Donnerstag 25. April 2024

Gedenken an Franz Jägerstätter und weitere NS-Märtyrer

Mit einem festlichen Gottesdienst im Linzer Mariendom und einem vielfältigen Programm im Stift Engelszell hat die Diözese Linz am 21. Mai 2017 den Gedenktag des seligen Franz Jägerstätter begangen.

Im Linzer Mariendom wurde am Gedenktag des seligen Franz Jägerstätter ein festlicher Gottesdienst gefeiert, an dem u. a. zwei Töchter von Franz und Franziska Jägerstätter mit Kindern und Enkeln Jägerstätter-Biografin Erna Putz, VertreterInnen von Pax Christi Österreich mit Gästen aus den USA und Mitglieder des Jägerstätter-Beirats teilnahmen.

 

In Zeiten der Entsolidarisierung und in Phasen zunehmender sozialer Kälte stifte gerade die menschliche Nähe und Zuwendung Hoffnung, betonte Bischof Scheuer in seiner Predigt im Mariendom. Zur Rechenschaft von der christlichen Hoffnung und zum Zeugnis für die Wahrheit gehöre deshalb unbedingt auch das soziale Engagement. Das sei etwa auch bei den Märtyrern wie Franz Jägerstätter so gewesen.

 

Das letzte entscheidende Forum für die Verantwortung des Glaubens sei in biblischer Perspektive die Verantwortung vor den Armen und Leidenden. In der Gerichtsrede Jesu sei das Verhalten zu den Hungernden, Dürstenden, Nackten, Obdachlosen, Gefangenen und Kranken entscheidend, so Scheuer: "Da sind weniger Erklärungen gefordert als vielmehr die konkrete Tat, das wirklichkeitsstiftende und verwandelnde Wort, der reale Trost, der leben und auch gut sterben lässt."

 

Verantwortung des Glaubens und Rechenschaft von der Hoffnung würden nicht durch Anpassung an den jeweiligen Zeitgeist geschehen, nicht durch Angleichung an jeden Trend, nicht durch Stabilisierung der jeweiligen Herrschaft. Wer zu allem "Ja und Amen" sagt, verliere sein Profil und seine Überzeugungskraft, so Bischof Scheuer. Ein unterschiedsloses "Ja" würde auch dem Tod, der Gewalt, der Unterdrückung und der Lüge gelten.

 

Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Jägerstätter-Gedenkmesse | Mariendom Linz
Jägerstätter-Gedenkmesse | Mariendom Linz
Jägerstätter-Gedenkmesse | Mariendom Linz
Jägerstätter-Gedenkmesse | Mariendom Linz
Jägerstätter-Gedenkmesse | Mariendom Linz

© Diözese Linz / Eder-Cakl

 

Franz Jägerstätter verweigerte jede Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus, da ihm dieser mit dem Christentum völlig unvereinbar erschien. Nachdem er 1940 zum Militärdienst einberufen und zweimal unabkömmlich gestellt wurde, leistete er einer weiteren Einberufung nicht mehr Folge, da er den Kampf für Hitler als Sünde ansah. Für seine Erklärung, aus religiösen Gründen den Wehrdienst mit der Waffe abzulehnen und nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein zu können, wurde er verhaftet, wegen "Wehrkraftzersetzung" verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg an der Havel enthauptet. Am 26. Oktober 2007 wurde er im Linzer Mariendom seliggespochen. Als Gedenktag wurde der 21. Mai (sein Tauftag) festgesetzt.

 

Jägerstätters Bekenntnis zu Christus und seiner Wahrheit, das Bezeugen der christlichen Hoffnung sei in Konfrontation zum Nationalsozialismus gestanden, betonte Bischof Scheuer in seiner Predigt. In solchen Situationen sei der Glaube an Gott und die Suche nach Gerechtigkeit nicht selten mit Verfolgung verbunden gewesen. Scheuer: "Um Gottes willen galt es, totalitäre Systeme der Nation, der Herrenrasse, des Geldes, des Konsums, der Erfolgs- und Siegergesellschaft zu unterbrechen, die Unwahrheit und Verblendung bestehender Verhältnisse aufzuzeigen und lebendige Alternativen vorzuleben." Dazu gehörten auch der Einsatz für Menschenwürde, Solidarität, Gerechtigkeit oder auch die Option für die Armen.

