Mittwoch 24. April 2024
Liturgiebörse

Der einarmige Jesus / Kugeln und Kerzen / Predigt, Mette

Kugeln

Predigten für die Mitternachtsmesse und für den Christtag, Weihnachten

Predigt: Mette

Der einarmige Jesus


Vor ein paar Jahren war es, da bereitete einer die Krippe vor. Eine der schönen alten Krippen, mit Holz und Strohdach auf dem Krippenhaus, und rund um die Krippe ein bisschen was vom Ort, wo die Krippe aufgestellt wurde. Es sollte sich die Geschichte von damals angeblich auch heute ereignen.

Nach und nach wurde Moos auf die Felder gelegt, und dann bekam das Hirtenfeld auch noch ein Lagerfeuer, romantisch beleuchtet wurde es mit einer kleinen Taschenlampenbatterie und einem kleinen Lämpchen, mit roten durchscheinendem Papier umhüllt; es brauchte nicht zu flackern, es sollte nur den Hirten ein bisschen Wärme bringen in der kalten Nacht.

Dann begann das Aufstellen der Figuren. Zuerst kamen die Hirten auf dem Feld – ein paar mussten beim Feuer liegen, einer stützte sich auf seinen Hirtenstock und schien auch zu schlafen; nur 2 oder 3 hielten ihren Kopf in die Höhe – sie schienen etwas zu hören, zu ahnen.
Nach den Hirten kamen im entfernt gelegenen Dorf auch einige Bewohner – alle waren irgendwie unterwegs – zur Arbeit oder nach Hause – wer weiß.

Nun folgten die Engel: nicht Heerscharen, die hätten ja nicht Platz gehabt. Nein, nur ein paar, aber die hatten es in sich: da waren 2 auf dem Dach des Stalles postiert, mit einem Transparent in den Händen: „Gloria in excelsis Deo – et in terra pax hominibus bonae voluntatis“ – stand da in lateinischer Schrift zu lesen, was bekanntlich heißt: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen auf Erden, die guten Willens sind“.
Zwei der Engel waren auch bei den Hirten – mit ihren Flügeln kitzelten sie die Hirten wach.

Und mitten im Leben der Menschen – da war der Stall: ganz von hinten heraus schaute ein Ochse und auch ein Esel neugierig auf das Geschehen der Heiligen Nacht. Dann – der stille Josef, mit einer Laterne in der Hand, und Maria, seine Frau, die soeben das Kind in der Krippe geboren hatte.
Alle waren in tiefer Ehrfurcht bei dem Kind, rund um das Kind, fast eine Einheit in der Darstellung.

Romantik pur – einmal hingeschaut, ein paar Lieder gesungen, in der Kirche die Mette mitgefeiert, nach Hause gegangen, und nichts hat sich ereignet, außer einmal wieder ein bisschen innen drin gespürt haben, da ist doch mehr drin als es nach außen hin ausschaut – in der stillsten Zeit des Jahres.
Ja, da ist auch mehr drin als nur ein Fest der Romantik, ein Familienfest mit Braten und Keksen und Geschenken.

Dieses Mehr besteht in einem DEFIZIT – da geht etwas ab. Denn das Kind in der Krippe hat nur einen Arm – der andere ist irgendwann beim Wegräumen abgebrochen. Unauffindbar. Das Defizit, das was abgeht, müsste erneuert werden.

Wer kann so einen Arm für das Jesuskind formen?, das ist die Frage.
Nicht nur handwerklich machen, sondern selbst tun, darstellen – das wäre die Frage der Heiligen Nacht. Wer von uns traut sich drüber, ab heute ganz bewusst den Arm Jesu darzustellen? Dann ginge es ja doch ein wenig anders zu in der Welt:
Dann würden aus Drohgebärden Streicheleinheiten, dann würde aus dem „Vogel-Deut-Finger“ eine applaudierende, anerkennende Handgeste.
Dann würden bettelnde Hände aufgefüllt mit wirklich Notwendigem.
Dann würden die von der Arbeit zerschundenen Hände gepflegt.

Wie sagt die Bibel:
Die Wüste wird zum blühenden Garten.
Das Ausgetrocknete Land fängt zu blühen an.
Der Todgeweihte bekommt Luft zum Leben.
Der wie ein Gelähmter dahinvegetiert, beginnt aufzuspringen und zu gehen.
Dem der Durchblick fehlt wie einem Blinden, gehen die Augen auf und er erkennt den Sinn für sein Leben und für diese Welt.
Warum: denn es ist uns – auch dir und mir – ein Kind geboren.
Alle Hoffnung dieser Welt lastet auf diesem Kind.
Alles Leid dieser Welt wird dieses Kind erfahren und mittragen.
Alle Freude dieser Welt wird dieses Kind teilen, mit-teilen.
Denn in diesem Kind ist der gegenwärtig, der immer schon diesen Namen trägt: ich bin mit euch – ich bin mitten unter euch – und ich hab dich, du Welt, du Mensch, du Schöpfung unendlich gern.
Du kannst ab jetzt meine Spuren in der Welt entdecken; du wirst erleben, dass alles eigentlich von Grund auf gut ist.

Deshalb lege ich Dir das Leben vor – wähle das Leben; und du wirst leben. Sinnvoll, und voller Freude und erfüllt mit Frieden.
Amen.


