Freitag 29. März 2024

Jägerstätter-Gedenken 2017: Ein Glaubenszeugnis, das nur schwer fassbar ist

Die Gedenkveranstaltung zum 74. Todestag des oberösterreichischen Seligen Franz Jägerstätter am 8. und 9. August 2017 in dessen Heimat St. Radegund nahm die „Vielfalt und Bedeutung der MärtyrerInnen der NS-Zeit“ in den Blick.

„Kraft zum Widerstand“ lautet auch der Titel des neuen Buches von Bischof Manfred Scheuer, das beim Gedenken vorgestellt wurde. Der Vortrag von Prof. Dr. Józef Niewiadomski und die Predigt von Bischof Manfred Scheuer machten klar: Das Glaubenszeugnis von Märtyrern wie Franz Jägerstätter ist aufwühlend, irritierend und schwer fassbar.

 

Der Innviertler Landwirt und Familienvater hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und am 9. August 1943 hingerichtet.

 

Das Jägerstätter-Haus in St. Radegund
Erinnerungen an Franz Jägerstätter
Erinnerungen an Franz Jägerstätter

© Diözese Linz / Kraml


Das jährliche Jägerstätter-Gedenken wird von der christlichen Friedensinitiative Pax Christi und der Pfarre St. Radegund organisiert. Es begann bereits am 8. August 2017 mit einem Abendgebet in der Kirche St. Radegund. Zum eigentlichen Gedenktag am 9. August kamen rund 80 Personen: aus Österreich, aus Deutschland, aber auch aus Italien. Unter den TeilnehmerInnen waren Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, die drei Jägerstätter-Töchter Maria Dammer, Aloisia Maier und Rosalia Sigl, Jägerstätter-Biografin Dr.in Erna Putz, der Vorsitzende des Jägerstätter-Beirats Bischofsvikar Mag. Maximilian Mittendorfer, Mitglieder von Pax Christi, der Pfarrer von St. Radegund und Pfarradministrator von Tarsdorf Mag. Josef Steinkellner und der Schauspieler Franz Froschauer, der in Thomas Baums Theaterstück „Der Fall Gruber“ den Priester und Reformpädagogen Johann Gruber verkörpert.


Am Vormittag referierte im Pfarrsaal Tarsdorf um 9.30 Uhr Univ.-Prof. Dr. Józef Niewiadomski, Professor am Institut für Systematische Theologie mit Fachgebiet Dogmatik an der Universität Innsbruck, zum Thema: „'Eine Wolke von Zeugen umgibt uns' (Hebr 12,1). Vielfalt und Bedeutung der MärtyrerInnen der NS-Zeit.“ Der Dogmatiker zeichnete in seinen Ausführungen die einsamen Glaubensentscheidungen dreier „Brüder im Geiste“ nach: Franz Jägerstätter, Pater Franz Reinisch und Josef Mayr-Nusser. Jägerstätter und Mayr-Nusser wurden bereits seliggesprochen, für Reinisch läuft das Seligsprechungsverfahren. Ihre Gewissensentscheidung, die bis zuletzt von ungeheuren Gewissenskonflikten begleitet war, sei an den Willen eines liebenden Gottes gebunden gewesen. Ohne den Tiefgang ihrer gelebten Religiosität sei ihr Dilemma, ihr Verständnis von Glauben und ihr Martyrium nicht zu verstehen, betonte Niewiadomski. Die erfolgte bzw. angestrebte Seligsprechung dieser Menschen mit der Hochschätzung des Gewissens und der Mündigkeit jedes einzelnen Menschen habe für die Frage nach dem Gehorsam neue Referenzpunkte geschaffen, so der Dogmatiker.


Niewiadomski hatte im Zuge des Seligsprechungsverfahrens von Franz Jägerstätter, dessen Martyrium nach den Worten von Bischof Scheuer massiv angefragt und hinterfragt wurde, ein diesbezügliches Gutachten erstellt, das „den Prozess wesentlich beschleunigt hat“, wie Bischof Manfred Scheuer hervorhob.


In der Diskussion nach dem Vortrag betonte Jägerstätter-Biografin Erna Putz, sie staune fast täglich, „welche Strahlkraft Franz Jägerstätter hat“. Menschen aus dem In- und Ausland und auch viele Jugendliche würden sich für den Seligen begeistern und mehr von ihm erfahren wollen, so Putz.