 

Beim Gottesdienst kam die "Missa Heroica in honorem Franz Jägerstätter" des tschechischen Komponisten Pavel Smutny zur Aufführung.

 

 

Gedenken im Stift Engelszell

 

Das Jägerstätter-Gedenken wurde am Sonntagnachmittag mit einer Veranstaltung im Stift Engelszell fortgesetzt. Fünf Mönche waren im KZ, vier sind dort verhungert. Die Abtei wurde enteignet, der Abt und weitere Mönche eingesperrt. - Am Sonntagabend stand noch eine Vesper im Stiftshof mit Bischof Manfred Scheuer auf dem Programm.

 

Zahlreiche Priester und auch Ordensleute waren ebenso wie etwa Juden und Kommunisten Opfer des NS-Regimes: Das hat die Historikerin Erna Putz am Sonntag im oberösterreichischen Stift Engelszell dargelegt. Vergleichbares wie heute, wenn "brutale fanatische Menschen, meist junge Männer, anderen Menschen unvorstellbares Leid zufügen und die ganze Welt terrorisieren", haben auch hierzulande vor 80 Jahren begonnen, so die Biografin von Franz Jägerstätter bei einem Vortrag zum Gedenktag des Seligen. Im Rahmen einer Feier mit dem Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer wurde der NS-Märtyrer aus Stift Engelszell gedacht.

Am 27. Juli 1939 erlebte das an der Donau gelegene Trappistenstift Engelszell, in dem damals 22 Patres, 10 Chornovizen und 39 Brüder lebten, seinen schwarzen Tag. Völlig unerwartet erschien die Gestapo und begann sogenannte "Untersuchungen", bei denen es laut Putz um den Besitz und die Beschlagnahmung des Stiftes ging, was jedoch nach außen als "gerecht" dargestellt werden sollte. Geständnisse wurden erpresst, haltlose Anschuldigungen erhoben, ein Viertel des Konventes verhaftet und das Stift aufgelöst. Fünf Mitglieder wurden in das KZ Dachau gebracht. Vier davon starben dort, einer überlebte.

Speziell das bisher kaum beachtete Schicksal der Engelszeller Mönche im KZ war der Schwerpunkt von Putz' Ausführungen. Basis ihrer Forschungen war vor allem der achtseitige Erlebnisbericht von P. Konrad Just, einem Mönch aus Stift Wilhering, der die KZs Dachau und Buchenwald überlebte und gleich nach dem Krieg an den Bischof von Linz schrieb. "Der Kreuzweg, den die Geistlichen mit den Laien in den Konzentrationslagern zu gehen hatten, war zeitweise so schwer und blutig, dass man es nicht schildern kann", so der Zisterzienser darin. Speziell gegen Priestern und Ordensbrüdern sei man in den KZs mit unglaublicher Brutalität und Härte vorgegangen.

In der "Härteausbildung" der SS-Totenkopfverbände seien "Fachleute der Brutalität" ausgebildet worden, so Putz über den Erlebnisbericht. Ziel sei die Vernichtung und Ausrottung der Gegner gewesen, welche "auf hundertfache Weise zu Tode geschunden, gehenkt, erschossen und vergast" wurden. Priester und Ordensleute seien in Dachau sofort in die Strafkompanie gekommen, in der es besonders brutal zuging.

