„Diese Weihnachtskantate wurde bejubelt!“
„Das Werk hat einen starken inneren, religiösen Zugang, es ist nicht effekthaschend, aber mit großer Wirkung“, so beschreibt Julia Purgina das Werk von Mathilde Kralik. Die Vizerektorin für Kunst und Lehre an der Anton Bruckner Privatuniversität hat zusammen mit dem Doktoranden Enrico Coden das Werk von Mathilde Kralik wiederentdeckt und zugängig gemacht. „Es war in ihrem Werkverzeichnis nicht vorhanden. Aber durch Zeitungsrezensionen wussten wir, dass es bei der Uraufführung 1900 im Wiener Musikverein bejubelt wurde.“
Ein Schatz im Archiv
Im Nachlass der in Linz geborenen Komponistin, archiviert in der Österreichischen Nationalbibliothek, fand man die Noten und Skizzen sowie die Anmerkungen des Dirigenten der bisher einzigen Aufführung, Josef Wöss. Daraus entstand die Edition der Anton Bruckner Privatuniversität. Sie soll künftig allen Aufführenden zugängig sein soll.
Eine Komponistin mit starkem Willen zur großen Form
„Eine durchkomponierte Kantate für großes Orchester, Chöre und Solisten ist tatsächlich selten im Werk von Komponistinnen des 19. Jahrhunderts“, weiß Julia Purgina. Mathilde Kralik, 1857 in Linz in eine Familie aus Glasfabrikanten geboren, erhielt eine solide musikalische Ausbildung. In Vorbereitung ihres Studiums der Kompositionslehre an der Wiener Musikhochschule wurde sie auch von Anton Bruckner unterrichtet. Aufgrund ihrer Begabung konnte sie an der Hochschule ein Jahr überspringen, gewann einen wichtigen Abschlusspreis und durfte vor Franz Liszt spielen.
Eine der ersten
Mathilde Kralik war aber auch eine Kämpferin für Frauenrechte, begründete unter anderem den heute noch bestehenden „Club der Wiener Musikerinnen“ mit. Dennoch geriet ihr Werk nach ihrem Tod 1944 in Vergessenheit. „Das passiert Komponistinnen immer wieder“, erzählt Julia Purgina. Wer nicht „kanonisiert“ wird, dessen Werk verschwindet in Nachlässen und „liegt dort gut“, werde aber nicht genützt. Das zu ändern ist Julia Purgina, selbst Bratschistin und Komponistin, bestrebt.
„Weihnachten“ erstmals im Dom
Mathilde Kraliks Kantate „Weihnachten“ wird am 1. Dezember erstmals im Linzer Dom erklingen. Das Symphonieorchester der Anton Bruckner Privatuniversität geleitet von Guido Mancusi, der Kinderchor der Landesmusikschule St. Florian - Pappalatur, Chöre des Stiftergymnasiums, die Kantorei Bad Leonfelden sowie Gesangssolist:innen der Anton Bruckner Privatuniversität werden das Werk zur Aufführung bringen. „Wir sehen es als unseren Auftrag, Werke von Komponistinnen zu erforschen, herauszugeben, und so den Anteil von Frauen in Konzertprogrammen zu steigern“, erläutert Julia Purgina.
Konzerttipp:
Symphonische Weihnachten, Sonntag, 1. Dezember, 16 Uhr, Mariendom, Kantate „Weihnachten“ von Mathilde Kralik und Werke von Anton Bruckner
Karten an der Tageskassa erhältlich sowie online auf oeticket.com.
Text: Christine Haiden