Predigt, Christtag 25.12.2007
zu 2.Lesung „Am Morgen“ Titus 3,4-7 und Lk 2, 15-20

Kugeln und Kerzen am Baum


An den Christbaum hängen viele Menschen bunte Kugeln.
Und kleine, weiße Kerzen schmücken den Baum und geben ihm ein strahlendes Aussehen.
Fast ein wenig romantisch prägen diese Christbaumanhängsel
den grünen Baum.
Wenn die Kerzen nach und nach entzündet werden, bekommen auch die Kugeln ihren Glanz.
Wer beim Schmücken Zeit gefunden hat, eine Christbaumkugel zu betrachten, wird feststellen können: ich sehe mich selbst, mein eigenes Gesicht, wie in einem Spiegel.
Ich sehe mich als Menschen, den es nur einmal gibt, einen Menschen, der einmalig ist.
Und das, glaube ich, hat mit Weihnachten sehr viel zu tun.

Im Licht der Kerze sehe ich ein wenig mit den Augen Gottes.
Gott schaut mich als Mensch an, er sieht mich als Mensch.
Er als Menschenkind in der Futterkrippe sieht mich an: der große Gott, der in diese Welt eingestiegen ist, auch in das tiefste menschliche Elend.
Wenn aber Gott wirklich Mensch geworden ist, wenn er mich in diesem Kind von Bethlehem anschaut, mir in diesem Kind begegnet, dann bedeutet dies doch auch:
Jeder Mensch auf unserer Welt ist Gott äußerst wichtig, jeder Mensch hat für Gott einen einmaligen, unersetzbaren Wert.
Wir sind Gott nicht gleichgültig. Gott liegt viel an uns. Kein Mensch ist für ihn anonym, ohne Namen, beliebig austauschbar. Jeder hat für ihn einen konkreten Namen - und er kennt jeden bei seinem Namen.

Wo immer sich auf dieser Welt Menschen um die Würde und Achtung des Menschen kümmern, dort bricht sich die Ursehnsucht des Menschen Bahn: ich bin keine Nummer, ich bin eine Persönlichkeit, und wir beide, du und ich, können Partner werden, Partner auch oder trotz verschiedener Positionen und Einstellungen.
Dies kann im großen Bereich der Weltgeschichte geschehen, und dies geschieht auch im kleinen Bereich: in der Familie, unter Freunden, im Berufsleben, in der Pension, im Heim:
* dort, wo Menschen aufeinander zugehen,
* wo Achtung und Respekt vor dem anderen im Vordergrund stehen,
* dort, wo Zeichen der Verbundenheit gesetzt und angenommen und erwidert werden,
dort spiegelt sich Menschwerdung wieder:
als gesuchte und geschenkte Heimat.
Dort wird das Miteinander zu einer Quelle für den Mut, Ja zu sagen zu DIESEM Leben. Dort wird das Mensch-Sein-Wollen der Weg zum Erahnen dessen, was damals in Bethlehem geschehen ist.

In den Augen des Kindes von Bethlehem schaut Gott den Menschen an - und seine Sicht von mir und von dir ist unverfälscht, sie ist wahr. Ohne Maske, ohne großes Tam-Tam, ein Gott, Immanuel - ein Gott ganz mit uns und ganz für uns Menschen.

Im Titusbrief hat es geheißen: erschienen ist die Güte und Menschenliebe Gottes – und deshalb sind wir ganz neu durch seinen Heiligen Geist.
Das ist auch heute erlebbar: in Menschen, die sich ganz in seinem Sinn bewegen, die in ihm leben und in ihm sind, wie es Paulus einmal ausgedrückt hat.
Wenn dies nicht nur eine Erfahrung vor 2000 Jahren bleiben soll, zahlt es sich aus, einmal wieder neu zu versuchen, hinzugehen – wie die Hirten – also aufzubrechen, sich auf den Weg zum Kind zu begeben und dort zu verweilen.
Wer mit diesem Kind – mit diesem Jesus eins geworden ist, kann nicht mehr anders als in Freude und mit ganzer Kraft so zu leben – es wenigstens zu versuchen, wie es dem Geist Jesu entspricht.
Deshalb, weil Gott sich uns schenkt, schenken ja wir auch - Kleinigkeiten, Überraschungen, Worte und Gesten: und alles, was geschenkt wird, könnte und sollte nur auf den Einen hinweisen: dass er unter die Menschen gegangen ist, dass er zum Menschen sein unbedingtes JA sagt.

Meine Weihnachtsantwort könnte dann lauten: weil ich von dir, Gott angenommen bin, nehme ich dich, Mitmensch, an, nicht als Traumbild von einem Supermann, einer Superfrau. Ich meine wirklich dich: diesen leibhaftigen Menschen neben mir, dich mit Haut und Haar. Ich nehme dich an, so wie du bist, nicht so, wie ich dich gerne haben möchte. Und ich nehme dich an ohne Bedingungen.......Ich nehme dich an mit deinen Stärken und Schwächen, mit deinen Sonnenseiten und mit deinen Schatten.
Wo immer der Versuch gemacht wird, einander anzunehmen, wie halt so jeder ist, beginnt Leben zu blühen, beginnt Wüste lebendig zu werden, beginnt lebendiges Wasser zu sprudeln. Der Anfang ist gesetzt. Die Geste des Kindes in der Krippe lautet: komm an mein Herz. Später hat dieser Jesus in seinen großen Reden davon gesprochen: wer zu mir kommt, wer an mich glaubt, aus dem werden Ströme von lebendigem Wasser fließen.
Wer wünscht sich das nicht - gerade zu Weihnachten? In diesem Sinn gebe ich gerne seine Einladung weiter, die ER zu jedem Menschen spricht:

Komm an mein Herz, und lass dein Leben, deine Gedanken, dein Planen und Wünschen von meinem Geist durchdringen. Leben soll gelingen!


Amen.

17.12.2007, Pfr Rudolf Wolfsberger

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