Thursday 12. June 2025

Was ist ein Schutzkonzept?

Schutzkonzept bezeichnet das für jede Institution passende System von Maßnahmen für den besseren Schutz von Mädchen und Jungen vor sexualisierter Gewalt. Es kann nicht von oben oder außen verordnet werden, sondern muss vielmehr innerhalb einer Einrichtung oder eines Vereins von Vorstands- oder Einrichtungsebene unter Beteiligung der hauptberuflichen und ehrenamtlichen Fachkräfte, Eltern, Kindern und Jugendlichen selbst erarbeitet und sodann im Alltag angewandt werden.

 

Kurzeinführung für ein pfarrliches Schutzkonzept

 

Grundhaltung: Wertschätzung und Respekt

Das Ziel jedes institutionellen Schutzkonzeptes ist die Kultur der Achtsamkeit. Basierend auf der Grundhaltung von Wertschätzung und Respekt, erfordert diese Kultur neben einem bewussten und reflektierten Umgang mit sich selbst auch einen behutsamen und wertschätzenden Umgang mit den Mitarbeitenden und den schutz- oder hilfebedürftigen Menschen.

Achtsamkeit wird in Einrichtungen und Gemeinschaften erfahrbar durch klar geregelten Schutz vor Grenzverletzungen, um den alle wissen und der von allen umgesetzt wird. Dabei braucht es Feinfühligkeit, denn jede Person hat ihre eigenen Grenzen, die es zu achten gilt.

 

Was ist zu tun?

  • Persönlichkeiten stärken
  • Offen sein für Feedback und Kritik
  • Wir reflektieren unsere eigene Arbeit und versuchen uns zu verbessern
  • Wir nehmen Gefühle ernst

 

 

Partizipation

Partizipation bedeutet die Beteiligung von Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im ehrenamtlichen als auch im hauptamtlichen Dienst der jeweiligen Einrichtung. Bei Entwicklung und Entscheidung sollen alle Beteiligten einbezogen werden. Statt von oben herab soll klarwerden:

  • egal ob Klein oder Groß, jung oder alt, ...
  • jede*r kann sich einbringen und mitgestalten
  • unterschiedliche Blickwinkel sind erwünscht

Was ist zu tun?

  • Vorhandenes Leitbild (pastorales oder pädagogisches Konzept) überprüfen
  • Prävention im Leitbild festschreiben
  • "Kinderbeirat" gründen und bei wichtigen Fragen miteinbeziehen
  • Werden unsere Mitarbeiter*innen dazu motiviert, Fragen zu stellen?
  • Werden alle Standpunkte, so unterschiedlich sie auch sein mögen, als wichtig erachtet?
  •  Hat man in der Organisation mit Nachteilen zu rechnen, wenn man Aspekte zutage fördert, die den alltäglichen Betrieb stören?

 

 

Risikoanalyse/ Bestandsaufnahme

Ausgangspunkt zur Erstellung eines Schutzkonzeptes ist die Analyse des jeweiligen eigenen Arbeitsfeldes. Je klarer und passgenauer Sie das Schutzkonzept für Ihren Bereich formulieren und einführen, desto größer ist der Schutz für die Menschen, mit denen Sie arbeiten und die Ihnen anvertraut sind.

Diese Analyse erfasst Schutz- und Risikofaktoren, die Täterinnen und Täter für Missbrauchstaten (in allen Schweregraden von grenzverletzenden Verhalten, Übergriffen und Straftaten) ausnutzen können oder bereits bei früheren bekannten Vorfällen ausgenutzt haben.

 

Was ist zu tun?

  • mögliche Strategien von Tätern und Täterinnen erkennen
  • Prävention in Personalauswahl und -entwicklung berücksichtigen (siehe hier auch Baustein 1)
  • Gelegenheiten aufspüren: wo gibt es Abhängigkeits- oder Machtverhältnisse?
    (z. B. Nachtdienst, Benotungen)
  • Räumliche Situation kritisch in den Blick nehmen
  • Entscheidungsstrukturen prüfen
  • Verhaltensregeln prüfen

 

 

Personalauswahl – und Entwicklung

Personalauswahl und - Entwicklung sind aus gutem Grund der erste Baustein. Haupt- und ehrenamtliche Entscheidungsträger*innen verantworten, welche Menschen Leitung übernehmen dürfen und ob ihnen Kinder, Jugendliche und hilfe- oder schutzbedürftige Erwachsene anvertraut werden. Sie müssen daher fachlich und persönlich kompetent sein.

Alle haupt- und ehrenamtlich Tätigen sollten deshalb im Bereich Prävention gegen Gewalt und Missbrauch geschult werden

 

Was ist zu tun?

  • Personalauswahl prüfen und Prävention thematisieren
  • Prävention im Leitfaden für Mitarbeiter*innen Gespräche aufführen
  • erweitertes Führungszeugnis einfordern
  • Bei Neueinstellung oder Versetzung Verhaltenskodex unterschreiben lassen (s. Baustein 2)
  • Weiterbildungen und Schulungen anbieten/einfordern
  • usw.

 

 

Verpflichtungserklärung

Damit Prävention wirksam werden kann, ist es notwendig, sich eindeutig gegen jegliche Form von Gewalt zu positionieren und dies nach innen und außen deutlich zu machen.