 

 

Jägerstätter, Reinisch, Mayr-Nusser: Einsame Entscheidung ohne „Wolke von Zeugen“


Professor Niewiadomski erläuterte zunächst die „Wolke von Zeugen“, wie sie im neutestamentlichen Hebräerbrief beschrieben ist: Menschen aus der biblischen Geschichte – allen voran Jesus, aber auch Abel, Henoch und Noach, die Patriarchen und Mose, Richter, Propheten und Gerechte im Glauben –, die dem Glauben konkrete Gestalt verleihen und ihn konsequent leben. „Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht“, so definiert der Hebräerbrief gleichsam den Glauben (Hebr 11,1).


Franz Jägerstätter sei in seiner Entscheidung, den Wehrdienst mit der Waffe aus religiösen Gründen abzulehnen, keineswegs durch eine „Wolke von Zeugen“ gestützt, sondern vielmehr sehr einsam gewesen, so der Dogmatiker. Durchgerungen habe sich Jägerstätter zu dieser Entscheidung vor allem aufgrund seiner religiösen Überzeugung, „die er auch dem Zeugnis seiner Frau zu verdanken hatte“, betonte Niewiadomski. Auch Heilige seien Jägerstätter in der nationalsozialistischen Zeit immer mehr zur Orientierungshilfe geworden, „gerade weil die Seelenführer, das heißt die Priester und die Bischöfe schweigen“, zitierte der Dogmatiker Bischof Manfred Scheuer. Jägerstätter habe bis zuletzt mit Gewissensbissen wegen seiner einsamen Entscheidung gekämpft. Der Referent wörtlich: „Die wenigen Zeugen, die ihm in seiner Entscheidung zur Seite stehen könnten, wären die Zeugen Jehovas gewesen, nicht aber Katholiken. Die Frage, ob er dadurch nicht gesündigt hat, ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Denn: Die kirchliche Lehre stand zuerst gegen ihn.“


Tröstlich sei für Jägerstätter auch das Glaubenszeugnis des Pallottinerpaters Franz Reinisch gewesen, der aus demselben Grund hingerichtet wurde wie er. Reinisch war der Überzeugung, den Soldateneid auf die nationalsozialistische Fahne, auf den Führer zu leisten sei sündhaft: „Man würde ja einem Verbrecher einen Eid geben“, so formulierte Reinisch bei einem Tischgespräch 1939. Eine Überzeugung, für die Reinisch, der als einziger Priester den Fahneneid verweigert hatte, am 21. August 1942 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet wurde. Niewiadomski wies darauf hin, dass auch Pater Reinisch bei seinen inneren Kämpfen keineswegs eine glorreiche Wolke von Zeugen zur Seite gestanden sei. Und auch den Priester Reinisch habe die Frage gequält, ob seine Tat nicht bloß ein Akt des Ungehorsams gegen seinen Ordensoberen Diözesanadministrator Rusch sei.


Auch Josef Mayr-Nusser in Südtirol, der sich sein Leben lang für katholisch motiviertes Engagement eingesetzt habe, habe sich Ende August 1944 klar gegen den Dienst in der Waffen-SS entschieden. In einer Zeit, in der sich viele Soldaten zu faulen Kompromissen als Überlebensstrategie entschieden hätten, habe sich Josef Mayr-Nusser „nicht um die ‚Rettung seiner Haut‘, sondern um die ‚Ehre Gottes‘ und die ‚Rettung seiner Seele‘ gekümmert, so Niewiadomski. Und auch Mayr-Nusser habe sich in einer großen Gewissensnot befunden: Er sei zur gläubigen Überzeugung gelangt, dass er den Eid unmöglich leisten könne, auch wenn er damit seine Frau und seinen Sohn ins Unglück stürzen wird. Sowohl Jägerstätter als auch Mayr-Nusser danken ihren Ehefrauen in Briefen immer wieder und bitten sie um Verzeihung für die Opfer, die die Gewissensentscheidung für die Familie mit sich bringt.