Ausgehungert und Versuchskaninchen

P. Just schilderte in seinem Brief auch das Martyrium der Mönche P. Gottfried Becker (1887-1942), Bruder Joachim Schäfer (1875-1941), Bruder Aelradus Haslbeck (1878-1940) und Bruder Severinus (Michael) Laudenberg (1893-1841). Alle vier Engelszeller Ordensmänner wurden im heutigen Deutschland geboren, in den Herbstmonaten 1939 ins KZ Dachau eingeliefert, kamen in den Strafblock und verhungerten dort. P. Becker, ein "frommer Priester, der viel betete", sei "ohne jede Hilfe verhungert", ebenso Br. Schäfer; Br. Haslbeck habe den Strafblock nur zehn Tage überlebt, schrieb der Zeuge P. Just laut den Ausführungen von Erna Putz.

Geistliche im KZ seien auch medizinische Versuchspersonen gewesen, schilderte die Historikerin. Darunter war der Engelszeller Pater Makarius (Gustav) Spitzig, der 1930 in das Kloster eintrat und zehn Jahre später, am 3. August 1940, wegen vorgeblicher "homosexueller Kontakte" in den Jahren 1933 und 1934 zu 16 Monaten schwerem Kerker verurteilt wurde. Am 3. Februar 1941 kam er in das KZ Dachau, wo mit ihm am 8. September 1942 die "Versuchsreihe" gestartet wurde. Er überlebte das Hungerjahr 1942 als "Malaria-Versuchsperson", kam am 12. Dezember 1944 in den gefürchteten Kommandaturarrest und überlebte. Er konnte 1945 nach Engelszell zurückkehren und verstarb am 7. Jänner 1957 in Linz.

Hoffnung stärker als Gewalt

Auch heute noch gebe Hoffnung, dass die Gewalt nicht gesiegt habe, betonte Putz. 22 der ehemals 73 Mitglieder aus dem Jahr 1939 konnten nach dem Krieg wieder nach Engelszell zurückkehren. Darunter war auch Abt Gregorius (Paul) Eisvogel, der zuvor die Trappisten-Klostergemeinschaft 1925 aus dem französisch gewordenen Gebieten im Elsass in das bestehende Stift Engelszell gebracht hatte und ab 1931 der erste Abt des Konvents war. Eisvogel war ab 1939 zwei Jahre lang wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" inhaftiert und musste anschließend das Land verlassen. Zu Kriegsende kehrte er am 23. Juli 1945 wieder zurück und leitete das Stift bis zu seinem Tod 1950.

Im Anschluss an den historischen Rückblick wurden in Engelszeller Stiftshof Kerzen für die Märtyrer angezündet. "Wir gedenken der vier Mönche vom Stift Engelszell, die den damalige Machthabern nicht ins Konzept gepasst haben", leitete Superior P. Hubert Bony das Gedenken ein. Bischof Manfred Scheuer rief dazu auf, die Gedenkkultur und das Zeugnis der Märtyrer wachzuhalten. Nicht vergessen werden dürfe, "dass in dieser Zeit die Kirche gerade im steinigen Boden Wurzeln geschlagen hat und so lebendig, stark und großartig geworden ist".

 

Ansprache von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

Entzünden der Kerzen bei der Gedenkstele (vorne: Bischof Manfred Scheuer)
Gedenkstele im Stiftshof in Engelszell

© Ordensgemeinschaften Österreich

Einziges Trappistenkloster Österreichs

Das 1293 von Stift Wilhering aus gegründete Stift Engelszell war ursprünglich ein Zisterzienserkloster. Es wurde 1785 aufgehoben und diente in der Folge u.a. als Fabrik und weltlicher Wohnsitz, ehe Trappisten aus der vertriebenen elsässischen Abtei Oelenberg hier ein neues Zuhause fanden. 1931 wurde das einzige Trappistenkloster Österreichs zur Abtei. Heute gehören vier Patres und zwei Brüder dem Konvent an. Bekannt ist das im Ort Engelhartszell gelegene Stift u.a. für seine hohe Rokoko-Kirche mit Kunstwerken von Johann Georg Üblhör, Joseph Deutschmann und Bartolomeo Altomonte, sowie einem Deckengemälde von Fritz Fröhlich.

 

Stift Engelszell

 

Kathpress

 

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