, kirchlich!
Ich bin überzeugt davon, dass wir Frauen längst bereit sind, mit zu denken, mit zu handeln und auf Augenhöhe zu einer lebensfreundlichen und lebenswerten Kultur in Gesellschaft und Kirche beizutragen.
Doch: es ist auch was dran an der Entscheidung, nicht für die Weihe der Frauen zu entscheiden. Ist es überhaupt der richtige Weg, den Klerikalismus fortzusetzen?
Die bewährten Männer zur Weihe zuzulassen?
Der Papst erwähnt im Artikel 99 seines Schreibens, dass es im Amazonasgebiet jahrelang ohne Priester möglich war, die Gemeinden durch Frauen am Leben zu halten. Einfach so.
Was sagt uns das über die Rolle des Priesters?
Sagt uns Franziskus: macht einfach weiter, es ist ok, die Gemeinden als Frau ohne Priester zu leiten? Nicht nur in Amazonien, sondern auch bei uns?
Viele Frauen sind von der Kirche enttäuscht und gekränkt. Aber ich bin mir sicher: Unsere Zeit wird kommen. Wir Frauen haben vielfach gelernt, immer wieder aufzustehen und unsere „Krone zu richten“.
Wir werden weiterhin für Reformen in der Katholischen Kirche eintreten!
paula.wintereder@dioezese-linz.at
Zum Weiterlesen: Stellungnahme der Katholischen Frauenbewegung Österreichs