 

 

NS-Märtyrer als wegweisende „neue Wolke von Heiligen“


Der Dogmatiker Niewiadomski betonte, alle drei Männer seien sich dessen bewusst gewesen, dass „das Antlitz Gottes und die Fratze des Versuchers zum Verwechseln ähnlich werden können“. Deshalb hätten sie darum gebetet, vor Gott und ihrem Gewissen bestehen und das Zeugnis für Gott glaubwürdig ablegen zu können. „Und dies, obwohl sie alle drei dabei mit dem Zweifel ringen mussten, ob ihre Verweigerung nicht doch eine Sünde sei.“ Niewiadomski wörtlich: „Wie man es auch dreht und wendet: Von einer diese Männer umgebenden ‚Wolke der Zeugen‘ war da zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung und ihres Todes keine Spur. Vielmehr bildeten sie selber durch ihre Haltung und ihre Entscheidung eine neue Wolke von Heiligen! Es sind dies jene Heiligen, die durch ihre Gewissensentscheidung der kirchlichen Tradition und auch dem theologischen Nachdenken über das christliche Gottesbild – vor allem dessen Konnotation mit Gewalt – neue Wege gewiesen haben.“


Papst Johannes Paul II. habe die Kirche dazu verpflichtet, diese Zeugnisse der Märtyrer des 20. Jahrhunderts nicht verloren gehen zu lassen und deren Gedenken programmatisch zu pflegen. Dies habe auch in Österreich eine umfassende Dokumentationsarbeit zur Folge gehabt, unter anderem auch durch Bischof Manfred Scheuer. Die Bedeutung der Entscheidung von Jägerstätter, Reinisch und Mayr-Nusser dürfe nicht unterschätzt werden, so der Dogmatiker. Den Entscheidungen von Menschen wie ihnen „ist die Revision des Verhältnisses von Gehorsam und Gewissen in den ethischen Reflexionen der Nachkriegsphilosophie und -theologie zu verdanken“. Die Hochschätzung des Gewissens, die Anerkennung der Menschenrechte und der Mündigkeit jedes einzelnen Menschen hätten für die Frage nach dem Gehorsam unverrückbare neue Referenzpunkte geschaffen: Gehorsam sei „begründungspflichtig“ geworden und könne nur noch gefordert werden, „wenn er als Dienst am Lebensrecht der Menschen verstanden wird“.

 

Univ.-Prof. Dr. Józef Niewiadomski, Professor

Univ.-Prof. Dr. Józef Niewiadomski bei seinem lebendigen Vortrag. © Diözese Linz / Kraml

 

„Der wahre Wille Gottes verlangt nie das Töten, sondern immer das Leben“


Gleichzeitig gebe es eine Ambivalenz des Martyriums, die in den Blick genommen werden müsse. Auch islamistische Selbstmordattentäter würden von ihren „Anhängern“ als Märtyrer verehrt und verstünden sich selbst als solche. „Auch die Attentäter werden von einer Gesinnung getrieben, dass sie sich opfern müssen, um eine gottlose Welt zu bekämpfen. Formal gesehen denken sie also ähnlich wie Franz Jägerstätter, wie Pater Reinisch und Josef Mayr-Nusser, wenn diese davon sprachen, dass in der Welt, in der wir leben, ‚zwei Welten aufeinanderstoßen‘“, gab der Dogmatiker zu bedenken. Ein moderner, liberal eingestellter Zeitgenosse würde die radikale Bindung des Gewissens an den Willen Gottes heute radikal in Frage stellen bzw. darin gar die Ursache des gegenwärtigen religionspolitischen Dilemmas sehen. „Und dies schlicht und einfach deswegen, weil er bei der Bindung des Gewissens an den Willen Gottes die Gefahr, wenn nicht gar den Inbegriff des gefährlichen Fanatismus erblickt.“ Niewiadomski betonte, allen theologischen Bemühungen der letzten Jahrzehnte zum Trotz würden im öffentlichen Diskurs weiterhin „engagierte Religiosität und der gewaltbereite Fundamentalismus“ nicht differenziert gesehen, sondern in einen Topf geworfen. Der Referent: „Unsere Öffentlichkeit vermag kaum den radikalen Unterschied nachzuvollziehen, der die Überzeugung, dass es etwas gibt, wofür es sich zu sterben lohnt, vom Glauben trennt, dass es etwas gibt, für das es sich zu töten lohnt.“


Der Gott der Islamisten verpflichte sie zu töten, „gar oder gerade mittels ihres eigenen Todes“ zu töten. Darin würden sie die „Ehre Gottes“ erblicken. Niewiadomski wörtlich: „Das Gesicht dieses Gottes und damit auch seine Ehre reduziert sich zum Gesicht des Todes. Getötet werden und Töten bleiben zwei Seiten von ein und demselben Geschehen; die so verstandene ‚Ehre Gottes‘ entlarvt diesen Gott als Götzen und zeigt sein wahres Wesen: es ist im Grunde die Fratze des Versuchers. Eine Fratze, die sich im Tod letztlich ins Nichts auflöst. Klassisch formuliert: Es ist nicht Gott, sondern der Teufel, der das Gewissen des Selbstmordattentäters bindet.“


