„Der liebe Gott hat mich gefischt.“ - Sr. Beatrix Mayrhofer zu Gast im Frauensalon
70% der Frauenorden sind Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet worden. Damals reagierten christliche Frauen, oft unterstützt von Priestern, auf die sozialen Nöte ihrer Zeit und engagierten sich in der Bildung, in der Sozialfürsorge, in der Alten- und Krankenpflege. Der Eintritt in eine Ordensgemeinschaft war damals die einzige Möglichkeit für Frauen, sich zu betätigen, ohne zu heiraten, und Zugang zu Bildung zu bekommen. „Damals sind die Frauengemeinschaften wie Schwammerl aus dem Boden geschossen“, lacht Sr. Beatrix.
Heute sieht die Situation ganz anders aus. Per 1. Jänner 2019 lebten in Österreich 3.223 Ordensfrauen, die 105 verschiedenen Frauenorden angehörten. Die Aufgaben im Sozialbereich hat mittlerweile größtenteils der Staat übernommen. Daher muss die Frage nach dem Auftrag heute wieder neu gestellt werden. Es darf aber nicht in erster Linie um die Aufgabe gehen, mahnt Sr. Beatrix. „Zuerst kommt die Berufung und das Charisma. Da gibt es diese unglaubliche Erfahrung: Gott ruft mich zu einem Leben im Orden. Da darf ich meine Talente einbringen.“ Dann kommt die Frage, wo heute die Not ist, und was die Antwort des Ordens darauf ist.
Für die Armen Schulschwestern, denen Sr. Beatrix angehört, ist es das Hinschauen auf die Bildungsnöte unserer Zeit. Es geht um das Wahrnehmen der Schwachstellen im öffentlichen System. So sperrt zum Beispiel die Schule um dreiviertel Sieben auf, weil die Eltern der Kinder früh zur Arbeit müssen und die Kinder sonst auf der Straße stünden. Einen besonderen Blick werfen die Schulschwestern auf die Kinder aus Zuwandererfamilien und auf ihre Mütter, die oft kaum Deutsch können. Für Alleinerziehende ist eine gute Tagesstruktur für die Betreuung ihrer Kinder notwendig.
Mit Blick auf die Kirche sieht Sr. Beatrix die Hierarchie in einer ungemeinen Verunsicherung. Sie hält es für notwendig, das Weiheamt von der Machtstruktur zu lösen. Die erste Sorge der Kirche muss der Zugang zur Eucharistie sein, in der sich das Zentrum unseres Glaubens kristallisiert. „Es ist Aufgabe der Kirche, ihre Gestalt so zu formen, dass wir Eucharistie feiern können.“ Für den Zugang von Frauen zu den Weiheämtern engagiert sie sich dennoch nicht, weil sie ihre Energie nicht dort einsetzen will, wo nichts weitergeht. Aber sie ist überzeugt: „Auf die Dauer wird die Kirche auf uns Frauen nicht verzichten können.“
Kooperationspartnerin: Katholische Frauenbewegung OÖ - www.kfb-ooe.at
Text: Michaela Leppen / kfb Oberösterreich
Fotos: © Violetta Wakolbinger