In einem Verhaltenskodex werden die Regeln definiert, die hinsichtlich des professionellen Umgangs mit Nähe und Distanz als verbindlich gelten. Sie verkleinern die Grauzone zwischen normalem und grenzüberschreitendem Verhalten und erleichtern es Betroffenen und Dritten, Grenzverletzungen zu benennen, sich Hilfe zu holen und somit auch Gewalt und Missbrauch von Macht Einhalt zu gebieten. Gleichzeitig gibt er allen Sicherheit und Orientierung in sensiblen Situationen und kann so auch vor falschem Verdacht schützen.

 

Was ist zu tun?

  • Verhaltenskodex anhand Ergebnisse aus der Risikoanalyse erarbeiten
  • Veröffentlichung des Verhaltenskodexes
  • Mitarbeitenden aushändigen und unterschreiben lassen
  • Regelmäßige Überprüfung und Entwicklung

 

 

Beschwerdewege

Für ein wirkungsvolles Schutzkonzept sind interne und externe Kontaktpersonen unerlässlich. Ziel dabei ist immer Klarheit und Transparenz. Allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen muss klar sein, an wen sie sich zur Vorbeugung gegen Gewalt, zur Intervention und für den Umgang mit Fällen wenden können. Es muss zudem klar sein, wie man sich beschweren kann und dass wer sich meldet auch tatsächlich ein offenes und interessiertes Ohr findet.

 

Was ist zu tun?

  • Auseinandersetzung mit Rechten von Kindern und Jugendlichen, sowie erwachsenen Schutzbefohlenen und der eignen Kritikbereitschaft
  • Überprüfung von bestehenden Regeln in Gruppen
  • Beschwerdewege klären veröffentlichen
  • Ansprechpersonen benennen und bekannt machen
  • usw.

 

 

Dienstanweisungen und hausinterne Regelungen

Es ist wichtig den erstellten Verhaltenskodex und die Inhalte der Risikoanalyse zusammenzuführen und ganz konkrete Regeln für ihre Institution zu erstellen. Je detaillierter, desto klarer! Diese Regeln können dann auch arbeitsrechtliche Verbindlichkeit erlangen und allen Beteiligten mehr Handlungssicherheit geben.

 

Was ist zu tun?

  • Konkrete Regeln für den Arbeitsbereich oder sogar für einzelne Aktionen erstellen
  • Veröffentlichung des Verhaltenskodex
  • usw.

 

 

Qualitätsmanagement

Im Rahmen des Schutzkonzeptes ist die Sicherstellung von Qualität in der Arbeit durch unterschiedliche Maßnahmen von zentraler Bedeutung. Auch ein gutes System präventiver Maßnahmen garantiert leider keinen Schutz auf Dauer, wenn es nicht regelmäßig in den Blick genommen und angepasst wird.

 

Was ist zu tun?

  • Zuständige Ansprechpersonen für Prävention benennen und weiterbilden (Geschulte Person)
  • Angebote für Eltern und Bezugspersonen schaffen z. B. Thema Sexualpädagogik, Gewalt in Medien
  • Angebote im Bereich Prävention für Kinder & Jugendliche etablieren (Wie kann ich „Nein“ sagen?)
  • Überprüfungsroutinen (z. B. Tagesordnungspunkt bei Besprechungen) für den Verhaltenskodex und die Risikoanalyse etc. schaffen
  • Orte der gemeinsamen Reflexion und Supervision etablieren
  • usw.

 

 

Interventionsplan und Nachsorge

Jede im kirchlichen Dienst stehende Person sowie alle ehrenamtlich Tätigen sind verpflichtet, einen Verdacht auf psychische, physische, spirituelle und sexuelle Übergriffe an die diözesane Ombudsstelle zu melden. Trotz guter Präventionsarbeit kann nicht gänzlich verhindert werden, dass Menschen Gewalt ausüben. Gute Prävention kann auch bewirken, dass eine Tat schneller entdeckt wird. Der Interventionsplan ist deshalb, auch wenn in Ihrer Einrichtung noch kein Fall bekannt ist, ein notwendiger Baustein.

Eine frühzeitige und schnelle Hilfe verbessert die Heilungschancen. Aus Fehlern müssen wir lernen. Eine solche Fehlerkultur erfordert ein offenes Umgehen mit dem schmerzlichen Scheitern, das jedes Delikt von Gewalt beinhaltet.

 

Was ist zu tun?

  • Alle Mitarbeitende über die Vorgehensweise im Verdachtsfall informieren
  • Unterstützungssysteme suchen und benennen bevor ein Verdachtsvoll vorliegt
  • usw.

 

Downloads:

Leitfaden zur Erstellung eines pfarrlichen Schutzkonzeptes

Checkliste zur Erstellung eines Schutzkonzeptes

Vorlage für die Erstellung eines Schutzkonzeptes

 

 

Stabsstelle für Prävention
von Missbrauch und Gewalt
4020 Linz
Harrachstraße 7
Katholische Kirche in Oberösterreich
Diözese Linz

Herrenstraße 19
4020 Linz
https://www.dioezese-linz.at/
Darstellung: