„Es gibt mehr im Leben als Leistungsdruck und Lernstoff abarbeiten“
Die ersten Wochen ohne Schulunterricht sind vorüber, wertvolle Erfahrungen konnten gesammelt werden, erzählt die Lehrerin einer 3. Klasse Volksschule. Besonders wichtig ist der regelmäßige Kontakt zu den Eltern um zu erfahren, wie es zu Hause geht.
Es ist nicht immer einfach, das richtige Maß an Aufgabenstellungen zu finden. Eine bestimmte Menge an Übungsmaterial kann für das eine Kind genau passend sein und für ein anderes bereits zu viel. Auch bei den Eltern sind die Erwartungen unterschiedlich. Manche möchten mehr Lernstoff angeboten bekommen. Da die Volksschullehrerin selbst Mutter von zwei Schulkindern ist, weiß sie allerdings wie lästig „gut gemeinte“ Aufgaben sein können. Es kann schnell zur Überforderung in der Familie kommen.
Ihre Arbeit als Lehrende kann sie derzeit nur eingeschränkt ausüben. Sie nützt nun die freigewordene Zeit zum Vorbereiten der hoffentlich bald wieder möglichen Unterrichtseinheiten. Diese Phase sei auch eine gute Gelegenheit, sich mit den unterschiedlichen Möglichkeiten von digitalen Lernen vertraut zu machen, um diese auch in Zukunft gut einsetzen zu können.
„Ich halte mich an der Vorstellung fest, dass es nach der Krise wieder genauso schön wird wie zuvor, in gewisser Weise vielleicht sogar besser. Wir werden wieder bewusster die schönen Sachen im Leben wahrnehmen und zu schätzen wissen“, erzählt sie. „Es ist gut, zum eigenen Wollen auch das WIR mehr zu betonen. Ein aufmerksames und rücksichtsvolles Miteinander braucht es auch nach der Krise. Diese Erfahrung möchte ich in Zukunft vermehrt in meine Arbeit mit den Kindern einfließen lassen. Es gibt noch mehr im Leben als Leistungsdruck und Lernstoff abarbeiten.“
Die gegenwärtige Zeit ist jedoch neben all dem Tun auch eine Art Schwebezustand.
Sie beschreibt es so: „Es ist ein Warten auf Veränderung, aber es passiert nichts. Eigentlich steht die Zeit still. Die einzigen Höhepunkte im Alltag sind das gemeinsame Essen mit meiner Familie und der Zeitpunkt, wenn der Briefträger kommt. Darauf warten meine Kinder jeden Tag“.
Das Beschäftigt-Sein mit den eigenen Kindern und der Garten sind in diesen Tagen eine besondere Hilfe. Auch die Erfahrung, dass sich scheinbar festgefahrene Umgangsformen verändern können, ist wertvoll. Ein neues Miteinander ist möglich: „Besonders erfreulich entwickelt sich die Beziehung zu einer Nachbarin. Das war seit zwölf Jahren eher schwierig. Durch das Erledigen ihres Einkaufs entsteht nun eine neue Nähe. Wir tauschen gegenseitig Blumen und Germteigkipferl aus und das ist schön“.
„Das Leben funktioniert gut, auch wenn wir nicht alles haben“, sagt sie am Ende unseres Gespräches. Diese Erkenntnis weiß sie nun noch mehr zu schätzen als früher.