Wiedersehen nach 50 Jahren
Initiiert wurde dieses Treffen von der letzten Internatsleiterin Fr. Schwab und zwei ehemaligen Schülerinnen. Die Suche nach den Adressen war eine Herausforderung, da es nur eine Liste mit den ledigen Namen der ehemaligen Internatsschülerinnen gab. Doch mit Hilfe von vielen Telefonaten, dem Internet und so mancher Unterstützung von Bürgermeistern konnten alle gefunden und eingeladen werden.
Das Haus wurde ab dem Schuljahr 1951/52 als Mädcheninternat geführt. Rund 40 Schülerinnen aus ganz Oberösterreich im Alter von 15-18 Jahren lebten während des Schuljahres gemeinsam im Haus. Betreut wurden die Mädchen von einer Heimleiterin, für das leibliche Wohl sorgte eine eigene Köchin, die von allen liebevoll „Resi-Tante“ genannt worden ist. Am Wochenende wurden gemeinsame Freizeitaktivitäten, wie Theaterbesuche oder Ausflüge unternommen. Wollte eines der Mädchen unter der Woche mit einem jungen Mann Zeit verbringen, musste dies bei der Heimleiterin angemeldet werden – Herrenbesuch im Haus war hingegen nicht gestattet. Die Ausreden für zu spät nach Hause kommen waren bereits damals sehr kreativ – so kann es schon mal vorgekommen sein, dass eine entgleiste Straßenbahn an der Verspätung schuld gewesen ist. Wobei Frau Schwab ihren Platz beim Fenster erst verlassen hat, wenn alle Schülerinnen wieder wohlbehalten im Haus waren.
Die Übernahme von Verantwortung und das Halten von Ordnung waren wichtige Werte, die ein gutes Zusammenleben ermöglicht haben. Allerdings kam auch der Spaß nicht zu kurz und so wurde aus einem Nachthemd und einem Besenstiel eine ganz besondere Fahne gestaltet und vor dem Haus gehisst. Dieser menschliche Umgang und das Umeinander Kümmern war auch bei dem Treffen deutlich spürbar. Frau Schwab war selbst erst 26 Jahre alt, als sie die Heimleitung übernommen hat. Und noch immer sprüht sie vor Begeisterung, wenn sie von der Zeit im Haus der Frau erzählt.
Beim Rundgang durch das Haus wurden gemeinsame Erlebnisse ausgetauscht. So war das heutige Frauenzimmer im Erdgeschoß die Wohnung des Pförtners, im ersten Stock gab es eine Kapelle und der heutige Feierraum war damals ein Schlafraum für 15 Mädchen. Stiegenaufgänge, verschiedene Zimmer oder auch der Garten sind mit vielen Erinnerungen verbunden. So wusste eine der Frauen ganz genau, wo sie gestanden ist, als die Ermordung von J.F. Kennedy bekannt gegeben worden ist.
1967 wurde das Internat geschlossen und das Haus im Herbst 1969 als Bildungs- und Begegnungszentrum der Katholischen Frauenbewegung eröffnet. Die Schülerinnen verließen „ihr Haus“ nur sehr ungern, da sie mit ihrer Internatszeit viel Positives verbinden.
Die Liste mit den Kontakten ist mittlerweile aktualisiert und der Termin für das nächste Treffen bereits vereinbart!
Text: kem / Haus der Frau
Foto: kem / Haus der Frau