Mittwoch 24. April 2024
Liturgiebörse

Predigt: Du bist meine geliebte Tochter, mein geliebter Sohn / Taufeltern

Baby

Ansprache einer zweifachen Mutter anlässlich des alljährlichen "Taufelternsonntags".

Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! [...] Da gab Johannes nach. Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.
Mt 3,13-17


Liebe Pfarrgemeinde!

Der letzte Satz, den wir soeben gehört haben, geht mir bereits seit längerer Zeit durch den Kopf: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich meinen Gefallen gefunden habe“. Irgendetwas Bedeutsames scheint hinter diesem Satz verborgen zu sein. Ich spüre den Drang, meinen Töchtern etwas Ähnliches zuzusprechen und ich habe es auch - zumindest wenn sie schlafen -schon versucht: Chineye, Anenechi, Du bist meine geliebte Tochter. Aber was bedeutet es, wenn Gott sich in dieser Form zu seinem Sohn bekennt? Was bedeutet es insbesondere für uns heute? Mir sind dabei drei grundlegende Dinge bewusst geworden:

Wenn jemand von mir sagen würde, ich sei seine/ihre geliebte Tochter, Frau, Freundin, Mutter usw. Es würde gut tun, das zu hören und ich würde mich darüber freuen. Wenn jemand von mir sagt, „das ist meine geliebte Tochter ...“, dann weiß ich mich von dieser Person in meiner Unverwechselbarkeit angesprochen. Ich bin angenommen, so wie ich bin, mit meinen Stärken und Unsicherheiten, mit meinen Fähigkeiten und meinen Fehltritten. Diese Person traut mir etwas zu, glaubt daran, dass ich etwas bewegen kann. Zu diesem Menschen kann ich kommen, selbst dann, wenn ich vor mir selbst kaum mehr bestehen kann.

Wenn jemand in aller Öffentlichkeit – Jesus war ja gemeinsam mit anderen Menschen zur Taufe am Jordan – ausspricht, dass ich seine/ihre geliebte Tochter, Frau, Freundin, Mutter usw. bin, dann geschieht noch etwas anderes. Diese Person gibt mir Rückhalt. Sie signalisiert den anderen Menschen, dass ich in ihrem Schutzbereich stehe und dass sie sich dafür einsetzen wird, dass mir kein Unheil geschieht. Weil ich ihr am Herzen liege, wird sie alles ihr zur Verfügung Stehende in Bewegung setzen, damit mein Leben gelingen kann.

Wenn jemand in aller Öffentlichkeit andere Menschen darauf aufmerksam macht, dass ich seine/ihre geliebte Tochter, Frau, Freundin, Mutter usw. bin, dann sagt er/sie auch etwas über sich selbst aus. Diese Person offenbart, dass ich in ihrem Herzen einen wichtigen Platz einnehme, dass ich einen Teil ihres Wesens ausmache. Wer sieht, wie ich lebe, lache und weine, mich nach Manchem sehne, wie ich handle ... kann ein Stück der Person erahnen, die sich in dieser Weise zu mir bekennt.

Kehren wir zurück zu Jesus und dem Geist Gottes. In der Aussage „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“ legt Gott davon Zeugnis ab, dass Jesu Handeln und Leben in Übereinstimmung mit seinem Willen geschieht. Gott stellt sich ohne Wenn und Aber hinter seinen Sohn. Er vertraut darauf, dass Jesus trotz aller Anfechtungen und allem Leiden den rechten Weg finden wird. Gott proklamiert, dass Jesus unter seinem Schutz steht und er ihm Halt und Orientierung bietet. Nicht zuletzt zeigt Gott in der Liebeserklärung an seinen Sohn ein zentrales Stück seines eigenen Wesens. Wer Jesus leben, lieben, lachen und auch leiden sieht, kann das Wesen Gottes erahnen.

Wenn ich an meine Töchter denke, fällt mir auf, dass es oft gar nicht so leicht ist, ihnen uneingeschränkte Annahme zu vermitteln, gerade dann, wenn es in unserer Beziehung einmal hakt. Womöglich kommen noch Jahre auf uns zu, wo das noch viel schwieriger wird. Es ist auch herausfordernd, ihnen so viel Schutz und zugleich Freiraum zu geben, wie sie tatsächlich brauchen. Mit Gottes Zusage kann ich da trotz bester Absichten wohl nicht ganz Schritt halten – und das brauche ich auch nicht. Vor einem knappen Jahr haben wir Anenechi hier vor der versammelten Gemeinde zur Taufe getragen, vor sechs Jahren war es Chineye, die wir hierher gebracht haben. In der Taufe hat Gott unsere Kinder ebenfalls als seine geliebten Töchter angenommen und verkündet. Er nimmt sie an in ihrer Unverwechselbarkeit, ohne Wenn und Aber. Er traut ihnen zu, ihren Weg zu finden und steht ihnen zur Seite, wenn sie nach Hilfe und Orientierung suchen. Indem ich in die Gesichter meiner Töchter blicke, sehe wie sie leben, lachen und weinen, sich nach Manchem sehnen, wie sie handeln ... kann ich ein Stück von Gottes Angesicht erkennen. Und ich weiß, es ist gut so.

20.01.2005, Monika Udeani

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