Das Gewissen von Franz Jägerstätter, von Pater Franz Reinisch, von Josef Mayr-Nusser dagegen sei an den Willen jenes Gottes gebunden, „der ein Freund, ja ein Liebhaber des Lebens ist“, stellte der Dogmatiker klar. Die Ehre dieses Gottes erweise sich nicht dadurch, dass er Menschen in ihrem Gewissen zum Töten oder zur Selbsttötung verpflichte. „Denn gerade dadurch würde das Gesicht des wahren Gottes von der dämonischen Fratze des Teufels nicht mehr unterschieden werden können. Wohl aber ermöglicht dieser Gott des Lebens die Haltung der liebenden Hingabe. Beim Gottesbild also, von dem das Gewissen des gläubigen Menschen den Willen Gottes für die jeweils konkrete Situation des Lebens ableitet, liegt ein nicht zu nivellierender Unterschied zwischen den Märtyrern und den Selbstmordattentätern.“ Hingabe sei eine Haltung des Lebens und die Liebe und niemals eine Haltung der Vernichtung, so Niewiadomski. Der wahre Wille Gottes verlange nie das Töten, sondern immer das Leben.


Für die Bewertung der Bedeutung des Martyriums von Franz Jägerstäter, von Pater Reinisch und Josef Mayr-Nusser heiße dies, so Niewiadomski: „Getragen von der Faszination jenes Gottes, der ein Gott des Lebens, ja der Liebhaber des Lebens, gar selber Liebe ist, blieben sie ihr Leben lang – sowohl im Leben der Ehemänner und Familienväter, als auch im Leben des Priesters – dem ‚Leben auf der Spur‘.“ Eine derart radikale Nachfolge sei als von Gott geschenkte Gnade zu sehen. Ihre Akte des Martyriums stellten klare und überzeugende Beweise dafür dar, so der Theologe, „dass der wahre Gott niemals ein Gott der Gewalt war, ist und werden wird“. Vielmehr sei er ein Gott, der sich in seinem menschgewordenen Sohn selbst schlagen, ja töten lasse. Deswegen garantiere dieser Gott das Leben durch den Tod hindurch.

 

Vortrag von Prof. Niewiadomski zum Nachlesen

 

Etwa 60 ZuhörerInnen lauschten gebannt dem Vortrag von Prof. Niewiadomski.

Vortrag von Prof. Dr. Niewiadomski im Pfarrsaal von Tarsdorf. © Diözese Linz / Kraml

 

„Mut zum Widerstand“: Neues Buch von Bischof Scheuer über NS-GlaubenszeugInnen


Franz Jägerstätter ist einer von zehn ausgewählten GlaubenszeugInnen und Märtyrer in der Zeit des Nationalsozialismus, die Bischof Manfred Scheuer in seinem neuen Buch porträtiert. Nachgegangen wird dabei auch der Frage nach der Kraft, aus der sich ihr Widerstand nährte. „Kraft zum Widerstand“, soeben im Tyrolia Verlag erschienen, wurde beim Gedenken von Bischof Scheuer selbst vorgestellt.


Im Buch finden sich beeindruckende Biografien von GlaubenszeugInnen und MärtyrerInnen, die in der NS-Zeit den christlichen Glauben der Gewalt des Nationalsozialismus gegenüberstellten. „Nicht Kerker, nicht Fesseln auch nicht der Tod sind imstande, einen von der Liebe Gottes zu trennen, ihm seinen Glauben und den freien Willen zu rauben. Gottes Macht ist unbesiegbar.“ So schrieb etwa Franz Jägerstätter, dessen Seligsprechung sich am 26. Oktober 2017 zum 10. Mal jährt. Diese Haltung teilte er mit vielen anderen Christinnen und Christen. Otto Neururer wurde wegen verbotener Ausübung seines Priesteramtes ermordet, Jakob Gapp wegen seiner Predigten gegen den Nationalsozialismus, Carl Lampert setzte sich für Geistliche ein, die unter den Repressalien des NS-Regimes zu leiden hatten und Clemens August von Galen trat öffentlich gegen die Tötung sogenannten „lebensunwerten Lebens“ auf. Engelmar Unzeitig kam bei seiner Sorge um Hungernde, Kranke und Sterbende im KZ Dachau ums Leben, Johann Gruber wurde für seine geheime Hilfsorganisation für Häftlinge im KZ Gusen ermordet und Angela Autsch starb als „Engel von Auschwitz“. Josef Mayr-Nusser ließ man als Treueeid-Verweigerer verhungern und Franz Reinisch wurde hingerichtet, weil er keinen Fahneneid leisten wollte.

