Donnerstag 28. März 2024

Jägerstätterstele im Linzer Mariendom. © Diözese Linz

Neue Gesamtdarstellung von Wolfgang Neugebauer über den österreichischen Widerstand gegen das NS-Regime 1938-1945

Die Seligsprechung von Franz Jägerstätter am 26. Oktober 2007 hat auch eine veränderte Sichtweise im Blick auf den österreichischen Widerstand zum Ausdruck gebracht. Die vor 20 Jahren noch vorhandene Abwertung der österreichischen Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime sei heute, abgesehen vom Sonderfall Kärnten, "weithin Anerkennung" gewichen: Das betont der frühere Leiter des "Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands" (DÖW), Wolfgang Neugebauer, in seiner am Montagabend präsentierten Gesamtdarstellung "Der österreichische Widerstand 1938-1945" (Edition Steinbauer).

 

Der Österreichische Kameradschaftsbund (ÖKB) habe Mitte der neunziger Jahre beim damaligen Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern noch gegen den Seligsprechungsprozess für Jägerstätter protestiert, während sich der jetzige ÖKB-Präsident Ludwig Bieringer positiv über Jägerstätter äußere, erinnerte Neugebauer. Lediglich eine kleine Gruppe um den FP-Europaparlamentarier und "Zur Zeit"-Herausgeber Andreas Mölzer, den Wiener Neustädter Militärsuperior Siegfried Lochner und den pensionierten Bundesheer-Brigadier Josef Puntigam habe sich erfolglose bemüht, eine Kampagne gegen die Seligsprechung Jägerstätters zustande zu bringen.

 

Verleger Heribert Steinbauer betonte bei der Präsentation des Neugebauer-Buchs über die österreichischen Widerstandsgruppen und -aktivisten, dass der Autor mit seinem Werk auch die immer wieder geäußerten Vorwürfe über eine "Linkslastigkeit" des DÖW widerlege. Tatsächlich seien in dem Buch "alle erfasst" - von Kommunisten bis Legitimisten.

 

Neugebauer wies auf die hohe Zahl von Todesurteilen der NS-Volksgerichte gegen Österreicher hin. Bei seinen Recherchen in Kooperation mit der Universität Marburg sei er auf 1.887 Verurteilungen, davon 814 Todesurteile gekommen. 3.461 Personen wurden von den Oberlandesgerichten Wien und Graz wegen Hochverrat, Landesverrat, Feindbegünstigung u.ä. verurteilt. Die Gesamtzahl aller aus politischen Gründen inhaftiert gewesenen Österreicher dürfte aber in der Größenordnung von etwa 100.000 liegen.

 

Trotz des hohen Blutzolls beurteilt Neugebauer die praktischen Ergebnisse des Widerstands als "eher bescheiden": Weder das NS-Regime noch dessen Kriegsmaschinerie seien ernstlich gefährdet gewesen. Die Befreiung Österreichs sei "das ausschließliche Verdienst der alliierten Streitkräfte".

 

Der Historiker betonte trotzdem den hohen politischen Stellenwert des österreichischen Widerstands - etwa für die "Moskauer Deklaration", in der die Alliierten einen selbständigen Beitrag Österreichs zu seiner Befreiung einforderten.

 

Nach 1945 hatten die Widerstandskämpfer mit Diskriminierung und Anfeindung zu kämpfen, während viele "Ehemalige" Karriere machten, wie Neugebauer schilderte. So habe es etwa Erwin Fussenegger, der Bruder der Dichterin Gertrud Fussenegger und Angehöriger des NS-Soldatenringes, bis zum "Generaltruppeninspektor" gebracht. Noch 1958 habe Fussenegger die Aufnahme der Namen von Robert Bernardis und Alfred Huth auf ein Gefallenendenkmal in der Militärakademie abgelehnt; die hingerichteten Offiziere seien "als Eidbrecher gefallen".

 

(Kathpress, gec)

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