Im Herzen jungfräulich bleiben
Für jede Station hat die Lyrikerin und Philosophin Sophie Reyer eine Szene entworfen, die von zwei Schauspielerinnen präsentiert wird. Die Jungfrau von morgen ist für sie ein utopischer Begriff. „Es geht darum, wie wir uns seelisch bewahren können in einer Welt, in der wir Frauen mit so vielen Rollenbildern konfrontiert sind“, erklärt die Künstlerin aus Wien. „Wir sollen schön und sanft sein, unser Geld verdienen, die Kinder großziehen – und das alles besser als jeder Mann.“ Die Frage lautet also: Wie bleiben wir im Herzen jungfräulich? „Es geht ums Nein sagen, das eigene Ich bewahren und anders sein“, sagt Reyer.
Kampf gegen den Zeitgeist
Im Stück kämpft ihre „Jungfrau“ gegen die „Queen of the Biomacht“, eine Figur, die versucht die Weltherrschaft an sich zu reißen, um ihr optimiertes Weltbild gestalten zu können. „Diese Queen oft the Biomacht ist der personifizierte Zeitgeist für mich“, sagt die Künstlerin. Die Jungfrau kämpft also gegen den Selbstoptimierungswahn unserer Zeit.
Sophie Reyers Ideen sind eine Mischung aus Theoretischem (Bio-Macht ist ein Konzept von Foucault) und persönlich Erlebtem. Sie ist ein künstlerisches Multitalent, schreibt lyrische Texte und Kindertheaterstücke und komponiert klassische Musik. „Wenn ich mich in einem Genre zu wohl fühle und das Kunstwerk zu perfekt wird, probiere ich etwas Neues. Denn wenn etwas zu perfekt ist, verliert es seinen Reiz“, sagt sie.
Stark wie die Großmutter
Starke Frauenbilder haben sie schon immer interessiert – vielleicht eine Prägung aus der Kindheit? Sophie Reyer erzählt von einer tiefen Verbindung zu ihrer Großmutter, die Alleinerzieherin und Pfarrersköchin im Burgenland war. „Wenn ich sie besuchte, spielte ich oft mit den Heiligenfiguren und besonders mit den Madonnen. Das faszinierte mich sehr und ich war sehr ehrfürchtig gegenüber diesen Puppen.“
Im Mariendom erlebt Reyers „Jungfrau von morgen“ nach 14 Stationen eine moderne Auferstehung, die als Video inszeniert wird. Vielleicht ein Happy End?!
Schauen Sie sich das an!
Sophie Reyers „Jungfrau von morgen“, 29. September, jeweils um 14.00 und 16.00 Uhr, ist eine Veranstaltung aus der Reihe „DonnaStage“, bei der im Mariendom Fragen nach Frauenrollen, Familienbildern und Geschlechtergerechtigkeit behandelt werden.
Verfasst von Claudia Riedler-Bittermann