 

Bischof Manfred Scheuer stellte sein neues Buch vor.
Bischof Manfred Scheuer (r.) verschenkte die ersten Exemplare seines neuen Buches an Dr. Józef Niewiadomski (l.) und die Jägerstätter-Töchter Aloisia Maier (2. v. l.) und Maria Dammer.

© Diözese Linz / Kraml


Die ersten noch druckfrischen Exemplare seines neuen Buches überreichte Bischof Manfred Scheuer Professor Józef Niewiadomski, dem er für seine Verdienste als Gutachter im Seligsprechungsverfahren für Franz Jägerstätter dankte, sowie den Jägerstätter-Töchtern Maria Dammer und Aloisia Maier.

 


Manfred Scheuer
Kraft zum Widerstand
Glaubenszeugen im Nationalsozialismus


136 Seiten, 10 sw. Abb., 12,5 x 20,5 cm
gebunden mit SU und Lesebändchen
Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2017
ISBN 978-3-7022-3632-8
Preis: € 17,95    
Auch als E-Book erhältlich: ISBN 978-3-7022-3649-6, € 14,99

 

Erhältlich im Behelfsdienst der Diözese Linz (www.behelfsdienst.at) und im Buchhandel.

 

Cover 'Kraft zum Widerstand'

 

 

Gedenken im Gebet


Um 14 Uhr führte eine Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund, wo um 16 Uhr eine Andacht zur Todesstunde von Franz Jägerstätter stattfand, die von Pax Christi gestaltet wurde.


Um 18.45 Uhr wurde eine „Jägerstätter-Vesper“ gebetet und gesungen, die der Franziskanerpater Johannes Schneider aus Salzburg komponiert hat. Der Hymnus folgt der Melodie des Liedes „Du Sonne der Gerechtigkeit“ (Gotteslob Nr. 269), die drei Antiphonen vertonen Sätze aus dem Abschiedsbrief Franz Jägerstätters.

 

Fußwallfahrt von Tarsdorf nach St. Radegund: Zwischenstation beim Jägerstätter-Haus.
Die WallfahrerInnen auf dem Weg zur Kirche von St. Radegund.
Die WallfahrerInnen auf dem Weg zur Kirche von St. Radegund.
Ankunft der WallfahrerInnen bei der Kirche von St. Radegund.
Gedenkandacht zur Todesstunde um 16 Uhr
"Jägerstätter-Vesper" mit einem Ensemble rund um P. Johannes Schneider OFM

© Diözese Linz / Kraml | © Josef Wallner / KirchenZeitung

 

„Märtyrer wie Jägerstätter konfrontieren uns mit den Herausforderungen des Glaubens“


Um 19.30 Uhr feierte Bischof Manfred Scheuer mit den TeilnehmerInnen die Hl. Messe in der Pfarrkirche von St. Radegund. Bei diesem abendlichen Gottesdienst ging der Diözesanbischof in seiner Predigt der Frage nach, inwieweit Märtyrer wie Frag Jägerstätter wegweisend für ein glückendes Leben sein können. „Ich glaube, dass dieser ganze Jägerstätter-Hype vor allem dazu dient, die Kirche wieder in ein besseres Licht zu rücken“, zitierte Scheuer die Zeilen einer 18-jährigen Schülerin aus dem SchülerInnenwettbewerb „Briefe an die Jägerstätters“ vor 10 Jahren. Dieses Projekt habe gezeigt, so Scheuer, dass der Umgang mit Jägerstätter auch in der dritten Generation nach seinem Tod „Irritation, Unverständnis, aber auch Bewunderung und Lob“ auslöse und sein Schicksal niemanden unberührt lasse. Die Kirche habe mit Jägerstätters Seligsprechung die Irritation und Auseinandersetzung mit dessen Glaubenszeugnis „tief in ihre eigenen Reihen hineingetragen“, betonte der Bischof. Denn: „Märtyrer wie Jägerstätter konfrontieren uns mit den Herausforderungen des Glaubens.“ Es sei für die wenigsten nachvollziehbar, was das unbedingte Zeugnis in jener Zeit bedeutete, die das Einstehen für den christlichen Glauben zu einer Sache auf Leben und Tod gemacht habe. Scheuer wörtlich: „Die Kirche hat mit der Seligsprechung Franz Jägerstätters nicht den Weg der Geschichtsklitterung und notorischen Einlullung in fromme Rückschauen beschritten, nein, sie hat aktiv einen Ausgang aus der Komfortzone gesucht.“


Der Umgang mit Märtyrern wie Franz Jägerstätter sei eine kritische Anfrage an ChristInnen in der Gegenwart, denn, so machte Bischof Scheuer deutlich: „Auch unsere Zeit lässt keinen Zweifel daran, dass der Kampf von Gut gegen Böse noch nicht letztendlich ausgefochten ist. Er begegnet in Formen kriegerischer Auseinandersetzung und in unzähligen Spielarten der Gewalt, kommt aber auch im unscheinbaren Alltag in lebensfeindlichen Strukturen daher. Wir treffen genügend oft auf gott- und menschenverneinende Mechanismen. Wie sehr sind wir davor gefeit, Phänomene des Unrechts verhüllt zu lassen oder besser gar nicht genauer hinzusehen?“


Zentrale Triebfeder von Franz Jägerstätter sei die Hoffnung auf Gott und die letztliche Gültigkeit seiner Herrschaft bzw. Durchsetzung von Gottes Liebe gewesen, so Scheuer. Das Gedenken an die Märtyrer sei deshalb „keine Huldigung eines Heroismus, sondern Ausdruck eines unbedingten Vertrauens in Gott, menschenfeindliche Strukturen aufzulösen und seine Gnade letztgültig wirken zu lassen“. Jägerstätters Zeugnis sei nur schwer fassbar: Er werde als Vorbild angesehen und rufe gleichzeitig Unverständnis hervor. „Was kaum jemand in Frage stellt, ist aber die Tatsache, dass es für ihn letztlich aus dem Glauben heraus keine andere Wahl gab“, betonte der Bischof. Dies habe die 18-jährige Schülerin Simone in ihrem Brief an Franz Jägerstätter auf den Punkt gebracht, indem sie schrieb: „Sie wären nie glücklich geworden, falls Sie sich anders entschieden hätten. Sie hätten es nicht übers Herz gebracht, andere Menschen zu erschießen und auch nicht, Gott auf diese Art und Weise zu verleugnen. Sie müssen so glücklich sein wie niemand sonst.“


Der selige Franz Jägerstätter sei sich und Gottes Anspruch treu geblieben, er habe auf sein Glück hingewirkt, schloss Scheuer. „Glückendes Leben ist nicht gleichbedeutend mit Lebenshingabe. Aber glückendes Leben ist sehr wohl gleichbedeutend mit dem christlichen Anspruch, das eigene Leben im Einklang mit dem zu bringen, was Gott uns zugedacht hat.“ Jägerstätter könne daher Leitbild und Wegweiser in der existentiellen Frage sein, wie menschliches Leben glücken könne.

 

Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Abendlicher Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund.

Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund. © Josef Wallner / KirchenZeitung

 

Den Abschluss des heurigen Gedenkens bildete eine Lichterprozession zum Grab von Franz und Franziska Jägerstätter (1913-2013), der Frau des seligen Franz Jägerstätter.

 

Die drei Töchter Maria Dammer, Aloisia Maier und Rosalia Sigl am Grab der Eltern.
Lichterprozession zum Grab von Franz und Franziska Jägerstätter

© Diözese Linz / Kraml | © Josef Wallner / KirchenZeitung

 

 

Vorschau: Gedenkveranstaltung im März 2018 in Dachau geplant


Jägerstätter-Biografin Dr.in Erna Putz kündigte beim Gedenken eine Veranstaltung an, die für das kommende Jahr geplant ist: Im März 2018 ist es 80 Jahre her, dass deutsche Truppen in Österreich einmarschierten. Deshalb ist für den 13. März eine Fahrt nach Dachau geplant. In der KZ-Gedenkstätte Dachau soll der (ober)österreichischen Opfer des NS-Regimes gedacht werden. Direkt vor der Todesangst-Christi-Kapelle befindet sich eine Gedächtnisglocke, die täglich um 15.00 Uhr – nach biblischer Angabe die Todesstunde Jesu – läutet. Nur wenige wissen, dass diese Glocke von österreichischen Überlebenden gestiftet wurde.

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